Mittwoch, 28. März 2012

Was für ein schöner Beruf!

Heute war die Atmosphäre sehr entspannt. Dies hielt sich über die vier Stunden, die wir zusammen waren. Anna erzählte, die Mädchen hätten mit Ali eine Wette geschlossen. Ali stand daneben und grinste. Die Wette ging so: Sie bezweifelten, dass er sich bis 16 Uhr nur liebenswürdig verhalten könne und er hatte "Topp!", dagegen gehalten. Bis 12 Uhr sah es so aus, als ob Ali die Wette gewinnt :-)), aber es war ja noch nicht aller Tage Abend.
Um 7 Uhr war ich im Edeka gewesen und hatte eingekauft. Eigentlich hatte ich den Kindern versprochen, dass wir Eier färben würden, doch ist mein seelischer Zustand extrem angespannt. Die Reaktion war auch nicht so begeistert gewesen, dass ich mir große Sorgen machen musste. Vielleicht dachten manche Kinder auch, sie seien schon zu groß dafür.
Ich lud im Supermarkt meinen Korb voll mit gekochten, gefärbten Eiern, Schokohasenlollis, Geleehasen und -eiern, kleinen Fondant-Schokonestern und Schokoladenkäfern (Marienkäfer, Maikäfer - oh, Kindheit!), das musste sein. Ostergras hatten wir noch.
Als ich im Lehrerzimmer meinen Korb auf den Tisch stellte, merkte ich, dass ich im Auto meine Schultasche vergessen hatte...In diesem Zustand bin ich gerade. Sehr bedenklich. Ich werde es also noch gerade so in die Ferien schaffen.
Im Lehrerzimmer kopierte ich die Zutatenlisten unserer Schätze und vergrößerte sie.

In der Klasse begann es mit Streit. Bastian war sehr erregt. "Mesut hat einfach meine Schuhe aus dem Regalfach rausgenommen und weggestellt und seine reingestellt!" Mesut? "Ich bin mit Peter zusammen da drin." "Dann hören wir mal, was Peter dazu meint." Peter wird gefragt, noch bevor er dazukommt: "In meinem Fach sind immer Bastians Schuhe mit dabei." Aha. Als Mesut das hört, wird er ganz fuchsig. Immer wollen ihm alle ans Leder! "Mesut, wenn Du das anders haben willst, dann kannst Du es doch sagen. Was Du da gerade machst, ist Urwald, die Schuhe eines Anderen einfach rauszuschmeißen." Also Bastians Schuhe zu Peter zurückgestellt. "Dann stelle ich meine Schuhe eben davor."-"Nein, Du stellst Deine Schuhe nicht davor. Wo standen sie denn vorher?" Bei Ali, aber da sollen sie jetzt nicht stehen. Ich will aber, dass sie bei Alis stehen und setze mich durch. Bis wir eine Lösung haben. Puuh!! Mesut ist tief beleidigt.

Wir begannen mit einem Gespräch. Die Kinder waren gestern im Theater gewesen, ich hatte nicht dabei sein können. So erzählten sie mir davon. Sie hatten im Theater zur Parkaue "Die Reise zum Mittelpunkt der Erde" gesehen. Es war wohl ein pyrotechnisches Highlight gewesen, viel Action, viel Spaß, wie immer.

Otti, unser junger Lesepate kommt. Er ist zwei Stunden früher da, weil er nicht so ungerecht zu den Mädchen sein möchte. Er soll mit ihnen auch lesen, sie haben  ihm Schuldgefühle gemacht, weil er immer mit Ali und dann mit Ronaldo und Pablo liest. Er geht mit zwei Mädchen in die Bücherei hinunter, lesen. Später mit vier anderen.
Wir lesen die Zutatenliste der Schokosachen: Glukosesirup, Emulgatoren, Agar-Agar, Sojalezithin, Fructose, Rückstände von Schalenfrüchten usw.usw. Zwei Begriffe kenne ich nicht: Carnaubawachs und Saflor. Doch gibt es den Computer in der Klasse, auf Wikipedia kann man es nachlesen. Carnaubawachs wird aus der südamerikanischen Carnaubapalme gewonnen. Saflor ist ebenfalls ein pflanzliches Produkt. Es tauchen die Begriffe Fondant, Nonpareilles, Dragee auf (Ist denn das Konditoreisegment entièrement französisch?) Wir müssen noch die Funktion der pflanzlichen Gelatineersatzstoffe klären und auch, was Gelatine ist. 



Nachdem die Köpfe von den ganzen Begriffen hörbar brummen, ist klar geworden, dass jeder hiervon alles essen kann, ob Muslim oder Vegetarier oder einfacher Normalmitteleuropäeresser.

Pablo spricht mich an: "Eren sagt, er hat gesehen, dass bei Lilly auf facebook ein Bild von mir zu sehen ist, ich bin ganz genau drauf zu erkennen und sie hat mich nicht gefragt."  In der kleinen Pause nach der Lebensmittelzusatzstoff-Vorlesung gehen wir hinüber: Lilly, Pablo, Eren und Tobi, der hat das Bild auch gesehen. Lilly verspricht, es zu bearbeiten oder zu löschen, jedenfalls dieses Bild herunterzunehmen. Bis morgen.


