Sonntag, 2. März 2014

Verliebte Zahlen, Geduld und Kämpfe gegen Nebelwände

 Liebe LeserInnen dieses Blogs!

Auch einmal wieder etwas zum Alltag in der Schule schreiben! Schön! Manches ist durch die Aufregungen der letzten Zeit etwas ins Hintertreffen geraten.

Zu den Aufregungen gehörte die Schulinspektion und das kräftezehrende Drumherum, aber auch die Pflege des kleinen Kellerkaters, den wir vor sechs Wochen aufgenommen haben, und der, wenn mein Mann ihn beim Vorübergehen an der Schule am Sonntagabend des 12.1. nicht gehört hätte, wahrscheinlich verschmachtet wäre.

So haben wir ein traumatisiertes Kätzchen aufgenommen - zu unserer anderen Katze Schnee, die vor vier Jahren fast leblos bei minus 10 Grad am 1.3. in einem der Holzhäuser unseres kleinen Pausenhofes lag....und die auch keine einfache Persönlichkeit ist.

So etwas schlaucht zusätzlich, denn natürlich wollte und will Schnee nicht ihr Leben mit ihm teilen.

Gar nichts möchte sie teilen, und Oskar Kellermann, begeistert, jetzt ein eigenes Zuhause zu haben und nicht mehr Straßenkäterchen zu sein, kann gar nicht verstehen, dass sie ihn nicht mag....

Er lebte in seinem bisherigen kurzen Leben in Höfen und ist irgendwie in den Keller hineingeraten.

Es gab keine Plakate, die nach ihm suchten....

Wir müssen ihn jetzt erst einmal so aufbauen, dass er auch fähig ist, in einem neuen Zuhause zu leben. Das schlaucht zusätzlich, ist aber auch sehr befriedigend, denn Oskar ist ein Strahlemann.

Was war noch so in der letzten Zeit?
Wir sind jetzt in der ersten Klasse ein halbes Jahr zusammen.

Unser zweiter Elternabend verlief sehr angeregt und harmonisch, das war nicht so eine scheintote Veranstaltung, wie man das sonst so kennt.

Unsere Elternvertreter hatten ihn vorbereitet, die Eltern hatten ein paar Snacks und Getränke mitgebracht und so sprachen wir von 18 Uhr bis fast 21 Uhr miteinander...

Überhaupt die Gespräche. Ich finde sie so sehr wichtig. Gespräche mit den Kindern, aber auch mit den Eltern. Sie dauern mindestens eine dreiviertel- wenn nicht eine Stunde. Dann haben wir das Gefühl, für den jetzigen Zeitpunkt ist alles gesagt.

Mir sind diese Gespräche elementar wichtig. Für die eigenen Beobachtungen kommt sozusagen "Fleisch auf die Knochen", Hintergrundwissen, Biografisches, Beobachtungen, Erfahrungen der Eltern mit ihrem Kind, so dass sich ein viel breiteres Feld für Verstehen eröffnet als das vorher der Fall war.
Das finde ich schön.

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Irgendwann haben wir in der Klasse unsere Kunstmappen geordnet und alle Bilder, die so herumlagen, hineingelegt. Die Kunstmappen haben außen eine Schleife - Ha!!

Ich sage also: "Und jetzt bindet mal jeder diese Schleife zu!" Irgendwie ein bisschen gemein. Aber trotzdem. Am Anfang der ersten Klasse hatten wir das Thema Schleifen schon einmal. Sechs Kinder konnten es.

Dann geriet das Thema in Vergessenheit und tauchte mit den Kunstmappen wieder auf.

Charlotte meinte: "Ich kann jetzt auch die Schleife binden."- "Wie hast Du es gelernt? Wer hat es Dir gezeigt?" - "Ich habe es mir von Aimée zeigen lassen!" WOW!!! Ein Sternmoment im Lehrerdasein! Sie hat die Anregung ---- öööh...............

 Störfaktor Oskar Kellermann


Schnell die Klappe zugemacht, denn Oskar ist ein begnadeter Tastenläufer. Warum er im Schulblog vorkommen darf? Weil er ein Schulfindling ist wie Madame Schnee auch vor vier Jahren.


Verschiedener als die beiden kann man wohl kaum sein.



Ohne die Schule wären sie jetzt nicht hier, daher dürfen sie hier auch einmal auftauchen. Es gibt noch einen Schulkater. Er heißt "Pinsel" und wurde von einer Erzieherkollegin "adoptiert". Er hat es heute sehr gut und ihre Katze verträgt sich gut mit ihm.

Tauchen Findelkatzen auf Schulhöfen öfter auf als anderswo? Werden sie bewusst dahin "entsorgt"?

Oskars Schicksal ist noch nicht so ganz klar. Wir drücken ihm die Daumen. Er hat ein schönes Angebot für ein richtiges Zuhause, aber er muss noch den weiten Weg des Vertrauenfindens vorher ein Stück mit uns zusammen zurücklegen. Er ist zu leicht irritierbar, hat eine gruslige Angst vor Hunden und seine künftigen Leute haben einen großen Hund....
Es wird sich alles finden. Geduld kommt von dulden. Eine wichtige Eigenschaft.

Habe ich hierüber nicht vorhin etwas gelesen? Geduld als hilfreiche Eigenschaft für einen guten Lebensweg?

  Ungeduld ist Verhaltensforschern zufolge höchst schädlich. Wer immer alles gleich sofort will, erhält am Ende weniger. Selbstdisziplin zahlt sich aus.


Doch mal zurück zum Unterricht: Wir haben auch einen schönen Geburtstag gefeiert. Noemi wurde sieben Jahre alt. Sie lud Kinder zu ihrem Geburtstag ein und ihre Mama hat einen wunderschönen Kuchen gebacken, der uns allen so gut schmeckte!

Vorher ließen wir Noemi hochleben. "Hoch soll sie leben....Dreimal Hoch! Hoch! Hoch! Die Kräfte beim Hochheben waren wohl etwas ungleich verteilt.



 

 

Danach machten wir uns über Noemis Igelkuchen her.

Ach ja, die Schleifen - am Freitag auf dem Schulhof dieses Bild: Johannes bindet Alina die Schleife!! "Ich hab mit meiner Mama geübt", sagt er stolz, "und jetzt kann ich es auch."
Das ließ ihm keine Ruhe, dass er es damals noch nicht konnte. So muss es sein! Ein schöner Moment!
 


Wenn Kinder anfangen, sich selbst um etwas zu bemühen, dann freut sich das Lehrer- und wahrscheinlich auch Elternherz! 

Was gab es noch so?




Den Kampf um das Zerlegen der Zahlen....Den kämpfen wir seit einigen Wochen und die Voraussetzungen sind sehr ungleich verteilt.

Es gibt Kinder, die haben das sehr schnell verstanden. Sie arbeiten selbsttätig weiter.

Sie saßen als Gruppe im Freizeitraum und arbeiteten an diesem Blatt:


1 (roter) plus 5 (blaue) sind gleich 6
2              +  4              =            6
...usw...

Hier kann man sehen, dass der Schüler das Zerlegen beherrscht. Bei der "6" und der "4" ist es gut gelöst. Die grafische Darstellung und die Rechenaufgabe stehen nebeneinander und passen zueinander. Zwei Darstellungen des gleichen Sachverhaltes, die sich aufeinander beziehen.
Doch: Bei der "5" und der "10" ist diese Entsprechung nicht mehr vorhanden.
Das ist nicht besorgniserregend. Man dürfte froh sein, wenn jede(r) Schüler(in) es so darstellen könnte.

Klarer in der Bild-Rechenaufgabe-Entsprechung, wenn auch grafisch nicht so schön dargestellt, aber richtig, ist diese Lösung:





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Nach mehrfacher Beschäftigung damit, vorher war es mit blauen und roten Plättchen gewesen, hatten es nach einer sehr intensiven Stunde gerade einmal neun Kinder von 25 verstanden....ein pädagogisches Waterloo, das zu erleben nicht schön war und für das ich mir mehr Geduld bei mir selbst gewünscht hätte.


