Sonntag, 29. November 2015

Ach, wie gut, dass niemand weiß... Das Bilderbuchkino

So entstand die Idee, ein


Bilderbuchkino




vorzubereiten. In unserer Schulbibliothek werden regelmäßig Kindern Bilderbücher vorgelesen. Die Bilder werden beim Vorlesen an eine Wand projiziert.

Viele Kinderbücher haben wir so in der ersten und zweiten Klasse von den netten Frauen in der Bilbliothek vorgelesen bekommen. Nun hatten wir selbst eines machen wollen. Die Lehrerin, die die Ex-Schulschafe betreut und unsäglich gern mit deren Wolle arbeitet, hat das Märchen "Rumpelstilzchen" ausgesucht.

Dazu brachte sie erst einmal ihr Spinnrad mit. Das Spinnen spielt in dem Märchen eine große Rolle. Aber wer hat schon jemanden von Hand spinnen gesehen?

Damit war das geklärt. Einige Kinder wollten gern spinnen lernen. Man beginnt mit der Handspindel. Wenn man die beiden Bewegungen beim Handspinnen - Ziehen und Drehen - gut beherrscht, kann man es am Spinnrad probieren.

Zwischendurch ein Ruf: "Guckt mal, soo schöne Wolken!" 




Novemberapril

Minna hat einen Strohballen mitgebracht. Wer Sorgen hat, hat auch Likör...und wer Schafe hat, der hat auch Stroh. Der Strohballen ist als Sofa sehr beliebt. Plötzlich sitzen oder liegen viele Kinder, auch am Nachmittag, auf dem viel zu kleinen Strohballen anstatt auf dem größeren Sofa.....ja das Material hat seinen Charme.





Kruzi, wie die Zeit vergeht beim Bloggen! Da ist noch ein Wochenplan, der wartet und sitzt mir im Rücken und ich verplemper hier meine Zeit mit....





Nein, es ist schön zu zeigen, was  bei uns hier morgens alles Spannendes passiert! Und: Traurige Gewissheit: Der Wopl läuft mir nicht davon. Leider.



Hier zeigen Pauline und Aalisha, was sie in der letzten Woche mit Frau Reiner, Tierschutzpädagogin vom Tierheim Berlin  , hergestellt haben: Hundespielzeug für die Tierheim-Hunde aus geknotetem Wollfilz.
In dieser Woche war Frau Reiner mit ihrem Hund da. Na, das hat allen sehr gut gefallen!

Minna ist sehr glücklich, dass es die Tierschutz-AG vom Tierheim Berlin noch für uns geben kann.
Das Tierheim veranstaltet nur zwei AGs in ganz Berlin und eine davon sind wir!!! So toll! Erfahrungen mit Tieren sind für Kinder so wichtig!! Wenn das fehlt, läuft ganz viel schief. 

Ich erinnere an den Konfliktanlass im Post "Gespräche"1. Im Umgang mit Tieren lernt man auch ganz viel über den Umgang mit sich selbst. Man bleibt innerlich weicher und verhärtet nicht so leicht.




Den Strohballen kann man leider noch nicht wegnehmen.


Es war einmal ein Müller, der hatte eine...war sie schön?Muss sie schön sein?...Tochter. Es trug sich zu, dass er einmal mit dem König zu sprechen kam. Und um sich ein Ansehen zu geben, sagte er: "Ich habe eine Tochter, die kann...."

Ja, die Männer! So viel Leid und Elend für das Mädchen durch den anerkennungsgeilen Vater und den goldgierigen König.

Nur das Rumpelstilzchen, das ja auch ein Außenseiter ist, das hat ein wenig Mitgefühl mit ihrem Leid... Und so entwickelt sich dann die Geschichte....
























Leider üben wir seit drei Monaten konsequent - erzwungenermaßen das Nicht-Schwimmen!
Nun formiert sich erster Protest:





Monatelang kein Schwimmunterricht in Kreuzberg

aus: Tagesspiegel



Am Freitag kauften wir 20 Neons. 
Vier haben wir noch. Und 23 Kinder. Macht 19 Fische. Aber einer ist noch für die Lehrerin.