 Peter, der Ästhet

Wieder zurück. Jetzt kommt die Faltarbeit. Das Kästchen für das Nest: Wir haben dieses Kästchen im letzten Jahr schon einmal gefaltet, es ist eine mittelschwere Arbeit und wird von fast allen gut bewältigt. Zwei Kindern muss man helfen, sie sollten öfter falten, haben kein sicheres räumliches Vorstellungsvermögen.
Die Kinder bemalen die Kästchen, legen Ostergras hinein und füllen die Schätze hinein.


Cool: Mesut
Auf irgendeine Weise sind wir doch (hoffentlich) alle noch Kinder geblieben, auch die großen Kinder und die großen Erwachsenen, so dass alle ihre Freude an den Nestern zeigen.


Diese werden bis Freitag aufgehoben. Inzwischen war Pause gewesen. Ich muss zum Fußballplatz. Dort ist Chaos, die Kollegin kommt mir entgegen; bestimmt fünfzehn Fünf- und Sechsklässler auf dem Fußballfeld, das heute für die 3./4. Klassen reserviert ist. Also mal wieder in die Hände gespuckt und das Pausengespenst gegeben. Nach einer kurzen Darbietung sind die Verhältnisse geklärt. Ich kann achtsam auf der Bank sitzen, aber schon recht entspannt, weil die Grenze strikt eingehalten wird. (Solange ich da sitze und gucke.) Das geht dann so. Ich koste meinen kleinen Sieg insgeheim aus. ;)
Nach der Pause kommt Mesut ganz zerknirscht an und sagt, er findet seine Hausschuhe nicht. "Ha ha, wenn ich Du wäre, würde ich das auch so machen!" Er bleibt beharrlich. "Die hast Du versteckt, damit Du die anderen anbehalten kannst." "Guck doch selbst, sie sind weg," aber er muss dabei lachen. Ein Glück, dass er nicht soo gut schwindeln kann. Einige Jungs, mit denen er wohl nicht so nett umgegangen ist, suchen und finden die Schlappen hinterm Regal..."Man kann es ja mal versuchen."
In der dritten und vierten Stunde ist Otti wie gewohnt mit Ali lesen. Mit Ali muss er allein lesen. Ist jemand zugegen, ist der nicht mehr aufnahmebereit oder -fähig und kaspert nur herum. Aber heute kaspert er nicht. Er ist die Souveränität und Ruhe selbst!
Zwischendurch gehen immer einige wenige Schüler raus und drehen ein paar Joggingrunden um den Schulhof. Die letzten kommen mit einem atemlosen Otti an. "Ich war der Erste," jappst er. Toll! Schade, dass ich schon so alt bin. Früher bin ich auch mitgelaufen.
Danach machen wir nur noch Freiarbeit, jeder sucht sich was. Ich besorge noch mit Mesut und Messi die Steinzeitbücher, die die Kinder als Ferienlektüre mitnehmen können. "Euch muss ich mitnehmen, Ihr macht mir sonst zu viel Quatsch." Sie lachen. 

Mesut hatte heute schlimmes Nasenbluten. Er hat das öfter. Es kam eine richtig große Menge Blut heraus. Da sollte man einmal zum Arzt gehen. Das muss ich mir merken, die Eltern in irgendeiner Form darauf anzusprechen.
In der letzten halben Stunde feiern wir mit drei Kindern Geburtstag, Lilly, Messi und Emmely. Die Geburtstage sind schon ziemlich lang her, aber die Kinder haben sich vorgestern im Buchladen  schöne Bücher ausgesucht. Messi ein Buch mit Schülerwitzen, von denen er ein paar vorliest. Lilly und Emmely je einen Roman aus "Fear Street", gepflegter Horror für größere Kinder.
Sie werden hochleben gelassen, wir singen und dann ist Pause.


Bei "Hochsollsieleben" wird man mit dem Sessel hochgehoben, drei Mal.

In der Pause haben wir ein Mädchengespräch angesetzt. "Können wir ein Mädchengespräch machen?", fragte Selena. Ich sagte, ja morgen und spürte einen ganz leichten Hauch von Enttäuschung. Daher musste es heute noch die Pause sein, wenn auch in einer Pause nicht so viel Zeit ist. 
Es knirscht zwischen fünf Mädchen. Lösen können wir das Problem sicher nicht in einer Pause, aber die Grenzen werden vielleicht etwas weicher.
Es ist ein interessantes Gespräch. Es geht um Anerkennung, die Position in der Gruppe, um Wertschätzung oder den empfundenen Mangel daran, um Zuverlässigkeit als Freundin. Wir müssen leider abbrechen, denn nun hat die Klasse zwei Stunden Sport.

Heute war wieder so ein Tag, wo man denkt: "Was für ein schöner Beruf! Er ist sinnvoll, macht viel Freude und wird gut bezahlt..." :))

Oh, oh, zwischendurch kam Sally und fragte, ob sie im Stuhlkreis ihre Geschichte vorlesen könne, sie sei fertig. Doch das war ein Geburtstagsstuhlkreis. Morgen auf keinen Fall Sally vergessen! Auf keinen Fall.

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