Donnerstag, 24. Mai 2012

Der zweitbeste Beruf der Welt

Das ist aber heute wirklich nur noch der zweitbeste Beruf der Welt, komme nach Hause und fühle mich sehr aufgewühlt und schlecht behandelt. Es ist nicht richtig zu sagen, schlecht behandelt, vielleicht nicht professionell, wie man heute so sagt, aber ich fühle mich so.
Ich muss es rausreden aus mir, muss es loswerden, sonst setzt es sich in mir fest.
Habe heute eigentlich einen sehr schönen Tag gehabt. Heute  früh ein sehr wunderbares entspanntes Gespräch über Gott und die Welt, würde ich sagen.
Eine Deutsch-Klassenarbeit stand an und die Kinder fragten so dermaßen interessiert wie wir damals immer unseren Lateinlehrer, fragten, wie das mit seinen Motorradfahrten durch Kreta gewesen sei und dann fing er an, so begeistert zu erzählen, dass die Hälfte der langweiligen Lateinstunde wie im Flug um war und er dann sagte: "Aber nun müssen wir doch mal..."
So kam ich mir vor, doch streiften wir wirklich gute Themen. Zuerst ging es um Schulabschlüsse und für welche Berufe man welchen benötigt, an interessierten Fragen hangelten sich meine Antworten entlang.
Wie wir aufs Gefängnis, die Justiz, auf Justitia mit der Waage und der Augenbinde kamen, ich weiß es nicht mehr. Es ging auch um Föderalismus (BRD) und Zentralismus (Frankreich) und warum es möglich ist, dass die Grundschule in Berlin sechs Jahre dauert und sonst nur vier - ich glaube, es war ein Vermerk auf dem Wörterbuch: 5-bis 10. Klasse, Sekundarstufe.
Grundgesetz, Bürgerliches Gesetzbuch, Gericht, Schöffen, Ehrenämter, Sozialstunden, Bewährung, Jugendstrafrecht, Erwachsenenstrafrecht...., na, dann waren 45 Minuten schon um.
Kleine Pause, dann begann die Klassenarbeit.
Alle legten sich sehr ins Zeug, ausnahmslos jeder wollte so viel wie möglich aufs Papier bringen. Darüber habe ich mich sehr gefreut.
Dann ging ich nach Hause, für zwei Stunden Zeugnisse schreiben. Das, was man schon schreiben kann und kam zur Mathestunde wieder.

Die Gruppe der Mädchen hatte über die Zimmerverteilung bei der Klassenfahrt gestritten, sie baten um ein Gespräch. Ich hatte ihnen gesagt: "Wir treffen uns um 14 Uhr 15 draußen, Ihr seid dann draußen nach dem Essen, und dann werden wir sehen, was die Klasse macht und noch arbeiten kann bei der Hitze und ob ein Gespräch möglich ist. Das klären wir dort."

Unsere Erzieherin hatte schon frei, sie hatte seit 6 Uhr morgens gearbeitet, eine Vertreterin war da, als ich kam. Sie sagte mir, alle Mädchen hätten ihr gesagt, dass sie nach dem Essen oben auf mich warten sollten, ich hätte das so gesagt.

Ich war empört. Sofort ging im Kopf meine Klassenfahrt-Angstklingel los:

WAS machen sie? Ich hatte doch etwas ganz Anderes gesagt!

Schon in den Hofpausen versuchen viele Mädchen oft, auf irgendeine Weise sich vor dem Hinausgehen zu "drücken". Hier aber standen sieben Mädchen vor der Erzieherin und logen, nur, um oben zu bleiben?
Es war ihnen ganz egal, wie ich das aufnehmen würde? Was glaubten sie? Es war ihnen egal, die Erzieherin so frontal alle zusammen anzulügen?

Mir wurde unheimlich, wirklich unheimlich.
Sofort hatte ich ein Vertrauensproblem.
Dann ging ich nach oben und wurde sehr herzlich begrüßt, so, als ob alles super in Ordnung wäre...

Ich wies sie an, sich jede allein an einen Tisch zu setzen, ein Blatt Papier zu nehmen und aufzuschreiben, was ich um halb 12 zu ihnen gesagt hatte.

Es war siebenmal das, was ich tatsächlich gesagt hatte. Stuhlkreis. Warum???
Ach, irgendjemandwirwissennichtmehrwerhatgesagtwirkönntenobenbleiben
unddannhabenwirsallesogemacht......

Na, ich war bedient. Diesen Damen soll ich eine Woche lang Tag und Nacht vertrauen? Wie soll ich schlafen können, wenn sie so unheimliche Impulse haben und auch dazu noch dreist lügen, der Erzieherin ins Gesicht, alle zusammen, so überzeugend, wie sie es schilderte. Gibt es Unwahrheitsroutinen? Machen sie das oft? Wen belügen sie sonst? Haben sie einfach nur ein instrumentelles Verhältnis zur Wahrheit und zu den Menschen, mit denen sie zusammen sind, also auch zu mir?? Fehlt ihnen, was man Gewissen nennt?

Grund genug zum Nachdenken war das schon.

Doch dann kam noch etwas nach. Wir sind am Ende der Mathestunde. Es sind noch etwa fünf Minuten. Die Tür geht auf, eine Mutter steht da und weicht auch bei dem Hinweis, die Stunde dauere noch fünf Minuten, nicht zurück. Drei starke Hinweise müssen ausgesendet werden, ehe sie wieder hinausgeht und wartet.

Als die Tür sich hinter ihr schließt, springt die Tochter auf, öffnet die Tür und will zu ihrer Mutter, ohne zu fragen oder Aufschluss über ihre Wünsche zu geben.

Ich hole sie zurück und weise sie scharf zurecht. Komme mir wiederum nicht ernst genommen vor. Hier ist kein Respekt vor dem, was wir tun, von der Mutter nicht, von der Tochter nicht.

Muss mir Gehör verschaffen, denn die Tochter lässt mich kalt lächelnd abtropfen, würdigt mich keines Blickes.

