Samstag, 12. September 2015

"Viel Spaß"

So, die Klassenreise ist beendet. Alle Kinder sind wieder gesund, wenn auch etwas müde, zu Hause angekommen.

Beim letzten Frühstück ein schönes Gespräch am Tisch über "früher"! Hallo, Ihr verfügt schon über einen Sinn für Eure eigene Geschichte, Ihr habt schon ein Stück eigene Geschichte und beginnt, miteinander darüber nachzudenken, was "früher" war, wie es jetzt ist....

Das ist großartig. Ich freu mich auf Euch und das neue Schuljahr!!!!

Die letzten Posts waren mehr als Elterninfo gedacht. Es gab keinen Handyempfang im Umkreis der Jugendherberge und auch nicht im Haus. Wir haben kaum mehr Festnetznummern von Eltern, die wir anrufen, in Zeiten von Flatrates geht fast alles übers Handy und damit die Eltern sich nicht Sorgen machen, bekamen sie Informationen übers Blog, wo es ging.

Normalerweise hat das Blog für mich aber eine andere Funktion: Es soll ein wenig das eigene pädagogische und berufliche Handeln reflektieren, denn ohne Nachdenken übers Handeln wird das Handeln ziellos und ist für mich nicht im emphatischen Sinne menschlich, in dem Sinne, dass man als Mensch alle seine Potenziale nutzt und Reflexion ist für mich in diesem Sinne unverzichtbar.



Sauerklee, Waldklee.
 Kann man essen.

Die Handlungsdichte in der Woche der Fahrt war so immens und groß, dass Reflexion nicht möglich war, nicht im Ansatz möglich war, und so hatten diese letzten Texte für mich persönlich nicht den Wert, den die anderen Texte manchmal für mich haben. Dass es gelingt, dass sich Einzelfakten fast selbsttätig zu einem Gedanken bündeln, wenn sie den Raum dazu bekommen, den man auch Muße nennt, dass etwas Neues entsteht, das einem schlüssig vorkommt - und mit diesem Gedanken im mentalen Gepäck kann es dann weitergehen, das ist im Sturm aktueller Erfordernisse jedenfalls mir nicht im Ansatz möglich.

Das wichtigste Ergebnis der Fahrt: Alle sind gesund wieder zu Hause angekommen. 
Dann: Jede/r hat seine Potenziale ausgeschöpft, Neues entdeckt, in der Welt draußen, in der Natur, in sich selbst, in und an den Menschen in der Gruppe. Das gilt für die Kinder und auch für uns Erwachsene.




Feuer entzünden ohne Streichhölzer - 
der schwere Weg 
mit Feuerstein und Metall.

Eine solche Reise ist herausfordernd. Neues verknüpft sich mit Bekanntem oder Vormals als bekannt Angesehenes verknüpft sich auf eine neue Weise. Man entdeckt neue Aspekte, es formen sich neue Schlüsse, man erweitert sich.

All das wartet auf uns in der Schule. Wir werden die Fahrt auswerten. Die neu erworbenen Kenntnisse, die Erfahrungen, die wir machten, was uns verändert hat, vielleicht ein bisschen. 




Ist die Hütte regendicht?
Sturm- und erdbebensicher?

Erfahrungen verändern. Erlebnisse nicht.
Er-fahren. Es steckt das Wort fahren darin, herausgehen aus dem Vertrauten. Das ist verknüpft mit dem Griechischen, wo er-fahren mit Seefahrt und ihren Ge-fahren verknüpft war, aber auch mit dem Entdecken von Neuem, das mich, wenn ich Erfahrungen zulasse, verändert.

Auf diesem Hintergrund habe ich einen großen inneren Widerwillen gegen das Wort "Spaß". 

"Spaß", "bespaßen", das ist ein Wortfeld, das der Erfahrung entgegengesetzt ist.

Das Wort "Freude" gefällt mir besser. Ich habe nichts gegen Lachen, Witz und Freude, wohl aber gegen "Spaß", fun.

"Unendlicher Spaß" ist der Titel eines Romans von David Foster Wallace. Spaß ist eine sehr harte Sache.
"Fun ist ein Stahlbad", sagt Adorno im Kulturindustriekapitel der Dialektik der Aufklärung.

Wenn man miteinander Spaß haben will, ist ganz viel mit Gewalt ausgeklammert, nämlich die ernsteren Seiten, die manchmal hart sind, aber auch froh machen können.

Spaß muss leicht zu haben sein. Manche Freude ist gegen Widerstände hart erarbeitet.




"Es brennt! Wir haben's geschafft!"

Manchmal ein Schüler, eine Schülerin, wenn sie/er mal nicht vorschnell bei einer Arbeit aufgegeben hat -
die erstaunte Bemerkung: "Das macht ja Spaß!!" - und macht sofort weiter. Hat sich mit der Sache verbunden. Hat Hindernisse überwunden. Hat sich auf den Weg gemacht. Hat den "Flow" erlebt und eine neue Erfahrung mit sich und der Sache gemacht.

Für solche Momente bin ich Lehrerin, nicht, um Kinder zu bespaßen.

Meiner Meinung nach. :))


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