Unsere ehemaligen Black Mollies sind im Aquarium rechts oben. Wir hatten Glück, dass der Tierladen im Karstadt sie uns abgenommen hat.



Dann ließen wir sie langsam und fachgerecht in unser eigenes Aquarium hinein. Hoffentlich haben sie den Übergang gut überstanden!

Danke für's Durchhalten bis hierher! sagt auch Oskar Kellermann, der ein wenig Unterstützung beim Formulieren gab. Schönen ersten Adventssonntag!!!






Die Gutenberg-Galaxis und Eltern-Kinder-Nachmittag

Seit einigen Wochen arbeitet Kurt, gelernter Schriftsetzer als Lesepate mit einzelnen Kindern an der Freinet-Druckerei.
Er hat schon jedes Kind in die Technik des Setzens und Druckens eingeführt.

Nun entstehen längere Texte. Es ist ein Langzeitprojekt zum Ende des Schuljahres hin. Wir wollen uns mit einem Buch beschenken, in dem von jedem Kind ein gedruckter Text steht und ein vervielfältigtes Bild.

Wir werden sehen, mit welcher Technik man das realisieren kann. Linolschnitt macht man eigentlich erst ab Mitte der vierten Klasse, aber unsere Kinder haben schon mit Bravour  mit Holz geschnitzt. Mit der Technik der Radierung kenne ich mich leider nicht aus.






Hier entstehen die ersten Texte. "Schreibe etwas über Dich," hieß die Aufforderung.




Lilly ist das QiGong wichtig. Claude schreibt über seine Hobbies. So bewegen sich die Kinder sehr anschaulich und eigenaktiv in der "Gutenberg-Galaxis".




2014 besuchten wir das Buchstabenmuseum, das war sehr beeindruckend gewesen. Das Drucken und Setzen mit der Lerndruckerei setzt Erfahrungen auf diesem Gebiet fort.

Mitte November hatten wir unseren Eltern-Kinder-Nachmittag. Es gab eine QiGong-Vorführung mit anschließendem Mitmachen, die allen sehr viel Freude bereitete und die mit viel Liebe und Können von Katharina, unserer Erzieherin vorbereitet worden war. Auch eine Ausstellung im Vorraum der Klasse gehörte dazu.



Wir hatten mit vielen Texten zu Fotos unsere Klassenfahrt nachbereitet. Diese Arbeiten zeigten wir in einer Ausstellung. Zudem gab es eine Fotoschau mit großen Fotos und kleinen Vorträgen zu einzelnen Themen. 

"Feuer machen ohne Streichholz", "Der Sauerklee", "Die Kreuzotter" (Wir hatten keine gesehen, aber sie lebt in Wassernähe und wir waren am Liepnitzsee gewesen.) "Hütten bauen" "Wie das feuer zu den Menschen kam - eine Rabengeschichte", eigene Eindrücke zur Klassenfahrt und "Der Mistkäfer" waren Themen.

Danach saßen wir noch alle ein wenig zusammen.
Ein Eltern-Kindernachmittag ist eine Möglichkeit, Themen aus dem Unterricht den Eltern nahezubringen.

Einzelne Kinder tragen etwas vor. Sie zeigen sich und  verdeutlichen sachliche Zusammenhänge oder persönliche Eindrücke vor Publikum. Das ist mutig und man muss es trainieren.
Außerdem - wer sagte das noch? - Zur Schule  und zum Lernen gehören: Die Arbeit, das Spiel, das Gespräch und die Feier.
Deshalb treffen wir uns manchmal im Jahr zu einem Eltern-Kind-Nachmittag.

Dieser war sehr schön gewesen und fast alle Kinder waren länger geblieben, denn wir konnten erst um 16 Uhr beginnen. Da hatten alle Kinder schon einen 9-to-Five-Tag hinter sich.....
An diesem Tag trugen sieben Kinder etwas vor, teils sogar mehrere Texte.
Wünschenswert ist es aber, dass mehr Kinder sich trauen.