Die Mutter möchte ihre Tochter heute eine halbe Stunde früher abholen. Klar, warum nicht. Nun aber will sie es jeden Tag so tun. Ich sage ihr, das muss sie mit der Erzieherin besprechen, sie legt los und überschüttet mich mit einem Schwall Worten. Ich sage, ich bin die Lehrerin, sie muss das mit der Erzieherin besprechen oder mit der Schulleitung. Wir sind eine Ganztagsschule, in der Regel sind die Kinder von 8 bis 16 Uhr hier. Weiter werde ich überschüttet.

Ich sage, die Tochter kommt schon morgens oft zu spät und erhalte nun noch mehr Wortschwall, ich hätte jetzt mit morgens angefangen, ob ich wüsste die S-Bahn etc. 
Müde bin ich, einfach nur müde. Was spricht sie mit mir? ich habe die Ganztagsschule nicht erfunden, ich kann sie insgeheim noch nicht einmal verteidigen, habe damals dagegen gestimmt, aus verschiedenen Gründen, auch, weil ich der Meinung bin, dass Eltern und Kinder ein Recht haben, Zeit miteinander zu verbringen, wenn sie dies am Nachmittag wollen.

Was passiert hier gerade?
Ich kann weder etwas für die Ganztagsschule noch kann ich es gut finden, dass  die Tochter ständig zu spät kommt. Die Kinder stehen dabei. Ich kann der Mutter nicht sagen, alles paletti, Sie haben es schwer und dann der lange Weg, also das geht schon klar mit dem Zuspätkommen.

Pünktlichkeit ist eine gesellschaftliche Schlüsseleigenschaft, ohne die jemand keine Stelle bekommt oder sie nicht lange hat.
Pünktlichkeit muss trainiert werden. Wenn die S-Bahn unpünktlich ist oder da ein Stau ist, muss man umdisponieren. Meine Kolleginnen kommen täglich aus Hohenschönhausen oder Weissensee, die schaffen das auch, pünktlich da zu sein.

Zu alledem habe ich keine Lust. ICH WILL JETZT NICHT DISKUTIEREN. Ich habe einen langen Schultag mit Konflikten hinter mir, ich will das jetzt nicht. Doch ich werde nicht gehört.
Wenn ich der Mutter sage, ja ja, ist schon gut, dann habe ich gleich fünfe, die andauernd zu spät kommen, dann sinkt die Moral, sofort. In unserer Klasse zahlen zwei Kinder die Lehrbücher, das heißt, von zwanzig Familien stehen zwei ökonomisch auf eigenen Füßen.
In vielen Familien ist das Kind die einzige Person der Familie, die morgens früh aufstehen muss. Der Wert der Pünktlichkeit wird generell nicht gesehen, wir müssen sehr massiv werden, um klarzustellen, dass dies aus verschiedenen Gründen etwas zählt.

Klammer auf: Man lese nur das Blog  

www.frlkrise.wordpress.com  

, dann weiß man, was in der zehnten Klasse in vergleichbaren Verhältnissen so abgeht.

Wenn wir Lehrer da in der Grundschule auch noch anfangen, lässig zu werden....nicht auszudenken.

Aber ich bin jetzt da. Sie hat mich jetzt am Wickel. Ich hab ja damit angefangen, nun muss ich mir das auch anhören.
Ich versuche den Rückzug, sanfter, dann nicht mehr so sanft, zum Schluss recht brüsk.
Puuh, und jetzt klebt diese Auseinandersetzung, die ich nicht wollte, an mir.  Ich werde sie nicht los.  Na, vielen Dank!

Wie gesagt, heute war das Lehrersein nur der zweitbeste Beruf der Welt.

Mittwoch, 16. Mai 2012

Marie und Teddy

Heut, vier Unterrichtsstunden, : ) , danach mit Marie im Wollraum, sie hat den Eimer mit den Wasserpflanzen, ich den mit den Fischen. Sie wartet auf mich. Ich rede noch mit Otti, weil Otti noch mit mir reden wollte. Otti ist in der Klasse mittlerweile Kult. Die Klasse ist sein Fanclub. Er war heute mit drei Mädchen lesen, aber dann auch mit Ali. Otti wundert sich über Ali. "Was ist mit ihm los, bekommt er Medikamente?", fragt er ernsthaft. (Darüber ein andermal mehr.)
Wir unterhalten uns, unten steht Marie.

Marie ist gerade ins Büro gegangen, um ihre Telefonnummer zu holen, da kommt meine Nachbarkollegin und sagt, sie habe sich gerade mit Marie unterhalten. Marie stand vor den Schafebildern, wartend, da habe sie sie über die Schafe etwas gefragt und wie sie geantwortet habe, das sei sehr berührend gewesen, was sie alles über die einzelnen Tiere wusste und welches ihr Lieblingsschaf sei. Vorher sei es ein anderes gewesen, aber das sei gestorben. 
Dass Marie mit den Schafen so eine innige Verbindung hat, wusste ich nicht, das war mir nicht bewusst. Schön, dass die Kollegin sich dafür interessierte und dass es auf diese Weise zutage kam.
Marie ist wieder da. Wir rufen ihre Mutter an, dass wir gleich kommen mit den Planten und den Fischen. Und machen uns auf den Weg mit zwei Eimern halbvoll mit Wasser. Wir gehen zusammen. Sie hat einen Eimer, ich hänge den anderen über den Fahrradlenker. Unterhalten uns, ich bringe das Gespräch auf die Schafe. Marie beginnt, von Teddy zu erzählen. Mein Gott, Teddy! 




Ich hatte Teddy fast vergessen. Teddies Tod ist wirklich eine ganz traurige Geschichte. Dass Marie Teddy so gemocht hatte, war mir nicht klar gewesen!
Man müsste öfter zu den Schafen hinkommen. Besonders mit den Kindern, die tatsächlich eine Bindung aufgebaut haben.
Habe ganz vergessen, Marie zu fragen, welches Schaf denn derzeit ihr Lieblingsschaf ist.
Hier kann man etwas über die Schafe und auch über Teddy lesen.