Warum, fragte ich mich, warum erkennen so viele Kinder das Prinzip nicht, trotz gemeinsamen Plättchen-Umlegens, trotz gemeinsamer Tafelarbeit... und mein Schluss daraus war, dass nur wenige Kinder der ganzen Sache UNGETEILTE Aufmerksamkeit zuwendeten.

In solchen analytischen Situationen kann man nicht ein bisschen aufpassen, man muss alles Andere wegschieben und die ganze Aufmerksamkeit, wenn auch kurzzeitig, ausschließlich auf dieses Eine focussieren.

Wem das gelingt, der hat es dann verstanden. Ich habe also durch Umsetzen, durch etwas ruppiges Dazwischenfunken bei Seitengesprächen, versucht, die Sache in den Mittelpunkt zu rücken und dort zu halten.

Es gab dann AHA!-Erlebnisse und furioses Weitermachen bei einigen Kindern, die ungeheuer stolz darauf waren, nun das Prinzip verstanden zu haben und die Dinge selbst entwickeln zu können.

Aber durch welche Anstrengung mussten wir im Klassenraum erst hindurch, während "die anderen", die es längst verstanden hatten, im Nebenraum in Ruhe ihre Aufgaben weiterführten! 

Man musste richtig Nebelwände wegarbeiten, um ungeteilte Aufmerksamkeit zu erhalten. Kinder auseinandersetzen, die immer voneinander abschreiben und somit stets die gleichen Fehler haben... 

Die eine war dann ganz schnell auf der Spur, die andere träumte nun allein weiter, bis ihr eröffnet wurde, dass sie in der nächsten Stunde so lange nicht spielen darf, bis sie das abgearbeitet hat....Dann funktionierte es bei ihr auch.

Das war ein richtiger Kampf! Es hat aber nach meiner Anschauung auch Verbindung zu dem unangenehmen Phänomen, dass seit Beginn der Schulzeit das gemeinsame Anstellen, sei es während Ausflügen, sei es zum Essengehen, ein unglaublich anstrengender und Nerven und Zeit raubender Prozess ist.

Wir dringen gar nicht richtig durch, weil einige Kinder, etwa ein Drittel die Regeln ignorieren, an der Wand lehnen, mit den Freunden reden und überhaupt nicht auf die Gruppe und das, was wir tun, ausgerichtet sind.

Ich habe noch keine Gruppe erlebt, in der das IMMER so schwer war! Das setzt natürlich den Nerven der Erwachsenen sehr zu, verbraucht viel Zeit und nervt auch die Kinder, die sich von Anfang an an die Regeln gehalten haben.

Wir müssen also auch mal kurz und knapp Folgen solchen Verhaltens einführen, z.B. dass man beim nächsten Ausflug nicht mitdarf. Hier wirkt einmal konsequentes Handeln mehr als 1000 Worte.



Diesen Kasten habe ich beim Lehrmittelverlag erstanden. Noemi hat damit gearbeitet und fühlte sich danach sicherer. Ein schönes Lernmittel!

Er zeigt das Ergänzen der Zahlen zum Zehner, die "verliebten Zahlen", die immer zusammensein wollen: 9 und 1, 8 und 2, 7 und 3 usw.
Das muss alles automatisiert und "wie aus der Pistole geschossen" kommen, wenn man bei der Zehnerüberschreitung nicht die ersten Ausfälle haben will.... Also, wir sind dran und bauen vor.

Aber auch zu Hause kann man das unterstützen, indem man die "verliebten Zahlen" zwischendurch mal abfragt oder andere Zahlen bis 10 zerlegen lässt, die Finger darf man auch immer zur Hilfe nehmen.

So, und jetzt - warten diese Teile noch und wollen auch noch angeguckt werden:


Na, dann noch allen einen schönen Sonntag!  ;))

Eure Minna 



Dieses schöne Schäfchen sah ich beim Nachhausegehen
am Freitagnachmittag in der Gneisenaustraße 
an einer Hauswand Ecke Zossener.

Das Haus wurde vorher außen renoviert,
dann brachte man die schönen Schafbilder,
die jahrelang schon dagewesen waren,
wieder an.

Das baut auf, wenn solch schöne Détails
gesehen, geschätzt werden 
und dann erhalten bleiben.
Mich jedenfalls.

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