Samstag, 28. November 2015

"Meine" Gespräche: Der Klügere gibt nach? Teil 2

Mitnichten. In einem Konflikt geht es stets um Wahrheit und um Werte. Das muss schon ausgetragen werden. 
Appeasement hilft nur dem, der aggressiv ist.

Es ist sechs Minuten vor halb 12, die Tür geht auf und ein großer Körper schiebt sich rein. Vermutlich der zweite Junge aus dem Konflikt. Natürlich sind wir grade mittendrin in einer Sache, er kriegt darum eine genauso unsensible Antwort, wie es seine Handlung war: "Warte draußen, bis die Stunde vorbei ist!"

Dann ist die Stunde vorbei. Die Drittklässler verlassen den Raum, der Junge und ich suchen uns einen Platz. "Du bist Y?", frage ich. Ich kannte ihn bislang nicht persönlich. Er ist es. "Ist das ein griechischer Name?" "Ja," sagt er. Es ist wirklich ein sehr schöner Name aus der Medea-Sage, das sage ich ihm, aber nicht aus taktischen Gründen, sondern weil mir der Name wirklich gut gefällt. Ich möchte mein Faible fürs Griechische nicht verbergen.

Schon der dritte Junge dieser Altersstufe in den letzten Wochen, der schillernd und irritierend eloquent ist. Er hat wohl große Übung in Konfliktgesprächen und darin, der Gegenseite ihre eigenen Anliegen auszureden....

Sehr oft fällt die Wendung "er nervte". Ich frage zurück: "Du bist schnell genervt?" "Oh ja,", bestätigt er ,"sehr schnell." Ihm wurde dieser rassistische Übergriff vorgeworfen. Er sagt, das war der andere, der dritte Junge.

Was er zugibt, aber nicht in der extremen Form, ist die Beleidigung der Haartracht von J. verbunden mit sexistischen Beleidigungen. Er sei aber auch mehrfach von den Kleinen als "Fettsack" bezeichnet worden und das würde ihn furchtbar aufregen.
Ich lass das mal stehen. In einer kleinen Runde mit den Jungen aus der 3 c werden wir das aufnehmen und schauen, was da dran ist.

Schnell schwenkt er aber um und geht in die scheinbare Selbstkritik. Scheinbar, weil es auch ein wenig oszilliert. Er findet es teilweise nicht richtig, wie er sich verhalten hat, er würde sich auch gerne entschuldigen: "Der Klügere gibt nach," sagt er.
Hm. Hat er nun oder hat er nicht? Hat er Grund geliefert, sich zu entschuldigen oder gibt er als der Klügere nach.
Beides gleichzeitig geht ja der Logik nach so nicht ganz. Aber es ist ein Ansatzpunkt, der von ihm selbst kommt,  nachdem er mit der Frage konfrontiert wurde, wieso die Gruppe sich an drei Jahre jüngeren Kindern abarbeitet, damit sich die einzelnen besser fühlen. Wieso sie sich nicht Gleichstarke aussuchen, sondern erkennbar Schwächere.

Er wirkt extrem reizbar und leicht irritierbar, es fehlen ihm wohl ein verlässlicher Reizschutz und auch die Impulskontrolle.

Dass die Drei so ein bisschen Lust an der Niedertracht hatten, "es" den Kleinen mal gemeinsam "zu zeigen", bleibt unerwähnt, obwohl es eher wahrscheinlich ist, es wäre für den Verlauf des Gespräches kontraproduktiv gewesen.

Ich befürchtete, er würde mir am Ende des Gespräches auf die Schulter klopfen, wie das vor kurzem nach Konfliktgesprächen mehrfach ein anderer Schüler tat, was mir außerordentlich unangenehm war.

Aber er tut, was er kann, damit die andere Seite, also ich, ihn nicht für einen ganz schlimmen Jungen hält, und die andere Seite geht darauf ein. 