Es ist etwa ein Jahr her, dass Marie und noch zwei weitere Mädchen einen Projektwochen-Präsentationstag  darauf verwendet hatten, in einer Spardose Geld zu sammeln, wir hatten beschlossen, Teddy zu retten.
Als sie gerettet war und jeder dachte, nun werden wir aber viel schöne Zeit zusammen haben und Teddy viel Zeit, um ihre extreme Scheu und Angst loszuwerden - da lag sie im September plötzlich tot auf der Wiese. Das war so traurig gewesen, denn jetzt hatte sie nicht mehr genug Zeit gehabt zu merken, dass diese Welt nicht nur schlecht und angsterregend war...



Teddy war Enrico, unserem Schafscherer, von einem Bauern in Ziethen geschenkt worden, zu Tode (!) verschreckt war sie, Enrico hatte sie zwei Jahre gehabt, dann gab er sie in die Alte Schäferei weg. Dort konnte keiner etwas mit ihr anfangen, denn sie bekam keine Jungen. Sollte, na ja. 


Einmal, einen Tag nach dem Besuch unserer Klasse, stand Teddy plötzlich mit den Lenauern zusammen auf der Weide. Die Schäfer dachten, wir hätten sie herübergelotst, ich dachte, sie hätten sie dazugestellt. Nein, als wir nach ein paar Wochen einmal darüber sprachen, stellte sich heraus: Sie hatte von selbst über den Zaun zu den Lenauern übergesetzt und sich von der Mutterherde mit den Lämmern, wo sie sichtbar unglücklich gewesen war, getrennt!
Wir nahmen es als ein Zeichen: Sie war über den Zaun gesprungen und  hatte sich für Lenau entschieden! So setzten wir alles daran, dass sie dort bleiben konnte. 


Ein langes Leben lang hätte sie es schön gehabt, doch dann ging sie ein halbes Jahr später, kaum drei Jahre alt.

Alles das weiß Marie noch. Ich hatte es schon fast vergessen. 

 Warum, frage ich mich jetzt, hat Teddy mit ihrer Geschichte  Marie so stark bewegt?

Dienstag, 15. Mai 2012

Ein Lebenskünstler

Pablo heute, der kleine Pablo! Wir lesen im Altsteinzeitbüchlein "Die Sonne bleibt nicht stehen".


  
Man kann den Text auf dem Buch lesen, wenn man auf das Bild klickt. Er wird dann größer.


Die Horde der Altsteinzeitmenschen zieht im Frühling in das Sommerlager um, man bereitet sich hierzu vor. Ich möchte von der Klasse wissen, wie man Menschen nennt, die kein festes Haus haben, sondern ihr Zuhause immer mitnehmen, umherziehen. Sagt Pablo, ohne mit der Wimper zu zucken: "Nomaden."
Sonst passt er gar nicht auf, ist mit den Gedanken ganz woanders, auf etwas hingelenkt, sofort wieder weg, hier hat er mitgedacht und etwas in ihm hatte den Begriff gespeichert, er wusste auch, was dieser Begriff bedeutet.
Pablo setzt einen manchmal wirklich in Erstaunen. Mich hat es SO gefreut! Er wusste treffsicher etwas, was so schnell kein Anderer in der Klasse gewusst hat!
Gestern auf dem Hof: Die Klasse ist draußen, die Sonne scheint. Viele Kinder spielen auf dem Schulhof, Gabriele sitzt auf einer Bank, ich setze mich dazu. Sofort ist Pablo da, fragt: "Kann ich mit Deinem Fahrrad fahren?" ..und fährt selig seine Runden. Pablo ist so klein, mein Fahrrad so groß, doch  er fährt traumhaft sicher. Gabriele und ich, wir unterhalten uns. Kommt Luigi, er mag auch mein Fahrrad besonders gern. "Darf ich?" "Ja, aber frage Pablo, er hat es ja gerade." Luigi fragt und SOFORT gibt Pablo das Rad bereitwillig ab. Luigi fährt und fährt und man muss ihn nach längerer Zeit erinnern, dass Pablo vielleicht auch mal wieder....? Nee, Pablo winkt ab: Das hier ist genauso schön! "Das hier" macht er schon seit zehn Minuten: Er rennt neben dem radfahrenden Luigi her und amüsiert sich prächtig.
Das ist Pablo. Man kann ihn sehr schwer einschätzen. Manchmal scheint er gar nichts zu können und dann...zeigt er es allen. Wie zufrieden er sein kann, er hatte beim Abgeben nicht den Anflug einer Verstimmung. Er gab gern ab. Lief dann daneben her. Ihm fehlte nichts. Ein Lebenskünstler. :))


 

Montag, 14. Mai 2012

"Ich vermiss den Fisch."

