Dienstag, 9. September 2014

Wir konnten alleine ganz lange auf dem Weg gehen.

Eigentlich wäre es ganz schön, unsere Morgengespräche auch einmal zu würdigen. Manchmal besprechen wir Vorkommnisse, die so nicht stehenbleiben sollen:

Bei einem Kuscheltier, einem Schaf, fehlt ein Horn, einem anderen war schon das Bein abgeknickt worden. Mutwille? Keiner war es gewesen. 
Amina will das Horn zu Hause annähen. DANKE!!

Manchmal erzählen Kinder vom Wochenende. Dann entwickelt sich manchmal ein Thema, etwas, das schon Gegenstand des Unterrichts war und jetzt Erweiterung und Vertiefung findet. Manchmal singen wir auch gemeinsam. Zum Beispiel derzeit das Lied vom musikalischen Wasserhahn...

Klaus Hoffmann Der musikalische Wasserhahn 

Dieses Video war leider das einzige ohne Werbung vorher oder im Hintergrund auf der Bühne.......

Eigentlich schade, dass das abweichende Verhalten des musikalischen Wasserhahns, das alle Küchenbewohner so sehr entzückt, dann vom Klempner ausgebremst wird....
Soviel zur Kreativität.

Am Freitag war es heiß, die Kinder entdeckten Schnecken im Garten beim Hof, denen sie Wasser zukommen ließen, damit sie nicht vertrockneten.

"Wir haben ihnen ein Gartenparadies mit Blättern und Wasser gemacht und einem Häuschen für Schatten und haben sie vorher auf einen Stein gelegt. Wenn sie nicht weglaufen, dann wissen wir, sie sind tot."

Genauso mache ich das mit den Wasserschnecken im Aquarium auch immer....

"Warum kleben sie sich da  fest?" An Mauern, Bäumen. Sie schonen ihr Wasser, damit sie schleimig bleiben können, indem sie durch das Festkleben vorne dichtmachen.  Also drankleben lassen.
"Wir wussten, dass sie auf Regen wartet."

"Am Wochenende waren wir in einer Datsche an einem See. Wir haben im See gebadet und das Wasser war eisig." -"Wir wollten gar nicht weg. Ich hatte das Gefühl, das Wochenende war wie Ferien."
"Wir sahen viele Schnecken. Das Wasser im See war kalt. Es gab viele Fische." - "Wir konnten alleine ganz lange auf dem Weg gehen und haben Äpfel gemopst." (In Brandenburg gibt es viele Obstbäume an Wegen.)
"Da wuchsen (Hach, Charlotte....!) auch Brombeeren, davon konnten wir essen, und wir haben frische Eier bekommen, die durften wir essen. Abends gab es Stockbrot. Wir haben viele Wildgänse und Kraniche gesehen. Manche waren ganz nah."

"Ich freue mich auf die Hochzeit." -"Heiratest Du?" -- Großes Gebrüll. "Ich lach' mich tot!", schreit Pavel und schmeißt sich auf den Boden. (Sie ist das, was man früher eine Brautjungfer nannte.)

Ich zeige die Heuschrecke, die ich am Samstag tot im Schafe-Wassereimer fand: Na, was ist das? "Ein Schmetterling!"

Wir sprechen über die Heuschrecken, jemand hatte am Chamissoplatz eine Libelle (?) gesehen und über Feuersteine, klopfen sie aneinander, schnuppern daran. Es riecht verbrannt. Nebenbei trainieren wir noch zusammengesetzte Namenwörter: Feuerstein, Heuhüpfer.



Julia ist im Unterricht dabei. Sie bittet die Kinder, jede(r) einen Stein zu suchen, der in die Hand passt, mit glatten Flächen, zum Bemalen. Für die nächste Kunststunde.

Heute haben wir nach dem Kreis und dem Frühstück zuerst am "Sch" weitergearbeitet und nach der Pause die Klasse aufgeteilt. 

Julia ließ in den Rechenheften die Kinder weiterarbeiten, die die Zahlen bis 20 schon verstanden haben, ich vertiefte mit den anderen Kindern die Einführung des Zehnersystems von letzter Woche. Es ging um die Bündelung zum Zehner und die Schreibweise in der Tabelle.
Wieder verstanden es einige mehr.... Die kleine Lernkontrolle am Freitag hatte gezeigt, dass es noch nicht so recht "saß".

Im Klassenraum drüben war es sehr ruhig und konzentriert, hier auch. Die Zeit war gut genutzt.
Wir müssen jetzt ein bisschen Gas geben, damit wir gut vorankommen!

Zwei Kinder hatten eine Förderstunde in Deutsch gehabt. Aissa kam danach mit den Worten zurück:
"Ich war schneller als Furkan!" - "Warst Du selbst schneller als gestern? Das wäre schön!!"