Ich spreche ihn auf X an, sage, ihm geht es wohl derzeit nicht so gut, ob er Freunde hat, mit denen er sprechen kann. Daraufhin erzählt er, dass er dessen Freund sei und auch, woraus der innere Druck beruhe, unter dem X steht. Es habe mit Xs Wunsch zu tun, aufs Gymnasium zu gehen wie sein älterer Bruder, er würde sich da sehr viel Druck machen, weil er das so stark wolle.

Ich nehme Ys Angebot an, wir verabreden ein Gespräch mit den betroffenen Kindern, wo er Stellung zu seinem Verhalten nimmt.

Dann müssen wir das Gespräch beenden, weil wir, die 3 c, jetzt gemeinsam, acht Kinder und eine Lehrerin, ins Karstadt Neons kaufen gehen....Das hatten wir uns schon so lange vorgenommen und jeden Tag hatte Mert gefragt: "Wann kaufen wir die Fische?"

Y hat selbst zum Fortgang der Überlegungen beigetragen und einen Weg eröffnet, die Dinge wieder in eine akzeptable Spur zu kriegen.

Gerade zur selben Zeit saß seine Familie bei der Schulleitung wegen anderer Vorkommnisse.

Und ich spreche hier mit einem, gewiss hocherregbaren, aber durchaus für mich verstehbaren Jungen, dem man sicher sehr helfen könnte, wenn er sein sensibles Nervensystem beruhigen und seine starken Impuse ein wenig mehr unter Kontrolle bekommen könnte.
Das war sehr interessant.

Jeder von beiden Jungen der 6. Klasse hat von sich aus zur Lösung beigetragen.

Bleibt noch der dritte Junge.

Y erzählte auch im Gespräch, was X aus Angst nicht so gerne hatte zugeben wollen: X hatte M. stark geschubst, M. war nicht gestolpert, sondern zu Fall gebracht worden.

Y wusste aber nicht, was X mir erzählt hatte. Auch ein Vorteil von getrennten Gesprächen. Man bekommt einfach mehr Fakten, wie sich das wirklich zugetragen hatte und somit mehr Boden unter die Füße.

Was aber bleibt zu tun? Ein Anruf bei Ms Familie, um zu fragen, wie es ihm nun geht. Die Familie soll sich diesen Gewaltverhältnissen gegenüber ebenfalls nicht ohnmächtig fühlen.

Mir wird aber wieder einmal klar, wie wichtig diese Konflikte und Streits sind. Sie geben Reibungsflächen zwischen Menschen - und in der nachfolgenden Behandlung dessen, was geschehen ist, werden sich die Menschen gegenseitig mehr einsehbar und damit auch verstehbar.

Das ist der "Sinn" darin, Konflikte ernst zu nehmen.
Das heißt auch, Positionen ernst nehmen und aus dem WischiwaschiGelaber herauszukommen.
Regeln bekommen Hintergründe durch viele Beispiele.
Es ist auch ein Versuch, Menschen ernst zu nehmen in dem, was ihnen jeweils wichtig ist, große oder kleine Menschen.

Das sollte aber ohne körperliche Übergriffe möglich sein.
Körperliche Übergriffe sind nicht entschuldbar, denn als Menschen haben wir Sprache.

Das sollte auch der Schule wichtig sein, damit Regeln nicht nur Worthülsen bleiben. Damit die Menschen nicht in Vorurteilen aneinander abgleiten und jeweils bei sich verbleiben.

Das aber braucht Zeit.
Womit wir wieder beim Anfang wären.

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Freitag, 27. November 2015

"Meine" Gespräche Teil 1

Meine Gespräche stehen von offizieller Seite unter einem Luxusvorbehalt. Man muss sie nicht führen, sie sind in der Arbeitsplatzbeschreibung nicht so vorgesehen, dass für sie Zeit eingeplant wäre, bezahlte Zeit. Da die nichtgesprächlichen Aufgaben sich so kumulieren, dass eigentlich für so etwas keine Zeit bleibt, sind sie eine Art Hobby, eine Art Luxus, den man sich erlaubt und der die eigene, zur Verfügung stehende persönliche Zeit, einschränkt oder die Ruhephasen, wenn man die Gespräche in den Pausen hält.

