Montag, 1. April 2013

Ich hab doch noch Ferien...

Habe lange nichts geschrieben, etwa drei Wochen lang. Das hat mit den Motivationen zu diesem Blog zu tun und damit, dass täglich bloggen/schreiben heißt, gleichzeitig nichts Zusammenhängendes lesen zu können. Ich meine jetzt nicht Zeitung lesen, sondern sich durch eine Sache lesend durcharbeiten.

Happy hours in theory eben.

Durch Twitter kam ich auf ein Buch, das mich sehr tiefgreifend (ja, ich schreib das privat so, das andere sieht einfach bescheuert aus) anfing zu beeinflussen und das mich in sich hineingezogen hat, so dass ich ihm täglich zwei Stunden widmen musste/wollte, also meine ganze freie Zeit.

Da ich privat keine Kinder mehr zu versorgen habe, geht das schon und muss auch möglich sein, denn unsere Zeit verrinnt und je älter man ist umso schneller, und wenn man gehen muss, will man doch wissen, wer man geworden ist und wie es dazu kommen konnte...

Also dieses ist das Buch:


Den Autor kannte ich vorher gar nicht. Aber sein Denken ist sehr klar, redlich und gerade, sanft und konsequent zugleich. "Er war sanft wie alle Radikalen", sagte Wolf Biermann einmal von Rudi Dutschke, und das trifft es an der radikalen Wurzel.

Sein Denken hat Folgen. Dieses hat eigentlich alles Denken, das den Namen verdient. Drum sind viele ja auch so faul in dieser Disziplin.

Es geht da um unsere Zivilisation, die sehr gewaltförmig ist, nach innen wie nach außen, traditionell und aktuell, zu Mensch, Tier, Pflanze und Umwelt und dass wir so nicht weitermachen können. Könnten wir es, brauchten wir mehrere Erden, wir haben aber nur diese eine und sind dabei, sie zugrunde (ja, ich schreibe das privat so, weil...) zugrunde zu richten.

Also, wie gesagt, das Lesen dieses Buches lohnt sich!
Man kann Derrick Jensen auch bei youtube sich ansehen und einen Eindruck gewinnen.

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Gut, das war das eine. Es gab etwas Wichtigeres als bloggen. Das zweite ist, dass man irgendwann, wenn man immer über Sachen berichtet, das ein wenig auserzählt hat und dann kann man auch einmal eine Pause machen.

Der dritte Grund war: Erschöpfung.

Es gibt sicher noch einen vierten und fünften, aber sie fallen mir gerade nicht ein. Heute früh beim Abwaschen wusste ich sie noch.

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Die Ferien sind jetzt schon über eine Woche alt und erst jetzt bin ich so richtig "drin". Manchmal überfiel es mich, dann rollten die Lawinengedanken der noch zu lösenden Aufgaben über mich rüber.....

Oh, die Textzeugnisse, die müssen bis Anfang Juni fertig sein. Davor ist die Klassenfahrt. Davor müssen sie also fertig sein. Zwanzig Textzeugnisse. Von den Notenzeugnissen rede ich gar nicht, das sind zweidrei Nachmittage oder Abende, das geht schon. 

Die muss ich auch noch machen, aber das kratzt nicht so.

Die Texte sind wichtig. Ich habe selbst dafür gekämpft, dass wir sie weiter schreiben. Ankreuzlisten halte ich für unwürdig. Ein studierter Mensch sollte in der Lage sein, einen Text zu verfassen. Besonders, wenn es um andere Menschen geht. Ein Kreuz ist schnell gesetzt. Bei den Kreuzen hast Du auch nur noch die vorgestanzten Kategorien. Ich sag das jetzt mal etwas ungeschützt: Beim Kreuzesetzen ist mir der Nazifaktor zu hoch. Da hast Du viel zu schnell jemanden in eine Schublade getan.

Das hab ich dem Kollegium bei der Diskussion natürlich nicht erzählt. Da meinte ich bloß, dass wir als Lehrer in Europa im Vergleich das meiste Geld beziehen, und da könnte man ja auch einen Anspruch an sich haben. Das kam schon nicht so gut an.
 

Wer selbst schreibt, ist frei zu formulieren. In jedem Text ist der Schreiber auch zu erkennen. Ich will das so. Es ist Teil der Verantwortung, die man als Schreiber beurteilender Texte über andere Menschen hat. Wenn ich Blödsinn schreibe, dann kann der kundige Leser erkennen, dass da ein blöder Mensch was Doofes über einen anderen Menschen hingerotzt hat. Das ist dann nicht so scheinobjektiv, weil der subjektive Faktor nicht ganz ausgemerzt ist.
Darauf lege ich Wert, wissend, dass ich damit quer zu den derzeit herrschenden Tendenzen im Schulwesen stehe. Scheinobjektivität. Quantifizierung des Qualitativen. 

