Donnerstag, 8. Mai 2014

Die Polizeischnecke

Heute morgen im Fahrradkeller: Oh weh! Betonalarm für den Schulgarten....Eine Verschlimmbesserung ist zu befürchten.




So viel Beton für so'n bisschen Schulgarten? Beete einfassen? Könnte man dafür nicht Holzpfähle nehmen?


Den schönen Holzzaun reparieren, das schafft Ihr nicht. Seit Monaten steht er offen. Aber das wäre wichtig. Gestern hab ich rumgemeckert, seit heute ziert Bauband das gräßliche Loch.



Das ist mehr so die bisherige Ansicht unseres Schulgartens, lockere Beeteaufteilung, gepflasterter Weg. Die Natur wird nicht als Feind betrachtet, den es zu bezwingen gilt! Ist das die Sicht von gestern???



 Ja, es ist verwildert. Vielleicht sind aber deshalb so viele wunderbare Weinbergschnecken da.




Hier ist die Waldmeister-Efeu-Stelle, wo wir die zahlreichen Schnecken fanden. Und wo wir unsere auch wieder hin aussetzen möchten.
Wie wird es dort bald aussehen??? Bange Frage.

Das erinnert mich an unseren Schafehof. Wir hatten damals einen Misthaufen und große Kompostmieten. Laub und Schafsdung mischten wir und brachten nach Monaten die frische, reiche Komposterde wieder unter den Bäumen und Sträuchern aus - mit freiwilliger Hilfe von Kindern aus mehreren Klassen, die begeistert mitmachten. Stall ausmisten, Mist auf den Haufen stapeln, später Kompost wieder verteilen.

So gaben wir den Bäumen ihre Kraft zurück, die sie durch den Abwurf der Blätter verausgabt hatten.
Aber die Schafe waren ja unbeliebt. Nicht bei der Schulleitung, schon gar nicht bei den Kindern. Sie haben die Schafe geliebt! Aber bei den Herrscherinnen des Kleinen Hofes, sie wollten die Schafe weghaben, das ist ihnen ja dann auch gelungen.
Heute wird dort allenfalls Laub weggeharkt, in Riesenbeutel gefüllt und abgefahren. 
Und wovon bitte sollen die Pflanzen leben???

Nebenbei: Es war eine für Schüler/innen wundervoll anschauliche Kreislaufwirtschaft. Die Bedeutung des Regenwurms und anderer Kleinlebewesen wurde sichtbar, fühlbar und --- riechbar! Wie riecht Komposterde, die doch der Kot des Regenwurms ist? Wie frischeste Walderde! Wer das mal gerochen hat, der hat etwas begriffen von dem, was für unsere Zukunft wichtig ist!!! Das vergisst man nicht mehr.
Ach ja, Kompost von gestern.

Trägt man heute auch nicht eher Beton ab? --- Und was das alles wohl gekostet hat...
Wieso ist immer für die falschen Sachen das Geld da?
Fragen einer resignierten Lehrerin. 

Vor zwanzig Jahren wäre ich /bin ich auf die Barrikaden dagegen gegangen. Jetzt muss ich meine Nerven schonen. Ich kann nicht als einzige, als Alte, immer die Kämpfe führen, die eigentlich die Jungen führen müssten.
Und irgendwie hat sich in dreißig Jahren das Bewusstsein über Natur im Alltag überhaupt nicht wirklich verändert und die Menschen haben ihre tatsächliche Eingebundenheit in die Natur und dass sie die Grundlage allen Lebens, auch des unseren ist, immer noch nicht verstanden.
Das macht einfach nur traurig. Schon vor acht Uhr.

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Beim Hereinkommen heute früh: "Tun wir heute wieder Schnecken auf den Tisch?" --- "Die knutschen schon WIEDER!!"



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In der ersten Stunde singen die Kinder mit Julia ein Lied über eine Stubenfliege und sie hören Vogelstimmen. WOW!!! Amsel, Zilpzalp und Stieglitz höre ich, als ich mal kurz den Raum betrete. Schööön!

Aalisha und Amina brauchten ein bisschen Unterstützung beim Zahlenzerlegen. Sie hatten gestern beim Eckenrechnen die ganze Zeit in ihrer Ecke verbracht und waren nicht weitergekommen...




 Schon ganz schön wichtig, das...


Dann hatten die Kinder Sport, eine gute Zeit zur Vorbereitung der nächsten Stunde! Aus dem Naturwissenschaftsraum holte ich unsere zwei Stereomikroskope, Binoculare und schleppte sie nach oben. Probierte sie aus. Und sah ganz nah die glänzende hügelige Schneckenhaut sich bewegen, Fühler mit Augen ganz groß und ein schlundiges Luftloch an der Schneckenseite.

Doch die Kinder kamen nicht, aber eine Nachricht, dass Frau Saling, die Sportlehrerin, mit ihnen eine Stunde länger machte, weil am Montag der Sport ausgefallen war... Nun, es gibt immer etwas in der Klasse zu tun!
Ich bereitete einen Schneckengarten vor.

Morgens hatte jemand gefragt: Können wir nicht alle an einem Tisch sitzen und die Schnecken laufen überall herum? Gute Idee!

Zwischen Abenteuer und Schneckensicherheit musste also ein Kompromiss gefunden werden. Der sah für die sechste Stunde, wo nur die Hälfte der Klasse da war, so aus:








Auf jedem Deckel sitzen zwei Schnecken. Bestimmte Kinder wachen über sie und den Weg, den sie nehmen.
Allmählich kommen Holzteile dazu und die Tabletts wachsen zusammen...




Wieder kommen die Tischlereireste zum Einsatz, sowie ein paar alte Holzhäuschen aus einem früheren Mäuseprojekt.....





Unsere Schnecken sind sowas von agil und lebendig!



 Haaaalllooo!!




 "Darf ich auch mal eine auf die Hand nehmen?"
Da bleibt sie dann natürlich nicht...




Die Schneckenlandschaft nimmt immer mehr Form an. Ein Selbstläufer. Ich selbst übernehme die Rolle der Schneckensecurity. Eine(r) muss das machen.




 Sie schleimt sich voran.




 "Sie fühlt sich entspannt an....." "Kalt." "Sie kitzelt."
Ööööhhhh.....kannst Du sie jetzt mal wegnehmen???




Das Beispiel macht Schule.




 "Den Namen dieser Schnecke kennen wir immer noch nicht." - "Anna, sie heißt Anna!"



 Anna on the road.



 "Eine Polizeischnecke!" "Wieso Polizei?" "Weil, sie hat oben Blaulicht und Rotlicht." (Hat ein Polizeiauto auch Rotlicht?" Egal.)

Ein paar Jungs sind zum Knetetisch gewechselt. Andere müssen auf ihre Schnecken aufpassen.




Alle Brotdoseninhaltsstückchenspenden wandern mit ins Terrarium, auch ein kleines Häuschen, die Schnecken wollen es auch schön kuschelig haben.




Das Interesse ist immer noch da. "Och bitte, müssen wir sie morgen übers Wochenende im Schulgarten aussetzen? Sie haben doch jetzt richtig schön viel zu fressen..."

Ja, man gewinnt sie richtig lieb. Die Kinder sowieso. Aber auch die Schnecken. Es geht mir schon ein bisschen genauso. 

Wir setzen einfach die Polizeischnecke mit dazu. Die passt dann auf unsere Schnecken auf, dass im Schulgarten noch schöne Schneckenstellen übrig bleiben.....

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