Mittwoch, 18. April 2012

Mittwoch, 18.4.12 Willkommen in Bitterland

Heute war ein ganz entspannter Tag. Für mich jedenfalls. Zuerst heute morgen sprachen wir über das, was gestern war und was gesagt werden musste. Dann lasen wir zwei Kapitel im "Friedrich", es ging um die gelben Sterne. Ich erzählte von den sog. "Konzentrationslagern", den Transporten im Viehwaggon, den Arbeitslagern. Jorge Semprun hat über den Transport, die Reise nach Buchenwald geschrieben, das hatte mich sehr schockiert damals beim Lesen. Als ich heute erzähle, von den Sammelplätzen in der Stadt, den Märschen zu den Bahnhöfen und diesen anderen Dingen, da ist es in der Klasse ganz ruhig, sehr ruhig. Die Kennzeichnung mit dem gelben Stern als "Jude", öffentlich, in dem jahrelangen Klima der Abwertung und Entmenschlichung, was das bedeutete, ich glaube, davon ist den Kindern ein Eindruck entstanden. Das zeigte ihr Schweigen während des Berichtens.
Ich finde es schön, dass sie sich erreichbar zeigen. Es gibt mir Hoffnung.
Wir haben danach besprochen, was jeder handwerklich zum Schulfest herstellen könnte, wie man das gestaltet und wer mit wem welches Vorhaben anpacken will. Da wir für andere Menschen etwas herstellen, steht nicht so sehr das eigene Erlebnis im Vordergrund. Für manchen ist das schwer zu begreifen. Wir müssen auf Bekanntes zurückgreifen, das heißt, wir beschränken uns zunächst  auf reine Laubsägearbeiten. Das können wir schon.