Die ganze Krux ist eigentlich, dass die Arbeitszeit der Lehrer*innen nicht festgelegt ist. Kämen wir morgens an einen für Erwachsene ausgestalteten Arbeitsplatz und würden wir den um 16 Uhr wieder verlassen, dann sähe es um die Erfüllung aller Aufgaben, die uns einfach so auf den Rücken geschoben werden "Lauf, Esel, lauf!" sehr schlecht aus.
Es würde sich immer mehr Unerledigtes anhäufen. Und das würde endlich mal ins Auge springen.

Das häuft sich jetzt auch an, aber in meiner Seele, und so merkt es ja keiner und vor allem die nicht, die es nicht merken wollen, die Arbeitgeber.
Also führe ich, für meine Arbeitgeber kostenneutrale, Konfliktgespräche. Schön für sie. Ist ihnen aber auch wurscht. Mir aber nicht. 

Natürlich kommt jetzt das Ferienargument. Wir haben 12 Wochen Ferien. Ich rechne jedoch meine   Jahresarbeitsstunden in 40 Wochen hinein, das heißt, ich leiste die Arbeit jedes Arbeit"nehmers" von 46 Wochenstunden, aufs Jahr betrachtet, ab. Ich weiß, wo die Grenze liegt, ab da ist der Rest dann mein so genanntes Hobby.

Also die Gespräche: Am Donnerstag dieser Woche kommen viele Kinder meiner Klasse zu mir gelaufen und sind empört und wollen mir was erzählen.
Ich wollte eigentlich schon gehen, war schon auf dem Weg, doch höre ich ihnen zu. Einträge ins Beschwerdebuch. Es ist ist so viel, dass ich es notiere:

Einer wurde schwer geschubst, fiel mit der Wange auf den Boden. Er fehlte am Freitag....

Die Zweite wurde rassistisch allerschwerst beleidigt. Der Dritte wurde selbst auf verschiedene höchst ekelhafte Weise schwerst beleidigt und seine Mutter ebenfalls. Man ahnt, welche Wörter da gefallen waren.

Drei große Jungs aus der 6. Klasse sollten das gemacht haben.
Wie geht man da vor?

Zunächst besuchte ich deren Erzieherin noch am Donnerstag und kündigte Gespräche an. Die Jungen waren auf dem Hof, die Erzieherin in der Klasse, aber andere Kinder hörten zu. So war garantiert, dass die drei Jungen es am noch gleichen Tag erfuhren, sie sollten ein wenig "schmoren".

Am nächsten Tag stellte ich mich bei der Klasse ein und sprach mit der Lehrerin. Der eine Junge kam vorbei. Ich sprach ihn an und konfrontierte ihn mit dem Vorwurf. Er, ganz ganz cool : Das stimmt nicht, ich habe nichts gemacht. Ich: Ich habe Zeugen. Er: Ich auch.

Das ist der Punkt, wo ich laut werde, noch auf dem Gang. Ich fühle mich als Lehrerin von ihm schlecht behandelt und das lasse ich mir nicht gefallen. So sage ich es ihm, mit diesen Mätzchen kriegst Du mich nicht von der Backe!

So ähnlich. Ich bestellte ihn zur 1. Pause in meine Klasse ein. Scheiße, keine Erholung, aber es muss zeitnah sein.
Und Taktik: Wenn er zu mir kommen muss, ist es für ihn weniger bequem als umgekehrt. Auf dem Weg in eine andere, ihm nicht so vertraute Umgebung kommen ihm vielleicht ein paar Gedanken..

Solche kleinen Dinge sind extrem wichtig, leider. Auch, sich die Mühe zu machen, die drei jeweils allein zu sprechen. Gemeinsam blocken sie ab. Die Zeit könnte ich mir sparen.
Ich sehe aber, dass er nun mit Tränen kämpft. Er steht wohl sehr unter Druck und ich versuche gleich, die Luft rauszulassen, werde versöhnlich, bitte ihn nun um ein offenes vernünftiges Gespräch nachher. Wir lächeln uns an. Puuh.
Erste Stunde.

Nach der zweiten Stunde steht er da. Wir setzen uns ins leere Klassenzimmer. Er möchte schildern, wie es war, und ich höre ihm zu. Da ich immer so vergesslich bin, schreibe ich mit.

Es fing an mit einem Ballwurf auf ein Eichhörnchen, das schon recht zahm wirkte in den letzten Tagen und die Kleinen wollten das Eichhörnchen schützen.

"Weißt Du, sie mögen Tiere gern," sage ich. "Ich auch," meint er. Der erste entspannende Moment. Der Druck geht raus aus dem Gespräch. Wir stehen auf dem gleichen Boden.

Es wird besser. Er räumt ein, dass er M. geschubst habe, aber nicht doll.
Immerhin war M. hingeflogen, heute fehlt er. Das hing mit dem Schubsen zusammen.

Wir reden noch über den Unfallbericht und dass die Unfallkasse da immer nach einem Verursacher fragt. Wenn man den Verursacher des Schadens angibt -Arztbehandlungen kosten viel Geld - und wenn jemand sozusagen schuld war, dann können die zu demjenigen oder seinen Eltern hingehen und sagen:Du bezahlst das und nicht das Land Berlin.

Ich finde es richtig, einem Zwölfjährigen solche Zusammenhänge klarzumachen.

Aber es ist offensichtlich, dass er unglaubliche Angst vor seinen Eltern hat. Ich nehme Witterung auf, als Ex-geprügeltes-Kind spüre ich das in meinem Nervensystem und ich spüre da etwas.

Er redet ernsthaft mit mir. Ich freue mich darüber und zeige ihm das, teile ihm mit, dass ich das Gefühl habe, es geht ihm insgesamt nicht so gut zur Zeit und ob er jemanden hat, mit dem er darüber reden kann oder könnte.
Er meint, ja.

Er ist ganz sanft geworden. Ich auch. ich bin immer sehr berührt, wie sich Kinder im Gespräch öffnen. Die Pause ist zu Ende.

Ich sage ihm, wie ich damit umgehen möchte: Ich mache ein Protokoll. Wir gucken erstmal, wie es M geht und ob sie zum Arzt hingehen mussten.
Dann reden wir nochmal zu dritt.

Nehmen wir mal an, M. hat keine schlimme Verletzung, dann hören wir ihm zu, wie er die Sache sieht. Möglicherweise gebt Ihr Euch die Hand und es passiert nichts mehr, weil Du begriffen hast, dass Du mit Deiner Kraft ein Kind, das drei Klassen unter Dir ist, niemals körperlich angreifen darfst. Aber die Sache war schon ein bisschen hocheskaliert.

Die drei Jungen hatten einen anderen Jungen der Klasse schwer beleidigt. "Dich habensie wohl aus dem Müll gezogen etc." , der hatte schwer zurückbeleidigt "Hurensohn" und X angegriffen - was natürlich Absicht der Angreifer gewesen war - und M. hatte X angefasst, um seinem Mitschüler zu helfen. So war das Schubsen entstanden.

Die Interessen dieses Jungen meiner Klasse habe ich nicht vertreten. Er war in dieser Situation selbst sehr aggressiv und dann entsteht eine Spirale von Verwicklungen, die man nicht mehr richtig klären kann. Deshalb frage ich meine Kinder immer gleich: "Hast Du zurückbeleidigt?" Wenn ja, unternehme ich nichts. Sie wissen das. Sie müssen sich selbst zurückgehalten haben, wenn sie Hilfe möchten. Sonst bekomme ich gar nichts mehr auf die Reihe. Ich als Lehrerin war ja nicht dabei. Ich muss eine Chance haben, herauszufinden, wie es sich wirklich zugetragen hat, damit nachher im Gespräch nicht auch noch Verhärtungen entstehen, weil sich jemand ungerecht behandelt fühlt.
Also, wer auf die Ebene der Angreifer selbst akut einsteigt, dem helfe ich später nicht mehr. Da ist meine Grenze.

"Du bist drei Jahre älter. Du musst für die kleinen Jungs mitdenken. - Was soll man auch davon halten, wenn Ihr aus der 6. Klasse Eure großen Kräfte an solch kleinen Kindern ausprobiert. Wie findest Du das?" Er fand es nicht richtig, so waren wir einer Meinung.

"Wir regeln das vernünftig. Wir behalten im Auge, worum es geht: Dass sich alle freundlich und mit Achtung gegeneinander verhalten und keiner in seinem Wert kleingemacht wird, denn jeder ist wichtig und wertvoll, er, Du, jeder eben."

"Wenn keine Verletzungen aufgetaucht sind, dann schiebe ich das Protokoll in die Schublade, Du verhältst Dich anders und besser, es kommt nichts wieder vor und gut ist.
Sollte aber wieder etwas sein, dann hole ich das Protokoll wieder aus der Schublade und dann hast Du es mit zwei Sachen zu tun und dann geht es anders weiter.

Aber wichtig wäre auch, dass Du Dich selbst auch wichtig nimmst und mal schaust, mit wem Du reden kannst, wem Du vertrauen kannst, dass Du an Deiner Sache auch dranbleibst, damit es Dir selbst auch wieder gut geht, ja?"

Wir trennten uns ganz friedlich.


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Samstag, 14. November 2015

Themen "auf Halde"


Freitag, der 13.

Die Uhr und die Behäbigkeit

Die Rabengeschichte

Die Wörter der Woche und der Wochenplan

















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Unsere Tiere und der Eltern-Kinder-Nachmittag






Gestern kam die stetig wiederholte Frage: "Wann gehen wir denn nun die Fische kaufen?" - "Wenn wir zu lange warten, sind die Fische schon ausverkauft," sagt Mert. Gleich heben sich ein gutes Dutzend Finger: "Darf ich mit? Darf ich mit? Gehen wir heute?"

- Ach ja, das hatte Minna doch völlig vergessen im Tsunami der Aufgaben der letzten beiden Wochen nach den Herbstferien.

Memo to me: Fische kaufen gehen. Aber wann? Und mit wem? So viele werden enttäuscht sein. Ich kann doch nicht mit der halben Klasse im Karstadt "aufschlagen" - oder doch?? Am Nachmittag? Mal sehen. :)

Das Bild oben zeigt "unsere" Fische zusammen mit anderen im Becken bei Karstadt am Herrmannplatz. Dort haben die Mitarbeiter versprochen, sie zum Kauf anzubieten (was auch nicht schön ist, aber immerhin noch besser als andere, schräge Gedanken...), und sie haben ihr Versprechen gehalten, wie man sieht.

Seitdem haben wir nur noch ein Aquarium mit vier Neons und sieben Black-Molly-Mädchen. Es ist da drin merklich ruhiger geworden.

Am Fenster hängen die Spatzen aus der Schulhecke
an den Meisenbommeln und zeigen beim Fressen Kunststücke. Sie kündigen sich immer mit einem leisen Plopp an, wenn beim Anflug die Meisenkugel sacht ans Fenster schlägt....





Altes Bild vom letzten Winter.
Wir hatten auch einmal wochenlang 
einen einbeinigen Spatzen.
So genau beobachten Kinder.
Wir hingen ihm dann stets 
ein paar Kugeln zusammen, 
damit er es leichter hat, Futter zu finden.


Auf der Birke vor dem Fenster sitzen immer schon ein paar und warten, bis auch sie "dran" sind.
Das ist unterhaltsam. Die Fische und die Vögel gehören zu unserem Schulleben dazu. Nicht für jede oder jeden. Aber für nicht wenige Kinder sind sie wichtig.
Und seltsamerweise stört das gar nicht den Unterricht..... (Yeyeye!)

