Mittwoch, 16. Mai 2012

Marie und Teddy

Heut, vier Unterrichtsstunden, : ) , danach mit Marie im Wollraum, sie hat den Eimer mit den Wasserpflanzen, ich den mit den Fischen. Sie wartet auf mich. Ich rede noch mit Otti, weil Otti noch mit mir reden wollte. Otti ist in der Klasse mittlerweile Kult. Die Klasse ist sein Fanclub. Er war heute mit drei Mädchen lesen, aber dann auch mit Ali. Otti wundert sich über Ali. "Was ist mit ihm los, bekommt er Medikamente?", fragt er ernsthaft. (Darüber ein andermal mehr.)
Wir unterhalten uns, unten steht Marie.

Marie ist gerade ins Büro gegangen, um ihre Telefonnummer zu holen, da kommt meine Nachbarkollegin und sagt, sie habe sich gerade mit Marie unterhalten. Marie stand vor den Schafebildern, wartend, da habe sie sie über die Schafe etwas gefragt und wie sie geantwortet habe, das sei sehr berührend gewesen, was sie alles über die einzelnen Tiere wusste und welches ihr Lieblingsschaf sei. Vorher sei es ein anderes gewesen, aber das sei gestorben. 
Dass Marie mit den Schafen so eine innige Verbindung hat, wusste ich nicht, das war mir nicht bewusst. Schön, dass die Kollegin sich dafür interessierte und dass es auf diese Weise zutage kam.
Marie ist wieder da. Wir rufen ihre Mutter an, dass wir gleich kommen mit den Planten und den Fischen. Und machen uns auf den Weg mit zwei Eimern halbvoll mit Wasser. Wir gehen zusammen. Sie hat einen Eimer, ich hänge den anderen über den Fahrradlenker. Unterhalten uns, ich bringe das Gespräch auf die Schafe. Marie beginnt, von Teddy zu erzählen. Mein Gott, Teddy! 




Ich hatte Teddy fast vergessen. Teddies Tod ist wirklich eine ganz traurige Geschichte. Dass Marie Teddy so gemocht hatte, war mir nicht klar gewesen!
Man müsste öfter zu den Schafen hinkommen. Besonders mit den Kindern, die tatsächlich eine Bindung aufgebaut haben.
Habe ganz vergessen, Marie zu fragen, welches Schaf denn derzeit ihr Lieblingsschaf ist.
Hier kann man etwas über die Schafe und auch über Teddy lesen.


Es ist etwa ein Jahr her, dass Marie und noch zwei weitere Mädchen einen Projektwochen-Präsentationstag  darauf verwendet hatten, in einer Spardose Geld zu sammeln, wir hatten beschlossen, Teddy zu retten.
Als sie gerettet war und jeder dachte, nun werden wir aber viel schöne Zeit zusammen haben und Teddy viel Zeit, um ihre extreme Scheu und Angst loszuwerden - da lag sie im September plötzlich tot auf der Wiese. Das war so traurig gewesen, denn jetzt hatte sie nicht mehr genug Zeit gehabt zu merken, dass diese Welt nicht nur schlecht und angsterregend war...



Teddy war Enrico, unserem Schafscherer, von einem Bauern in Ziethen geschenkt worden, zu Tode (!) verschreckt war sie, Enrico hatte sie zwei Jahre gehabt, dann gab er sie in die Alte Schäferei weg. Dort konnte keiner etwas mit ihr anfangen, denn sie bekam keine Jungen. Sollte, na ja. 


Einmal, einen Tag nach dem Besuch unserer Klasse, stand Teddy plötzlich mit den Lenauern zusammen auf der Weide. Die Schäfer dachten, wir hätten sie herübergelotst, ich dachte, sie hätten sie dazugestellt. Nein, als wir nach ein paar Wochen einmal darüber sprachen, stellte sich heraus: Sie hatte von selbst über den Zaun zu den Lenauern übergesetzt und sich von der Mutterherde mit den Lämmern, wo sie sichtbar unglücklich gewesen war, getrennt!
Wir nahmen es als ein Zeichen: Sie war über den Zaun gesprungen und  hatte sich für Lenau entschieden! So setzten wir alles daran, dass sie dort bleiben konnte. 


Ein langes Leben lang hätte sie es schön gehabt, doch dann ging sie ein halbes Jahr später, kaum drei Jahre alt.

Alles das weiß Marie noch. Ich hatte es schon fast vergessen. 

 Warum, frage ich mich jetzt, hat Teddy mit ihrer Geschichte  Marie so stark bewegt?

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