Heute im Wollraum Pablo plötzlich:"Ich vermiss den Fisch." Der Fisch lebte jahrelang im Wollraum, "im Fischglas", wie Pablo sagt, im Aquarium. Kürzlich hatte ich ihn nach Hause genommen. Er lebt allein, weil er jedem anderen Fisch, den ich dazugesetzt hatte, den Garaus gemacht hat. "Na gut", dachte ich, dann bleibst Du eben allein, sozusagen im Alte-Männer-Heim. Selbst schuld."
Den Fisch hatte ich vom früheren Musikbereich übernommen, es waren noch zwei Skalare dabeigewesen. Er ist ein Feuerschwanz. Er hatte eigentlich alle verekelt. Deshalb hatte ich ihn nicht besonders gemocht.
Bis einmal ein kleiner zarter Junge aus einer zweiten Klasse da war, er setzte sich auf den Stuhl, der immer vor dem Aquarium stand und schaute den Fisch an. Drehte den Kopf und schaute den Fisch an. Der reagierte, kam näher, und, erschreckt, über seinen Leichtsinn, ging ruckartig wieder zurück. 
Das war der Anfang. Mancher setzte sich zu ihm und auch ich nach dem Unterricht, wenn ich eigentlich schon nach Hause wollte. Doch das war sein ganzes soziales Leben, also konnte man nicht so einfach gehen.
Wir haben es bis dahin gebracht, dass er umherschwamm, während wir um den Tisch herum in einiger Entfernung saßen und arbeiteten. Das schien ihm das Liebste zu sein, dass Leute da waren und dann schwamm er.
Sonst saß er immer in einer Art Tontunnel und war kaum zu sehen.
So dachte ich, zu Hause, wenn öfters jemand da ist, würde er zutraulicher werden und ich säße nicht immer im Wollraum herum, um ihm Gesellschaft zu leisten. Und organisierte seinen Umzug zu mir nach Hause.
Dort aber zeigte er sich spröde wie zu Anfang.  Mir fehlt er im Wollraum auch. Ohne das Aquarium mit ihm drin ist das dort etwas tot, nicht so lebendig wie sonst...

Freitag, 11. Mai 2012

Stolz wie Bolle: Det jibts nich!

...wir haben 82 Euro auf dem Schulfest eingenommen. : ) 

Zuerst hatten wir 67 beim ersten Buffet, dann 110 beim zweiten, dann noch 24.- am Studientag , macht 201.- Mit den 82.-von heute sind das 283.- Mit 114 haben wir wen unterstützt, dann bleiben für uns noch 169 Euro zur freien Verfügung auf der Klassenfahrt.

Das ist so toll!

Wie aber kam das ganze Geld gestern zusammen?
Peters Deutschland-Puzzle mit dem roten Säckchen dazu war schnell verkauft:



Kein Wunder, ein kleines Kunstwerk ist das. So fein gesägt und handwerklich erstklassig hergestellt. Kasias Katze hätte sogar zweimal verkauft werden können. Sie fiel allen auf. Dabei hatte ich sie vorher so schlecht gemacht.. Tobis Werke wurden beide verkauft. 


 
 Ferebas Giraffe.


 Links sieht man Tobis und in der Mitte Maries Katze.


Tobis Hase 

 Verschiedene Werkstücke

Maries und Alis schnelle Katze ebenso  - sie war, sozusagen mit heißer Nadel genäht, noch gerade fertig geworden. 


 Alis und Maries Katze
Die drei Lesezeichen sind weg, ein paar Freundschaftsarmbänder. Aber das ergibt doch nicht alles zusammen 82 Euro? Egal! Umso besser. Sonst ist weniger in der Kasse als man denkt, jetzt mehr. Freuen wir uns darüber: Hurra!


Das Schlüssel-Schlüsselbrett
 
Die anderen schönen Sachen heben wir für später einmal auf. Eine Mutter meinte, man könne gut Dinge verkaufen, wenn man auf einen "normalen" Markt ginge, z.B. am Winterfeldtplatz. Ich habe mir auch schon gedacht, dass man vielleicht am Chamisso-Markt einmal einen Stand aufbauen könnte, wenn man ein gutes Sortiment hat, auch mit den Sachen aus der Wolle. Die gehen an unserer Schule einfach nicht weg. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass diese Dinge bei niemandem Interesse finden.
Die Tierschutzpädagogin des Tierheims Berlin, Frau P., die bei uns (DANKE!!) eine Tierschutz-AG macht, bestellte eine Handyhülle und kaufte ein gefilztes Säckchen. Einen Prototypen für die Handyhülle haben wir schon gefilzt. Für den Verschluss oben (Aufgabe: Muss Schutz vor dem Herausfallen bieten, aber gleichzeitig in einer Sekunde  zu öffnen und zu schließen sein!!) haben wir schon neuere Lösungen gefunden.
Das ist sehr spannend, eine reale Aufgabe lösen zu müssen. Daran arbeiten wir noch....als Handytaschendesigner.  ; )



Jetzt ist aber erst einmal Schluss mit dem Geldverdienen. Eine Konferenz haben wir noch, aber keine Kraft mehr zu neuen Aktionen, jedenfalls ich. Und viele Eltern haben ja auch gestern schon wieder Kuchen und Anderes für das Schulfest gebacken,  gekocht und gebraten.
Peters Puzzle hätte ich gern selbst für die Klasse gehabt. Die Bundesländer kann man so wirklich gut lernen. Aber besser war es so. Wenn jemand Unbekanntes  das eigene Werk schätzt, kauft und Geld dafür gibt, das ist besser.
Vielleicht mag Peter ja noch ein Puzzle herstellen? 

Gestern erfuhr ich, dass die Wanderung von Insel zu Insel (Föhr-Amrum) für uns gebucht ist, ebenso der Seetierfang. Schön. Die Sache nimmt Konturen an.
In der Klasse wird andauernd "What shall we do with the drunken sailor.." geträllert.  : )