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Wir hatten vorgestern unseren Eltern-Kindernachmittag infolge der Klassenfahrt. Mit Hilfe  einer Fotovorführung konnten die Eltern sich ein besseres Bild von den Abenteuern und Erfahrungen auf unserer gemeinsamen Fahrt machen.
Es waren auch einige kleine (ungeschnittene) Videosequenzen dabei, die den mühsamen und beschwerlichen Prozess des Feuermachens ohne Streichhölzer zeigten.






Die Lehrerin war sehr froh über diese Erfahrung. Sie war 62 Jahre alt geworden, ohne das in ihrem Leben einmal ausprobiert zu haben. Diese Kinder hatten den Grund des  riesigen Evolutionssprunges der Menschheit durch die "Erfindung" der Technik des Feuermachens nun mit acht Jahren schon lebenspraktisch und hautnah erfahren können.




Diese Frage darf man sich ruhig öfter stellen 
und versuchen, sie sich zu beantworten. Das hält jung.


Im fünften Schuljahr, wenn die Vor- und Frühgeschichte der Menschheit, die Steinzeit, "dran" ist, werden sie sich erinnern und die Erfahrungen der Menschen, werden für sie nicht abstrakt oder ganz fern sein.

Einige Kinder, die zielstrebig genug gewesen waren, über ein Thema eigene Texte zu verfassen, trugen ihre Texte vor:

Ich fand die Klassenfahrt schön.
Mir hatte das mit den Perlen gefallen.
Ich fand die Geschichte, wie das Feuer zu den Menschen gekommen ist, schön.
Mein Lieblingsspiel war "Rosa Elefant".
Und ich mag, wenn Feuer verglüht.



Mir haben die Drehschaukeln Spaß gemacht.
Ich mag das Grundstück.
Man kann schöne Sachen machen.

Mir hatte es am meisten Spaß gemacht, als wir die Hütten gebaut haben. Ich mag die Kinder in unserer Gruppe und verstehe mich mit ihnen gut.



Ich hoffe, dass ich so schöne Klassenfahrten noch ganz oft erleben kann.

Ich freue mich trotzdem, wieder zu Hause zu sein!

Lilly







Dieses Blatt möchte Jonina mit nach Hause nehmen.

Jonina hatte vier Themen: Die Hütten, der Sauerklee, das Feuer und einen Teil der Rabengeschichte, die Herr Laurentz uns erzählte, als wir im Kreis um unsere brennenden Feuer herumsaßen. "Wie das Feuer zu den Menschen kam".

Ich kenne wenige SchülerInnen, die so zielstrebig und umfänglich  an eigenen Themen arbeiten wie Jonina. Sie will auch ihre Fotos und Texte in Originalversion wiederhaben. Während der Klassenfahrt schrieb sie täglich DINA4-Seiten lange Texte als Post für ihre Eltern zum Lesen nach der Ankunft auf. Der Inhalt war ihr Geheimnis. Den verriet sie ihrer Lehrerin nicht.


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Während zweier Wochen vor den Ferien und einer guten Woche nach den Herbstferien bereiteten wir den Eltern-Kinder-Nachmittag vor. 



Dieses Bild von Jakob ist doch ganz wunderbar...
Es zeigt Katja beim QiGong

Für das QiGong-Projekt unserer Erzieherin Katja malt Jakob Situationen, wie er sie beim QiGong erlebte.





Das Thema hieß: "Eine Mohnblume im Jahreslauf". Katja und Minna führten das Thema bei den Kindern ein. Jedes Kind wählte eine Situation im Jahreslauf der Mohnblume und stellte sie bildlich in Plakatform dar. Hier malt Pauline ganz versunken an ihrem Bild.



Lilly stellte das Titelblatt her.


So, jetzt ist nach fünf Wochen Pause der bloggerige Schreibfluss wiederhergestellt. Schön. Es hat Freude gemacht, wieder einmal etwas "loszulassen" und in die Welt zu schicken, etwas von unserem anregenden/aufregenden Schullltag.

Bald kommt mehr. Da will noch mehr nach draußen...