Es ist schon blöd. Der Kapitalismus "lebt" vom Vergleich des Unvergleichbaren und schafft so andauernd falsche Anreize: Vergleiche ich mich mit mir von gestern, ist das angemessen und führt zum Fortschritt. 

Vergleiche ich mich unmittelbar mit anderen, die ganz andere Voraussetzungen haben, führt das nur zu falschem Triumph oder unangemessener Scham.
Ich mag Wettbewerbe nicht.



"Zum Ziele einer gerechten Auslese lautet die Prüfungsaufgabe für alle gleich:
Klettern Sie auf diesen Baum!" 


Dann war Musik. Eigentlich hätte ich nun unterrichtsfrei gehabt. Aber. Heute früh im Morgenkreis haben wir Orakel gespielt. Wir schauten in die Zukunft, in die vierte Stunde. Wie das nun werden wird. Dabei hatten einige Kinder sehr klare Bilder vor Augen.
Das Resultat war: Vier Kinder blieben in der Klasse und rechneten, anstatt dabei zu sein. Sie kamen ein Stück weiter, die anderen gingen zu Musik und hatten eine wunderschöne, ruhige und genussvolle Musikstunde, wie sie später erzählten.

Eine Tat sagt mehr als tausend Worte. Man wird sehen, wie es beim nächsten Mal läuft, wenn sie wieder dabei sind.

Ich hatte eigentlich alte Bilder ab- und neue aufhängen wollten, aber ein kleiner Schlimmling, der zur Zeit alle Regeln reißt, "Darf ich aufs Klo?", blieb ewig weg und veranstaltete auf der Toilette eine Wasserspritzorgie mit zwei Sechstklässlern und ich dachte:"Du musst mal mit ihm sprechen. WARUM ist das seit zwei Wochen so?"
So verging diese Stunde. 
Ein paar Mathe-Lösungsblätter konnte ich aber noch herstellen.

Okay, dann eben die Bilder etwas später..... Fail. Die eine Religionslehrerin hat keinen Raum mehr. Sie muss in der Klasse unterrichten, wie ab jetzt immer. Also die Leiter wieder runtertragen, fast umsonst geholt...und selbst musste ich auch raus.
Blöd. Hat mir die Lust genommen.

Geht das überhaupt? Religionsunterricht ohne einen Raum dafür? Wieso nehmen wir eine zweite Deutschklasse auf, wenn dadurch andere Lehrer in der Luft hängen?? Ist der Raum, den man gestalten kann, der eine gewisse Ausstrahlung hat, nicht ein wesentliches Element von Unterricht?? Jede Stunde woanders hin?? Sie ist nicht zu beneiden.

Wir sind ein Schwellenland, wir  geraten immer mehr in Bereiche unterhalb  einer Schwelle, wo das alles noch nachvollziehbar, sinnvoll und verständlich ist. Aber man muss schon dankbar sein: Immerhin war der Boden heute früh gefegt.

An diesem Tweet gefiel mir der zweite Satz:



Unser prima Hausmeister ging vor acht Uhr mit Stift und Schreibblock von Klasse zu Klasse und notierte sich den Reinigungszustand der Räume....lasst uns bitte diesen Mann behalten!!!

Nun, aus dem eigenen Klassenraum war ich  nun exiliert, nahm es als einen Wink des Schicksals und verzog mich nach Hause.

Dort noch Anruf beim Logopäden, der mal in den Unterricht kommen möchte. "Übermorgen?" 
Zwei Kinder sind bei ihm, er möchte sie mal in der Schule sehen. Auch recht.

Arbeit wartet noch genug: Zwei Lernkontrollen zu Ende korrigieren, das Mathematerial für die 2. Klasse bestellen, im Förder- und Klassenbuch eintragen, das neu eingenommene Geld der Klassenkasse berechnen, die Hälfte für Luisa abpacken, unsere Erzieherin, habe schon wieder mindestens fünf Punkte für den neuen Elternbrief, ööhhhh, von wirklich nachhaltigen Unterrichtsvorbereitungen mal gar nicht reden....Ich komme mit dem Klassenraum nicht weiter, alles liegt rum, die Kästen brauchen Beschriftungen, die Webrahmen müssen neu bespannt werden und irgendwo abgelegt..wowowo?
Die Pflanzen gammeln vor sich hin.....

Die Elektrosachen auch geordnet und vorbereitet, den Geburtstagskalender hab ich noch nicht fertiggekriegt, NICHT  VERGESSEN: Zwei Geburtstagsbücher kaufen!!!!! Das Shoeboxzimmer döst noch vor sich hin.....
Die didaktischen Kommentare zu meinem Unterrichtsmaterial auch noch nicht gelesen, die Lernspiele noch nicht geordnet...es könnte sicher noch weitergehen, wird aber etwas zu bluesig jetzt.

STOP!

P.S. News von der anderen Seite : Ich erhielt ein kleines selbst gebasteltes Schaf geschenkt. <333

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen