Freitag, 31. August 2012

Kneteorgie und so Bauchgefühle

Wochenende. Vierte Schulwoche beendet. Die neue Arbeitszeitstruktur führte zu weniger Erschöpfung, zeigt aber auch ihre stachligen Seiten: Ich werde das, was sich als zu Korrigierendes anhäufte, nicht mehr lange ignorieren und beiseitelegen können.
Erstens fehlen Anschluss und Rückmeldung für den Lernprozess, der ja weiter gehen soll.
Dann nehmen einen Schüler nicht mehr ganz so ernst, wenn immer alles ewig liegen bleibt, bevor es zurückgegeben wird. Deshalb habe ich mir etwas davon mitgenommen. Denn heute habe ich das Lehrerprivileg doch genutzt, sich die Zeit selbst einteilen zu dürfen und war um 12 Uhr 30 schon aus der Schule draußen. 5 1/2 Stunden. Da fehlen noch 1  1/2 h.
Manchmal brauche ich erst wieder eine Erholungsphase, um gut weiterschauen und -planen zu können, in der Erschöpfung und mit mangelndem Abstand von der Sache gelingt mir dann nichts wirklich Gutes, also, wovon ich selbst überzeugt bin.
Überzeugt war ich heute von unserer Gruppenarbeit. Das war die mit der Knete, berlinerisch gesprochen.
Auf ein Brett sollte ein grober Umriss von Deutschland gezeichnet werden, hierauf mit Knete die Großlandschaften Norddeutsches Tiefland, Mittelgebirge, Voralpen und Alpen platziert werden. Dann begann die etwas schwierigere Phase: Im Atlas genau nachschauen, wie die Flüsse heißen, wo sie fließen und die Mittelgebirge richtig in das Ganze hineinsetzen.

Genaues Hinschauen ist wichtig.



Und ein gutes Miteinander.



 Hier erkennt man schon die Großlandschaften und die Flüsse Rhein, Mosel, Donau und einen Teil der Elbe.

  
Es scheint, dass manche hier nicht zufrieden ist, weil sie nicht gleichberechtigt mitarbeiten darf. Mit Recht anscheinend. Das kam bei der Auswertung anschließend zur Sprache.


Hier wird Deutschland ausgelegt.

Von der Anordnung und der materialreichen Beschäftigung mit der physikalischen Landesstruktur habe ich mir eine größere mentale Verankerung versprochen als wenn man nur auf die Karte geschaut hätte. Im Grunde rekonstruiert man die Abstraktion der Karte zurück in ein reliefartiges Landschaftsgebilde. Es gibt verschiedene Ansätze und Ideen. Manche vermischten Kneten, um Farbabstufungen zu erhalten, andere teilten sich die Portionen systematisch auf.
Am Montag werden wir im Kreis alle Produkte anschauen und über sie sprechen und schauen, wie es weiter gehen soll. Es sollen die wichtigsten Flüsse und Gebirge, vielleicht auch Städte erkennbar sein.Man kann die Reliefs, wenn man Zettelchen oder Fähnchen dazu bastelt, als Quizgrundlage zum gegenseitigen Abfragen nutzen.
In allen Gruppen war die Zusammenarbeit einvernehmlich, die gegenseitige Abstimmung der Arbeit förderlich. In einer Gruppe waren zwei nicht zufrieden, hatten aber auch keine Impulse gezeigt, dies zu verändern. Interessant.

Vorher hatten wir eine kleine Lernkontrolle über die Bundesländer und ihre Hauptstädte geschrieben. Das war also ein sehr erdkundlicher Tag heute.

Hier trage ich noch ein Tafelbild nach, das Begriffe zeigt, die wir miteinander klärten, als wir den Film über die Mondlandung schauten. das war vor einigen Tagen.
 
Merakli (ohne i-Punkt) heißt auf türkisch "neugierig", ein Pendant zu "curious", das den Namen der Marssonde "Curiosity" inspirierte. 

Interessant fand ich heute ein kleines Gespräch mit einer Kollegin, sie hatte mit ihren Schülern gegessen und alle hatten sich fürchterlich aufs Essen gestürzt, woraufhin sie gesagt hatte, sie benähmen sich, als ob sie zu Hause nichts zu essen hätten.
Daraufhin erhielt sie den Anruf einer türkischsprachigen Mutter, die sich sehr beschwerte, dass ihnen unterstellt würde, Türken hätten nichts im Kühlschrank...
Das sind Anzeichen von Aneinander Vorbeireden, die schwierig und anstrengend sind.
Was ist da los? fragten wir uns. Wir haben alle ähnliche Erlebnisse und sind darüber gar nicht froh.
Der Schulkonflikt, der durch die Presse ging, hat die Stimmung allgemein nicht verbessert. Stetig sieht man Elterngrüppchen, die sich erregen oder uns Lehrer extremst mustern, wenn wir die Treppe herunterkommen etc. Es sind da unangenehme Dinge dabei, die über das hinausgehen, was man sonst wahrnimmt, an affrontativen Verhaltensweisen, wo uns immer irgendetwas Feindliches unterstellt wird, das aber gar nicht von unserer Seite kommt. Wir waren der Meinung, dass man diese Dinge auch einmal ansprechen muss. Wenn man keine richtigen Worte dafür findet, was das eigentlich ist, was einen belastet, ist das auch ein Zeichen. Es ist seit dem Konflikt etwas von Argwohn und Misstrauen in der Schule "hängengeblieben". Etwas, das sehr schwer oder fast überhaupt nicht zu Worten kommt, ansprechbar ist und gleichwohl belastet. Etwas, das niemand hören will. Etwas, das mir selbst noch nicht so klar ist, obwohl es als ein Gefühl vorhanden ist.
Zum Abschluss war da noch ein Gespräch mit einer Kollegin, es ging um Sonderschule, Inklusion und die halbherzige Nichtfinanzierung von in den Medien großspurig verkündeten Zielen, deren scheinhafte "Realisierung" auf dem Rücken der betroffenen Kinder und auch der Lehrer und Erzieher stattfindet.
Immerhin zweimal eine Auseinandersetzung an diesem Tag mit politischen Rahmenbedingungen unserer Arbeit. DAS war schön!!!
Jetzt muss ich leider hier weg, muss jemanden sehr Lieben zum Flughafen bringen und mich jetzt sputen, sehen, wie ich mit der Karre am besten dorthinkomme, Straßen oder Autobahn.... Also bitte nicht zu sehr auf die Fehler hier schauen. Und: schönes Wochenende!!!

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