Dienstag, 21. August 2012

Lang geschwiegen

Der letzte Eintrag war am Donnerstag voriger Woche. Da hatte ich noch mit einem kleinen Jungen gesprochen, dessen Mutter mir erzählt hatte, er habe an diesem Tag nicht zur Schule kommen wollen, weil sich am Vortag große, heftig streitende Elterngruppen mit der Schulleitung vor dem Haus befunden hätten - Fotografen seien auch da gewesen und er dachte, da sei eine Vergewaltigung geschehen.
Mit ihm hatte ich gesprochen und erfuhr auch so langsam, worum es da ging.
Es gibt dazu ein paar Zeitungsartikel und einen RBB-Bericht, das kann man hier abrufen.




Ja, damit ist wohl so eine Art Überblick gegeben. Es ist klar, dass es da einen Konflikt gibt. Ich werde aber das Gefühl nicht los, dass es hinter diesem Konflikt den eigentlichen Konflikt gibt.
Man muss das mal in Ruhe analysieren. Was mich irritiert: Die Dame, die in dem RBB-Bericht spricht und klare Vorstellungen artikuliert, dass die deutschen Eltern nach Marzahn gehen sollten, die ist gar nicht Mutter unserer Schule, sie erhebt ihr Wort ohne Berechtigung, sprach wohl auch gestern in der Elternversammlung der betroffenen Eltern, hat dort aber eigentlich kein Rederecht.
Eine Versammlung von Eltern ist keine öffentliche Veranstaltung. Sie ist eine Veranstaltung der Sorgeberechtigten. Man kann nun jemand zu seiner Unterstützung mitnehmen, dann muss eigentlich die Versammlung gefragt werden und ich kenne keine Situation, wo nicht alle Ja gesagt hätten. Aber man darf da nicht reden, das sollen die Beteiligten selbst tun.
Diese Frau geriert sich als Wortführerin und spitzt die ganze Situation zu, und niemand tritt ihr in den Weg? Können die Betroffenen nicht ihre Werte selbst vertreten?
Das finde ich schon seltsam.
Jedenfalls hat uns das in den letzten Tagen sehr beschäftigt.  Es scheint mir bei den migrantischen Eltern um ein Problem der Anerkennung zu gehen. Man will nicht als eine Art genereller "Bildungsschädling" für andere gesehen oder so behandelt werden. 

Und bitte, wo verlaufen denn die Grenzen? In meiner Klasse haben von 19 Kindern 16 den deutschen Pass. Sie sind Deutsche. Sehr viele haben einen Elternteil deutscher Abkunft. Was sind sie? Keine Deutschen?
Und die Bildungsscheide? Bildungsfern, bildungsnah?
Sind diese Wörter diskriminierend? Zitat einer Mutter: "Ich habe auch einige Bücher zu Hause stehen." Das deutete für mich auf einen Anerkennungskonflikt hin.
Vielleicht ist ein nicht so vordergründig aufscheinender Subtext die berühmte Gentrifizierung Kreuzbergs. In meiner Klasse sind schon Eltern, die nach Neukölln umziehen mussten, weil sie die Wohnungspreise in Kreuzberg nicht mehr bezahlen konnten.
Die Rede dieser NichtLenaumutter drückte aus: WIR gehören hier hin. Wenn IHR uns nicht wollt, dann geht nach Lichtenberg oder Marzahn, da habt Ihr gar keine Ausländer. Es ist vielleicht unausgesprochen eine Angst vor dem Vertriebenwerden dahinter.
Über das alles muss noch viel nachgedacht werden.

Arme Kinder! Eine Woche nach ihrer Einschulung müssen sie die Klasse wechseln? Nicht schön. Wer denkt an sie? Der Senat? Die Bildungsverwaltung?

Die haben sich noch nicht einmal mit der Schulleitung in Gespräch gesetzt. Der Tagesspiegel wusste eher, dass die Kinder neu aufgeteilt werden würden als die Schulleitung! Na toll! Und dafür bekommt Ihr A16 und mehr??? 
Jedenfalls muss unsere Schule seit jahren diese Münchhausennummer machen, weil die Politik komplett versagt. Ich fahre täglich an der Nachbarschule vorbei. Dort gibt es keine rein deutschen Klassen? Weit gefehlt! Nur - dort stört es keinen.
Ich staune immer, wo all die blonden Kinder herkommen, die in diese Schule hineingehen. Und dann fahr ich zu meinen Kindern und freu mich, dass ich sie sehe.

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