Donnerstag, 23. Februar 2012

Wie schreiben? Warum schreiben?

Kurze Frage des wahrscheinlich einzigen Manchmal-Lesers dieses Blogs: Wissen die Kinder, dass Du über sie schreibst? Das ist eine wichtige Frage. Es betrifft die Kinder, ihre Eltern, die Kollegen, also alle, die vorkommen.
Meine erste versuchsweise Antwort ist die: Man muss so schreiben, dass man niemanden preisgibt, in seiner Freiheit und Würde beeinträchtigt. Dass man nicht immer Einverständnis erzielt, ist klar. Aber man muss das, was man nach draußen gibt, vertreten können und auch die Betroffenen dürfen sich nicht beleidigt fühlen.
Nach außen hin muss sicher sein, dass Menschen nicht identifizierbar sind. Nach innen, in die Gruppe hinein, kann man das nicht vermeiden.
Also werde ich das ganze Blog daraufhin noch einmal lesen.
Die andere Frage: Warum schreibt man? Es ist eine Art Selbstverständigung für mich, weil mir das wichtige und wirkliche Gespräch fehlt. In der Schule wird nicht mehr über Hintergründe gesprochen, alle sind zu erschöpft, zu sehr am Rasen, vielleicht auch ein wenig abgestumpft ---zu alt??? Durchschnittsalter 58 Jahre ist für ein Kollegium ja nichts Gutes. Doch ich war ungefähr 30 Jahre lang mit die Jüngste. Das hat der Senat versiebt, ein Vierteljahrhundert kaum Einstellungen von jungen Lehrern. Jedenfalls kamen in den drei Schulen, an denen ich bislang Lehrerin war, keine jungen Leute an. Fast keine, kaum, tröpfelnd nur. Nicht ausreichend viele. Und die jungen Leute  heute ziehen nach Hessen und Baden-Württemberg weiter. Für die verbleibenden wurden von den Leuten, die sich aus der Praxis an den Grünen Tisch "gerettet" hatten, in immer schnellerer Frequenz Turbo"reformen" ausgeschüttet, die die Arbeitsintensität, die Arbeitsdichte, die Anzahl der Aufgaben, die täglich zu lösen sind so steigerten, dass ein ruhiges, besonnenes, reflektiertes Arbeiten nicht mehr möglich ist.
Daher das Schreiben. Es sammelt sich so viel an jedem Tag an, für das kein Gesprächspartner vorhanden ist, dass es etwas Befreiendes hat, etwas Ordnendes; man kann Unwichtiges vom Wichtigen wieder besser unterscheiden.
Man fällt nicht in das Meer des Klagens, man sitzt auf einem treibenden Baumstamm mitten darinnen und sieht plötzlich durch die Klärungen hindurch das Schöne, der Witz, das Interessante, das in vielen kleinen Situationen liegt.
Seit ich schreibe, bin ich neugieriger auf den Tag, der vor mir liegt. So wie heute. Ich trainiere, nicht das, was mich bewegt, zu vergessen über dem Gewitter der Pflichten, in dem man steht.
Das Schlimmste an diesem Beruf: Wenn man nicht gleichgültig werden will, hat man nicht mehr die Zeit, um alles besonnen, reflektiert, mit Empathie, aber auch in den Grenzen der Berufsrolle, gut zu machen. Das ist doch schade.

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