RankingsVergleichsSchulinspektionsGrauen. STOP!

Für meinen Einsatz für die Textzeugnisse wurde ich später im Kollegium von einzelnen stark angefeindet. 

Früher haben wir die Texte als Briefe an die Kinder geschrieben! Als Briefe! He! Auf dem Zeugnisformular! Mit Du! Das war schön! Das half beim Formulieren. Das ist lange her! Das war nicht an jeder Schule so, aber an unserer. 

Nun geht das nicht mehr. Alles ist geregelt. Nur das Schreiben der Textzeugnisse hat noch ein paar kleine Freiheiten zu "bieten". Die möchte ich nutzen.

Es ist wichtig zu schreiben, wo die Stärken des Kindes liegen. Wo es mit ihm hingehen kann. In welche Richtung. Wo es auf die Tube drücken sollte. Wenn Lehrer an mir als Schülerin etwas bemerkten, war das für mich immer sehr prägend und entscheidend. 

Nur hat meist nie einer etwas an mir bemerkt. Nur einmal,  Dr. Heislbetz, unser Lateinlehrer, er stellte eine Frage, die ich nicht mehr weiß, ich antwortete etwas, worauf er sagte: 

"Minna, Sie haben ja eine philosophische Ader!" 

Das war das Beste, was mir in der Schule je passierte. Er war Doktor der Philosophie, Herr Dr. Heislbetz.

Um also etwas über einen Schüler zu schreiben, muss man vordem etwas an ihm bemerkt haben.

Bei mir ist es oft so wie eben mit den Gründen. Ich bin bei irgendeiner Arbeit, spülen, kochen, spinnen, stricken, Aquarium reinigen, irgendsowas, und habe die allerallerbesten Gedanken und zwar schon spruch- oder schreibreif, im Zusammenhang.

Dann setze ich mich später vor ein leeres Blatt Papier und...Nix. Alles weg.

Das Schlimmste für die Textzeugnisse ist - natürlich würde ich lieber noch ganz andere Texte schreiben - das Schlimmste ist, wenn einem die Zeit wegrennt und man soll über einen anderen Menschen etwas formulieren. Das ist so mega-unproduktiv als Situation, das mag ich mir gar nicht vorstellen. Da bekomme ich gleich Magen-, Kopf- und alle anderen Schmerzen dazu.

Also hatte ich mir gedacht: In den Osterferien. Du machst das in den Osterferien! Du bist diszipliniert. Jeden Tag zwei, und an den Wochenenden hast Du frei.

Eine leise Stimme meldete sich: Hey, aber...das sind doch meine Ferien, wie will ich denn entspannen, die Schule mal loswerden, wenn ich jeden Tag.. 

Ja, GEHT es denn anders?!! sagt die andere Stimme.

Also fünf Arbeitstage in den Ferien, die sind schon mal weg jetzt. Da ist nichts passiert.

Die Disziplinstimme ist ausgetrickst worden, ich habs einfach vergessen, weil ich die freie Zeit so genossen habe, und wie sehr....................minimalistische Tage...................Nichtstun...........aufmerksam sein  wenig tun.......................sehen......gehen.......leben und leben lassen..............................................  :)))

Vier habe ich noch. Morgen aber fahre ich mit zwei Schülerinnen zu den Schulschafen nach Brandenburg. Das ist auch nicht ganz privat...Die wollten das, sie haben mich gefragt, und...nun machen wir das eben. Ich freu mich drauf. Da können sie nach Lust und Laune die Schafe knuddeln. Und Alma wird sich freuen!!! Freuen wird sie sich! Sie langweilt sich auf der Wiese zu Tode, mit Fressen und Kauen ist sie intellektuell total unterfordert, bore-out sozusagen.


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Vor zwei Tagen hatte ich einen guten Moment.  Ich kramte mein altes Kassettengerät raus. Kannst Du doch auch mit dem iPhone machen, dachte ich, Sprachmemo. Aber irgendwie misstraue ich diesem ganzen Datenkram. Meine Worte auf dem Kassettengerät, die sind wirklich noch ganz bei mir.

Für sechs Schüler habe ich einfach so das Arbeits- und Sozialverhalten mündlich skizziert. Morgens. Ungeplant. Es ging ganz leicht und schnell. Ich wette, das hilft, den ersten Schritt so zu machen. Aber dann ging es komischerweise nicht weiter.

Eine Mathearbeit liegt da noch, zwei Lernkontrollen warten aufs Konzipiertwerden, Unterricht vorbereiten, ja klar, müsste auch sein, und FUCK! - die Projektwoche im April! 

Ich hör jetzt mal auf.  Das zieht jetzt zu sehr runter. Ich hab doch noch Ferien...

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