Schulfest

Eigentlich ist ein Schulfest etwas Schönes. Bei uns ist es aber in den Jahreslauf eingetaktet. Früher ging es jahrelang ohne Schulfest, heute muss man feiern. Jedes Jahr. Abwechselnd Projektwoche mit Präsentationsfest oder Schulfest. Dazu das Lesefest im November.
Ich bereite gerade die Klassenfahrt vor. Schuljahresende naht. Klassenarbeiten sind zu schreiben. Konferenzen ohne Ende. Wie kam man eigentlich vordem ohne diese vielen Konferenzen aus??
Weil die Klassenfahrt kurz vor Toresschluss liegt, Zeugnisse schon jetzt schreiben...
Eigentlich kann ich nicht mehr. Es ist zu viel. Heute hätte ich normal zwei (!!) Stunden. So werden es fünf mehr gewesen sein.
Bei uns darf man auch nicht fragen, ob man das "abhängen" könnte. Es ist ja keiner da, der das übernimmt. Wir sind nämlich eine Ganztagsschule und das Stundendeputat ist auf Kante genäht. Und das mit uns alten Pferden!
Oder etwa bezahlt bekäme. Es ist auch nicht anders als anderswo. Man muss mitmachen.
Eigentlich habe ich nichts gegen Feste, nur, wenn ich so unglaublich erschöpft bin, dass ich mich nicht mehr freuen kann..., dann schon.
Es ist diese grauenhafte Konkurrenzsituation, Schule gegen Schule. Dieser neoliberale Sch..., nachdem die Systemkonkurrenz beendet war. Durfte der Kapitalismus endlich sein wahres Gesicht zeigen.
Vorher musste es noch gesittet zugehen, die Leute hätten sich ja für eine Art von Sozialismus interessieren können. Das durfte nicht sein. So gab man sich freundlich, es nannte sich  Rheinischer Kapitalismus. 
Wir müssen mehr Events und lustigere Bilder auf der Homepage haben als die anderen, jedenfalls nicht weniger.
Und weil Lehrer allgemein sehr wenig Selbstbewusstsein haben und sehr hörig sind irgendwie, so als Beamte - ich habe immer das Gefühl, die verwechseln da was - da machen wir alles mit, was uns von oben eingetaktet wird.
Dabei hätten wir mit unserem Beamtenstatus die Möglichkeit und auch die Pflicht, zu remonstrieren, zu sagen, wo es schiefläuft und das deutlich zu machen, was wirklich an der Schule los ist und wie es sein sollte und wie nicht.
Haben die uns den Mund abgekauft? Mit dem Beamtensold? Den Schneid?
Wir wissen, wie es in der Schule aussieht. Wir müssten es deutlich machen, damit im Tagesspiegel nicht nur diese Senatsverlautbarungen nachgesprochen werden, die ein Bild in die Welt setzen, das der Realität mitnichten entspricht.
Aber Hauptsache, es sieht gut aus. 
Egal, wie es wirklich ist.
Man sieht, ich passe nicht mehr so recht in diese Zeit.
Und jetzt - auf! Los, zum Schulfest. Die Mittagsstunde ist vorbei.

Donnerstag, 10. Mai 2012

Wo man singt, da lass Dich, Ohrwurm, nieder..

So, jetzt muss noch einmal tapfer weitergebloggt werden...

Wir beginnen mit den Überlegungen zur Kofferliste
 
So froh bin ich und zufrieden mit der "Handwerk-Einheit". Bei etlichen Kindern setzt sich ein Werkstück ans nächste, sie sitzen beieinander und haben diese schöne Gesprächsstimmung, die man von Handarbeiten her kennt. So muss es in der Vormoderne oft gewesen sein. Es war sicher hart, sehr hart, aber man nahm sich sicher auch immer Zeit für ein Schwätzchen.


Zeitdruck ist, denke ich,  ein Merkmal der Moderne. Sicher gab es früher Zeiten, da musste man nur arbeiten, im Haus, im Garten, weil man sich von seiner Hände Arbeit auch ernährte, und fiel abends müde ins Bett, aber man verbrachte auch viele entspannte Stunden miteinander.



Etwas davon kommt zutage, wenn man so beisammen sitzt und miteinander arbeitet. Ganz vieles ergibt sich. Ali beginnt, sich ein Werk zuzutrauen, will bis morgen noch fertig werden. Das ist natürlich nicht zu schaffen. Er malt mit Marie zusammen ein Katzenbild, das ein Schlüsselbrett werden soll. Ganz langsam wächst da ein kleines Pflänzchen namens Selbstvertrauen und Zuversicht. Ein Wunsch zum Tun und Mittun.

Das Leben ist kein Ponyhof...   ; )


Peter arbeitet an seinem Puzzle weiter. Sein Pech, dass ich Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen verwechselt habe...Und meines, denn das muss ich nachher noch "ausputzen". Hans und Messie sind an ihrem Memory zugange. Selena stellt ihr wunderschönes Schlüsselbrett weiter her, Kasia und Cherry, ja, was haben die eigentlich gemacht?? Luigi hat sein zweites Schlüsselbrett begonnen und ist zügig dabei. Der Termin morgen sitzt ihm im Nacken.
Preise festlegen: Was kann man für sowas nehmen?

Pablo wie ein Schmetterling mal hier, mal dort und nirgendwo. Wir sitzen später zusammen, er hat ein Bundesländer-Puzzle in Arbeit oder auch nicht. Wir setzen es zusammen, Ronaldo hilft, es hätte fast nicht geklappt. Pablo hat Sachsen und Sachsen-Anhalt nicht auseinandergesägt. Der Atlas liegt daneben. Ich bitte ihn, mir die Namen zu nennen. Zeige auf das Brettchen und frage: "Und was ist das?" "Ein Eichhörnchen!" Ja, es hat die Form eines Eichhörnchens. Das Gespräch ergibt, dass Pablo nicht weiß, was er da macht. Ob Staat, Bundesland, Kontinent, das ist ihm alles Banane, weil er es nicht verstanden hat. Weil er auch nicht hingehört hat. Pablo lebt in seiner eigenen Welt. Lernen ist furchtbar. Jetzt sägt und schmirgelt er seit zehn Tagen an etwas, das er nicht im Ansatz verstanden hat. Was machen wir bloß mit ihm? Ideen sind gefragt.
Selena hat ein wunderschönes Schlüsselbrett in Arbeit. Dennis ebenfalls. (Bastian möchte jetzt Dennis heißen.) 

Na, welches Brett von den beiden ist das Mädchen-Schlüsselbrett und welches das Jungs-Schlüsselbrett???


Dennis hat heut auch Geburtstag, was ihn nicht hindert, während der einzigen Gesprächsphase heute dermaßen den Larry zu machen, dass ich ihn hinausschicke. "Immer ich!"

