Dienstag, 8. Januar 2013

Thekla

Ab Abend des zweiten Schultages liege ich um 21 Uhr im Bett. Habe vorher noch telefoniert. Thekla war lange nicht da. Sie ist unsere Lesepatin, die wir am längsten kennen. Seit der dritten Klasse kommt sie ein- oder zwei Mal pro Woche und hilft einzelnen Kindern.
Sie ist 82 Jahre alt, eine bemerkenswerte und bewunderungswürdige Dame, ihres Zeichens Architektin. Mit über sechzig Jahren ging sie noch nach Aleppo in Syrien, um dort zu bauen. Das ist die Zeit, in der andere an ihren Ruhestand denken oder schon dort angelangt sind.
Sie war immer von März bis Oktober hier. Ab November und bis zum März verbrachte sie ihre Zeit in Tansania, an der Pazifikküste. Dort ging sie als erstes jeden Morgen schwimmen.
Thekla ist eine sehr zierliche Person und kälteempfindlich. Ein Winter in Berlin - unausdenkbar. 
Wenn sie dann wiederkam, hatte sie viel zu erzählen und brachte schöne Muscheln mit.
Nun ist Thekla schon den zweiten Winter in Berlin. Eine Krankheit verhinderte, dass sie ihrer Gewohnheit und ihrer Liebe zur Wärme und zu Afrika folgen konnte. Nur wenige Menschen wissen, wie schwer ihr das fiel, vernünftig zu sein.
In Tansania warb Thekla für eine Solarkochstelle. Das ist eine Art Aluminiumschüssel, in der sich die Sonnenstrahlen fangen und sich auf einen Punkt, in der Mitte zentrieren, wo der Kochtopf sitzt. Ein tolles Gerät!
Es hilft den Frauen in Afrika, beim Kochen nicht ständig im Qualm zu stehen, es hilft den Menschen in Afrika, für das Kochen nicht die letzten Bäume und Sträucher zu verheizen.
In ihrem Arbeitsleben war Thekla in vielen Ländern tätig, vorzugsweise in Afrika.
Sie erzählte davon, wenn man sie fragte.

Thekla ist nun sehr schwer krank. Ich fürchte, sie wird nicht wiederkommen.
Es macht mich so traurig.
Als ich im Bett lag, kam der Husten. Die ganze Nacht hustete ich und konnte nicht schlafen. Ich weiß nicht, warum.
 

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