 Selenas Entwurf für ein Ländermemory

Cherry will ein Schlüsselbrett herstellen. Auf dem Schlüsselbrett sollen viele verschiedene Schlüssel zu sehen sein. Also schaut sie sich im Netz Bilder von Schlüsseln an.
Der Computer war umlagert, um Vorlagen und Ideen zu zeigen. Leider war der Computerraum nicht offen. Fereba meinte, es gäbe in D schon eine Klasse, wo die Schüler mit iPads arbeiteten. "Aber eine schöne Handschrift wollen wir doch noch, oder?", fragte ich, und es wurde bejaht. "Dann schreibe mal einer einen Brief an Apple und frage nach, ob sie uns mit iPads ausstatten, das ist doch auch eine tolle Werbung für sie", meinte ich noch dazu. Fragen kostet nichts. Doch niemand reagierte.
Mario will ein Schlüsselbrett sägen, es soll ein Zentaur drauf sein und dazu schaute er in den Computer. So etwas kann man schlecht aus dem Kopf zeichnen. Doch Mesut und Ali saßen kurz darauf davor und suchten Informationen für ein Automemory, das sie herstellen wollen. Mario sagte, er habe das Feld geräumt, weil er könne nicht unter Zeitdruck arbeiten. Verständlich. Sie hatten es also mal wieder geschafft, so viel Druck aufzubauen, dass er resignierte..Otti, unser 28-jähriger Lesepate kommt. Er ist Doktorant und hat in unserer Klasse einen Fanclub von 20 Leuten. Nach der Pause spielt er unten mit den Jungen Fußball. Ich finde, das muss mal sein dürfen, weil die Jungen chronisch unterversorgt sind mit Personen ihres eigenen Geschlechts. Doch nach kurzer Zeit bringt Otto Mario und Mesut nach oben. Sie hatten Streit bekommen und, koste es, was es wolle, ihn ausfechten wollen.
Sie müssen rechtschreiben. Mal was Ordentliches machen. Selena schreibt mit Cherry etwas für das Klassenblog, Cherry schreibt etwas für ihr eigenes Blog, Anna schreibt ebenfalls, Lilly und Sally wollen ein Hörspiel aufnehmen. Sie machen ein paar Aufzeichnungen mit dem Sprachmemo und schreiben es anschließend auf. Es soll ein dialogischer Text werden. Er heißt: "Willkommen in Bitterland."
Sie sind unglaublich fleißig und man merkt, wie viel Freude es ihnen macht. Fereba, Emmely und Geli sind auch draußen und genießen das schöne Wetter, Selena stickt an einem Lesezeichen. ich bereite Stoffbeutel vor für die Holzsachen, die auch noch genäht werden müssen. Alles in allem ist es ein wunderbar entspanntes Tun, Emmely ist sehr entspannt heute, sehr ernsthaft bei der Sache, freundlich, zugewandt. Sie sitzt jetzt neben Fereba, und beiden gefällt das. Das Gespräch gestern hat anscheinend zunächst einmal etwas Druck weggenommen und es sieht nach etwas Öffnung für die unterrichtlichen Dinge aus. Weil Emmely so entspannt war, habe ich sie auch eine Zeitlang unten spielen lassen. Alle drei haben es sehr genossen, das merkt man, als sie hochkommen.
Messi kommt vom Fußball nach oben, merkt, dass er jetzt Sport hat und schreit entsetzt :"Nein, ich hab doch schon so lange Fußball gespielt!"
Später spricht Otti noch mit mir, weil Ali ihn wohl recht stark provoziert hat. Er will nicht, dass Ali sich abwendet, aber so respektlos will er auch nicht behandelt werden. Ali hat auch Bastian geärgert. Man konnte ihn schon oft dabei beobachten. Vielleicht ist es morgen bei der Besprechung ein Thema.
Dann sind vier Stunden um. Ich reinige noch etwas das Klassenaquarium, damit es die Fische nicht zu schwer haben.
Im Wollraum nehme ich mir die noch feuchten Handyhüllen mit, um sie zu Hause weiterzufilzen. Nächste Woche würden sie riechen, das darf nicht sein.
Dann ins Auto gesprungen und zum Baumarkt gefahren, Sperrholz und Sägeblätter gekauft.
Damit wir morgen mit dem Holz loslegen können.
Ach ja, Erzieherin Gabriele war noch gekommen und hatte Fereba, Emmely und Geli zum Teigmachen für eine Nachmittagspizza mitgenommen. Das beruhigt mich im Nachhinein. Sie haben außer dem Draußen-Spielen auch noch Teig gemacht...
Hier ist der Text:



Dialog
Willkommen in Bitterland !!!!!
Szene 1: In der Bibliothek
Helena: Was für ein Buch wollen wir nehmen?
Lucy: hmmm…… Vielleicht ein abenteuerliches ?
Helena: Oder lieber ein magisches?
Lucy : Nee,….. Ich mag keine magischen Bücher, mir währe lieber ein abenteuerliches Buch!
Helena: Wie wäre es denn wenn wir zwei Bücher ausleihen würden? Es wäre zwar viel Arbeit, doch wir könnten sie dann zusammen tun als wäre es eine Geschichte! Das wird  der Lehrer lieben! Was meinst du?
Lucy: Na,ja gute Idee, dass währe echt toll. Das wird bestimmt ein super Refarat . Wir bekommen bestimmt eine 1 oder eine 1- .
Helena :Aber die Zicken die da auf uns zukommen bestimmt nicht!
Lucy : Oh gott…. was für  Zicken .
Helena: Rutsch mal.
...
Geschrieben von : Lilly undSally
Schauspieler : Lucy - Lilly    Helena-Sally

Das Mädchen aus der 6. Klasse, mit dem ich gestern aneinandergeraten war, kam heute und wollte sich entschuldigen. Ich war gerührt und möchte ihren Eintrag löschen. Nehmen wir einmal an, sie hiete sich nun daran, dann gibt es doch keinen Grund, sie zu bestrafen. Und falls nicht, bekomme ich das sicher auch mit.
Sicher hat der Kollege darauf hingewirkt, dass sie kommt. Es gab mir aber ein gutes Gefühl, dass es sich jetzt so entwickelte. Morgen nehme ich Tipp-Ex mit und lösche diesen Eintrag weg.


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