 
  Er hatte heut Geburtstag.
Mesut hat sich den Kopf am Fenstereck geknallt, der Arme, er hat Schmerzen und wird abgeholt. Gute Besserung! Das war Pech!
Mario insistiert auf der Notwendigkeit, nun endlich das Aquarium zu reinigen. Er sagt: "Das können wir doch jetzt machen. Es sind einige auch weg und es ist alles ruhig hier!" Stimmt. Gabriele ist mit vier Geburtstagskindern in den wunderschönen Buchladen in der Nähe gegangen, sie haben sich Bücher empfehlen lassen und sich jeder eines ausgesucht.




Also los geht es und es geht wirklich. In aller Ruhe lassen wir vier Eimer voll Wasser aus dem Aquarium heraus. Nur leider schwimmen ein paar Guppies mit drin, die müssen erst herausgefischt werden. Altsteinzeit: Wir fangen Fische. Erst dann werden die Eimer ausgekippt und neues Wasser geholt. Man ist ja schließlich Tierfreund.
Die Fische bringen wir zur Hausmeisterin, sie setzt sie in ihr Aquarium hinein. Eine Pflanze können wir auch bieten. Bei uns wächst es wie Gras.
Zwischenzeitlich großer Tumult im Gang: "Ein Vogel ist im Haus, ein Vogel!" Ich greife mir das große Tuch, das die Druckerei bedeckt und wir rennen hinunter. Da fliegt im Vorraum eine Spätzin. Nach dem etwa zehnten Versuch erwische ich sie mit dem Tuch, erhalte Szenenapplaus und bringe sie nach draußen. Dort sitzt sie erst einmal eine Minute etwa auf der Hecke, schüttelt sich dann und fliegt weg.
Das mit dem Tuch weiß ich von unseren Wellensittichen. Man hat als Kind ja nicht umsonst Vögel gehabt...
Drei Kinder haben das Aquarium sachkundig auf Stand gebracht. Ja, wir sind jetzt so weit, dass sie es schon allein können. In jeder Klasse gab es etwa zwei Kinder, die das wollten und es konnten. Das war prima und Mario gehört jetzt auch dazu. Ich bin ihm richtig dankbar, dass er so gut argumentiert hat und dass wir es gewagt haben, die Sache mitten im Unterricht auch noch zu "wuppen" und alles mit der größten Ruhe. 
Fereba hat beim Fischleinfangen fleißig mitgeholfen, Ronaldo ebenfalls. Tobi malt am dritten Schlüsselbrett. Es ist erstaunlich, wieviel Geduld Kinder mit Tätigkeiten zubringen, die sie mögen. Ob wir sie zu oft unterbrechen und das nicht zulassen?
Mir ist es sehr wichtig, dass der Unterricht mindestens in Zeiteinheiten von eineinhalb Stunden stattfindet. So kommt Ruhe ins Arbeiten hinein. Die Schule berücksichtigt diese Wünsche bei der Planung, traditionell seit Jahrzehnten. Ich bin dafür sehr dankbar.
Manuel stellt sein Schweinchenschlüsselbrett mit viel Liebe fertig.
Mir kam der heutige Tag vor wie das Arbeiten an dieser, "meiner" Schule vor 15 bis 20 Jahren. Genauso war es damals. Wir hatten die Freiheit und nahmen sie uns, sehr differenziert und projektartig zu arbeiten. Das Selbstbildungsmoment und das gemeinsame Ideenfinden konnten sich so entfalten. Heute geht das kaum mehr.
Ich habe mich heute sehr, sehr wohl gefühlt.
Später nahmen wir noch Einkaufsdialoge im Englischunterricht auf. Diese Filmchen kann man aber nicht ins Netz stellen, man kann sie nicht so leicht bearbeiten wie Fotos. 
"Du hast uns heute einen Ohrwurm ins Ohr gepflanzt", sagt Selena. O ja, wenn man zur Nordsee fährt, braucht man doch Seemanns- und Seebrautslieder. Die waren: "My Bonnie is over the Ocean" und "What shall we do with the drunken sailor"....
Noch eine email an Frau T. von der Jugendherberge Wyk geschrieben. Die Essenswünsche: Fünfzehn Mal muslimisch, sechs Mal mitteleuropäisch (Ich nenn das so.) und einmal vegi, das bin ich....   ; )

Dienstag, 8. Mai 2012

Ein ganz verträglicher Tag, dieser 8. Mai

Ein schöner Schultag. Vier Stunden und ein Teamgespräch. Das ist die Menge an Belastung, die mir zuträglich ist, mich mit der nötigen Ruhe und Unbelastetheit alles machen lässt.

Die untere graue Hülle ist ein gekaufter Prototyp von "Apple".
Es begann mit dem Filzen im Wahlpflichtunterricht. Einige Jungen filzten Jonglierbälle. Diese benötigen eine gewisse Schwere, damit man mit ihnen jonglieren kann. Sie ergibt sich, indem man die Kapsel eines Kinderüberraschungseies mit Vogelsand füllt und  Wolle darumherumfilzt. Hierzu benötigt man heißes Wasser, Seifenflocken, gekämmte Fettwolle und Geduld und Energie, denn man rollt sie in den Händen, bis die Fasern sich verbinden und der Ball sich fest anfühlt.



Ich mag am liebsten den Duft, der sich aus der Wolle, dem Wasser und der Seife ergibt. Noch Stunden danach schnuppere ich an meinen Händen: Wie gut sie duften!


Zwei Gruppen von je zwei Kindern versuchten sich an der Handyhülle. Wolle haben wir ja genug. In Brandenburg warten schon etwa ein Dutzend Vliese auf uns, und wir haben die Fülle des letzten Jahres noch nicht verarbeitet...


Wenn ich pensioniert bin, wäre eine Variante, die ich mir vorstellen könnte, mit Kindern in Ruhe zu filzen und etwas aus dieser schönen und energiestarken Rohwolle zu machen, mit ihnen Ausflüge zu den Schafen zu unternehmen. Diese Wolle hat etwas, das die chemisch verarbeitete und gefärbte Kaufwolle nicht mehr hat, diese ist quasi "tot", während jene sich lebendig anfühlt und voller Energien.
Besonders bei den Socken merke ich das, wenn ich zu Hause barfuß in ihnen laufe. Es ist so ein Wohlgefühl, sogar im Sommer! Aber auch, wenn es kalt ist.
Leider ist es sehr uncool, mit Wollsocken und Sandalen auf der Arbeit zu erscheinen......

In dem Buch "Kreuzberg kocht" des Berliner Büchertischs ist unser Schafprojekt auch vorgestellt...Ich bin dankbar dafür, dass die Autorinnen es für wert erachteten, vorzustellen, was wir hier an der Schule mit den Schafen und der Wolle machen. Es ist eine Art Anerkennung, das tut gut.
Link:

Doch ich schweife ab.
Wir sind mit den Handyhüllen nicht fertig geworden. Es war eine schöne handwerkliche Arbeitsatmoshäre.

Danach meinte es das Leben gut mit mir: Ich hatte eine Freistunde, weil es nichts zu vertreten gab. Ich mag das sehr. Man kann in Ruhe etwas aussuchen, kopieren, besprechen oder einfach Wolle kämmen, damit wieder etwas zum Verarbeiten da ist.
Ich habe nie etwas gegen Freistunden. Der Gewinn der inneren Ruhe ist mir wichtiger.

Danach war eine Förderstunde Mathe, wir übten am Einmaleins. Drei Jungen waren es, die den sonderpädagogischen Status "Lernen" haben, ihre Ziele entsprechen eher denen der dritten als der fünften Klasse. 

In der Pause hielt ich meine Aufsicht unten im Erdgeschoß, hatte etwas zum Nähen für unser Projekt zum Sommerfest dabei, so setzte sich jemand zu mir, wir unterhielten uns, eine kam noch dazu -  es war sehr genussvoll. Vielleicht ist das meine Herkunft vom Land, dass ich ein schönes Schwätzchen, das sich nebenbei ergibt, so sehr schätze.

Dann die einzige Stunde mit der ganzen Klasse, Kollegin Herzog war dabei. Die Kinder saßen im Kreis, es war ein Gespräch zur Klassenfahrt. Sie bekamen die Hausordnung der Jugendherberge mit, mit der Auflage, sie mit ihren Eltern als Hausaufgabe zu lesen und zu besprechen.

Das gestrige Plastiktütenfiasko musste noch einmal genauer besprochen werden: Wer hatte was gemerkt und etwas unternommen?
Ja, Kinder hatten eingegriffen. Das ist tröstlich. Den beiden mit der Plastiktüte sind vielleicht ihre Kopflosigkeit und die Schadpotenziale ihres Handelns klarer geworden....
Ich war so konzentriert mit anderen im Gespräch gewesen, dass ich nichts davon mitbekommen hatte. : /

Alle möglichen Fragen zur Klassenfahrt besprachen wir, dann war diese Stunde zu Ende.

Kollegin Herzog und ich nahmen uns noch einmal die Informationen der Jugendherberge vor mit den Angeboten für Vorträge, Wattwanderungen, Seetierfang (mit anschließendem Wieder-Aussetzen), Fahrt auf die Hallig Hooge ja oder nein, Wanderung bei Ebbe von Föhr nach Amrum (unbedingt, falls das Wetter es zulässt!) Inselradfahrt - muss nicht sein, dabei hatte sich einer beim letzten Mal die Rippen geprellt, einen Nachmittag bei Arzt und im Krankenhaus herumgesessen etc.
Wir bereiteten auch den Elternabend zur Klassenfahrt vor.
Dann war erst einmal frei! : ))

Montag, 7. Mai 2012

Lehrer, hör zu! Montag, 7. Mai 12

Man kann nicht immer das Gleiche beschreiben. Es wird gewerkelt und die meisten Kinder sind sehr vertieft bei der Sache und stellen schöne und zweckmäßige Dinge her.
Unterricht bereitet sich in den entspanntesten Phasen am besten vor. Die Ideen suchen mich dann auf. Ich muss ihnen nicht nachlaufen.
In einem solchen Moment kam mir die Idee, das handwerkliche Tun gemeinsam schriftlich zu reflektieren, unter einigen Aspekten und anschließend in Form einer Vorgangsbeschreibung niederzulegen. Misslich: Wer kein Werk vorzuzeigen hat, kann nichts darüber schreiben..So rächt sich ein unbeherztes Sich-Drücken einiger Weniger auch in dieser Hinsicht. Das klingt vielleicht gemein, aber es soll ihnen ein Gefühl dafür entstehen, dass sie etwas versäumt haben, einer Sache nicht intensiv genug nachgekommen sind...
Es handelt sich dabei um zwei Kinder, denen das Sich-Drücken so in Fleisch und Blut übergegangen ist, dass sie es als ein problematisches Verhalten selbst nicht wahrnehmen. Dazu brauchte es ein wenig mehr Selbstdistanz als sie haben.
Grotesk und gefährlich: Zwei Schüler schoben sich Plastiktüten über den Kopf und prüften gegenseitig, ob sie noch Luft bekommen, in aller Unschuld, mitten im Unterricht.
Ich hatte angefangen, mich auf die Klassenfahrt nach Wyk auf Föhr zu freuen. Was wir alles sehen und gemeinsam erleben und erfahren werden. Wie dies veränderte Sichten auf Vieles zur Folge hat. Wie ich anfange, der wachsenden Vernunft, die hier und da zu bemerken ist, zu vertrauen.
Und nun dieses! Wir sind nicht immer dabei...
Unvorstellbar. Es sind Elfjährige. Schon erscheint wieder die große schwarze Puppe Angst und hebt ihre schwarzen Arme. Ich will niemals nach Hause kommen und jemand ist stark geschädigt oder noch gar Schlimmeres. Alptraum. Damit könnte ich nicht leben. Fühle mich seit heute wieder als Geisel extremer Unvernunft, der ich mich Tag und Nacht aussetzen werde. In solchen Momenten denke ich:"Warum nur machst Du das?"
Auf dem  Hof werde ich von den vagabundierenden und Ärger suchenden Jungen der Sechsten wieder getestet. Als ich nach dem Gong hinter ihnen, die betont langsam ins Schulhaus - gehen, kann man das nicht mehr nennen - sich fast nicht bewegen, ruft ein Junge, ein anderer weint. Die Kollegin, die an dem Platz stand, ist schon weg.
Dumm, wenn die Lehrer als erste ins Haus hineingehen, wenn es abklingelt. Klärung braucht zehn Minuten, die mir oben in der Klasse fehlen, auch, weil ich dort aufzuschließen habe. 
Zu Beginn also stark erhöhter Erregungspegel bei mir, der sich angesichts der sich in die Arbeit vertiefenden Kinder allmählich wieder senkt.
Diese Sägegeräusche, Feilgeräusche, dazwischen schreibende Kinder, malende Kinder, in aller Seelenruhe, das ist ansteckend!!
Bin schon fast auf dem Weg nach draußen, komme aus dem Lehrerzimmer. Auf der Bank sitzt A., eine ganz Schlimme aus einer vierten Klasse. Andauernd ist was mit ihr. Sie sagt vernehmlich mir in den Rücken: Ich versteh nicht, warum die Lehrer (sie meint auch die Erzieher) immer so sauer sind.
Dreh ich mich rum und setz mich dazu. Das war eine unglaubliche Bemerkung. Wir unterhalten uns eine halbe Stunde lang. Wenn ich das richtig deute, ist es tatsächlich so: Sie versteht es nicht. Sie drückt es klar aus, wie es ist, wie sich später zeigt: Sie kann sich den moralischen Standards gemäß nicht angemessen verhalten, weil sie es nicht versteht, sie versteht nicht, dass Regeln bindend sind. Zu Hause sind sie es auch nicht. Sie versteht nicht, mimische und gestische Zeichen vor dem großen Konflikt zu deuten und ihr Verhalten darauf einzustellen. Sie versteht die gesamt soziale Grammatik nicht.
Und dann liefert sie auch noch den Weg, den sie sich vorstellt, wie es besser wäre. Ihre Erzieherin möge sich mit ihr darüber unterhalten und nicht sie ständig zur Schulleitung schicken.
"Würdest Du denn auf das hören, was Ihr dann besprecht?", frage ich sie. "Ja," meint sie, "ich würde darauf hören."
Die Version der Erzieherin ist vollauf verständlich. Vollauf. Doch hat A. auch einen Weg aufgezeigt.
Einen Weg, der vielleicht gegangen werden könnte.
Unglaublich. Was man erfährt, wenn man zuhören möchte. Ich war in der Verfassung gewesen, ihr zuhören zu wollen. Bin ich auch nicht immer. Was habe ich mich mit ihr in Vertretungsstunden schon gezofft...
Ali machte zweieinhalb Stunden in kontrollierter und aufmerksamer Weise mit, suchte sich Aufgaben, wie er Andere bei ihren Werkarbeiten unterstützt. Er traut sich ein eigenes Werk nicht zu. Wahrscheinlich hat er Angst davor, es spiegele ihm nichts Gutes oder es entspräche nicht seinen Standards. So sucht er sich Einzelaufgaben im Zusammenhang mit anderen Arbeiten. Bemerkenswert. Als er noch in die Förderstunde soll, bekommt er die volle Depri. Er darf gehen. Es ist zu schrecklich. Mitte der letzten Stunde fing es schon mit ihm an.
Ich wollte gerne ihm zeigen, dass er vorher schon lange Zeit gute Lösungen gefunden hatte und dass das eine Leistung ist. Jetzt ging es nicht mehr, wirklich nicht. Am guten Willen hatte es nicht gefehlt. Doch war die Grenze erreicht. Völlig ohne Konflikte und Auseinandersetzungen. Das ist doch viel!
Bastian ist überhaupt nicht mehr auffällig beim Werken, er reiht Produkt an Produkt, gibt keine Widerworte, ist einfach zufrieden in seiner Aktivität. Dabei wird auch das Schreiben besser.
Lucy und Leonie sind verschwunden, schreiben den nächsten Teil ihres Dialogs. Kurzes Gespräch noch: Die Szene mit den Männern, die war ja ein bisschen so...Nein, die Männer, das waren die Väter, meinten sie. Aha.
Leonie will ein Sprichwörter-Memory machen. Bild/Wort. Wir kommen dann zu Metaphern, klären, was das ist, z.B. "Wüstenschiff" für Kamel etc.
Aber dann verliert sie die Lust. Nun will sie ein Wandbild machen mit einem Spruch, der geht etwa so: "Das Leben ist wie zeichnen, nur ohne Radiergummi..." : )
Sie würde gerne eine Geschichte, eine Fabel singen. Ein Mädchen, das sie kennt, geht in eine Schule, wo sie Geschichten singen. Waldorf. Leonie ist schon umgezogen. Sie wird uns wohl im Sommer wieder verlassen, das ist richtig megaschade.

Übrigens, als wir heute im ersten Kapitel des Steinzeitromans lasen, wer hebt da die Hand und will lesen? Ali! Leise bemerkt er noch, dass Lesen eigentlich Scheiße ist, als die anderen anerkennend klatschen, nachdem er aufgehört hat, aber er hat sich gemeldet, er hat gelesen und er hatte es so gewollt! Freude. Er ist noch nicht gut. Er ist aber viel besser schon.
Eine Sache muss ich doch noch loswerden: Heute früh eine Mutter, sie entschuldigt einen Jungen, er sei krank, habe es am Magen. Als ich das in der Klasse erwähne, sagt ein anderer: Aber der ist doch in Leipzig, die haben dort mit ihrem Verein ein Fußballspiel. Das hat er auf Facebook geschrieben...Lügt sie mich ins Gesicht hinein an?