Donnerstag, 7. März 2013

Tageswende

Liebe Leserin, lieber Leser,

ob Du diese Art Tage auch kennst, weiß ich nicht.  Man ist morgens ganz guter Dinge, hat ausgeschlafen, ist am Abend vorher früh schlafen gegangen, draußen scheint es auch vom Wetter her ein guter Tag zu werden.



Dann entwickelt sich das so: Die erste Kollegin, hinter der Du gehst, lässt vor Dir eine Tür, durch die Du auch möchtest, ins Schloss fallen. Gestern habt Ihr Euch aber noch freundlich unterhalten... Der Kollege, der mit dem Rücken zu einem steht und den man im Vorbeigehen grüßt, antwortet mit "Morn", ohne aufzusehen.

Ein paar Schülereltern, die man vom Sehen her kennt, beantworten den Gruß gar nicht erst. Das kann ja heiter werden.

Dann sieht man, dass man Mehrarbeit, Vertretung, hat. Der Grund ist eine Förderkonferenz, wo alle zusammenkommen, die "am Kind" dran sind und fragt sich, warum so etwas nicht vielleicht um 13 Uhr stattfindet?

Wenn jemand krank ist, vertritt man ihn, das ist doch klar, aber wieso man diese Art von Terminen vertreten muss, hmmm. Wichtiger Termin, falscher Platz im Tag.

Morgen fehlen meine drei Fußballjungs zum dritten Mal den ganzen Schultag, um zum Fußballturnier "Drumbo-Cup" zu gehen! Man trifft sich um 8.45!! Habe schon mehrfach ausgeführt, dass Fußballtermine für 6. Klassen vor 14 Uhr für mich nicht akzeptabel sind. Wollen wir nicht Unterrichtsausfall vermeiden?  Nein, wollen wir anscheinend nicht. Ich kann da innerlich nicht mehr mit.

Dann im Fach eine Einladung, die zweite in 14 Tagen für eine Gesamtkonferenz am Nachmittag für nächste Woche! Jetzt reicht's, ich will wieder nach Hause, ins Kissen beißen und mich ausheulen. So etwas ist wichtig: Sich in die kommende Schulinspektion einfühlen! Naaaiin!

Nicht dem Gefühl nachgeben. Ich schalte um auf Zorn. Las gestern, die Mehrzahl der älteren Arbeitnehmer habe schon in den Gleichgültigkeitsmodus umgeschaltet. Nicht ich! Ich kann mich noch aufregen, hier geht es nicht mehr um ein metaphorisch halbvolles oder -leeres Glas Wein, hier geht es um die Selbstbehauptung in einer inhaltlich zunehmend auf allen Ebenen gleichgültig machenden Schulsituation. Nicht mit mir!

Der Kollege, der den Unterricht in der 3. Stunde macht, wo ich Förderstunde habe, möchte aber heute mit allen...Schade. Ich hatte eigentlich zwei für mich und wie ich meine, für die Kinder wichtige Gespräche zu führen. Dialog im Schulalltag. Auch wichtig. Aber, Minna, jetzt stell' Dich nicht so an. Förderstunden während anderer Unterrichtsstunden. Auch so ein Thema. 

Vorher soll ich unterschreiben, dass ich die neuen Vorschriften über Geschenkeannahmen gelesen hätte. Hab ich nicht. Werd ich auch nicht. Ich weiß, was sich gehört, verdammt. Ich nehme sowieso keine Geschenke, und das schreibe ich da hin. Weiß aber von manchen Leuten auf der Ebene, die solche Verordnungen machen, was da mancher sich so "gönnt" auf Kosten des "Kollektivs", wie unsere Ostkollegen sagen würden. Das würde mir keiner glauben. "Ehrlich währt am längsten" - das gilt nur für die Kleinen. Das Wort hat ja auch einen schaurigen Doppelsinn.
 



Hui, der Klassenraum ist aber schön sauber! :)) Da haben sich die voll gestressten Reinigungsleute aber große Mühe gegeben! Nicht selbstverständlich bei deren engen Zeitvorgaben beim Arbeiten, ich bedanke mich ganz heimlich und nehme mir vor, es ihnen zu sagen, wenn ich sie mal sehe.

Die ersten beiden Stunden mit dieser wunderbaren Klasse sind gar kein Problem! Die neuen Erdkundehefte mit den Suchaufgaben über Europa -  ein Selbstläufer. Wir machen noch ein bisschen "Ägypten" vorher, dann - endlich!!! Die Kinder fangen in der Pause schon an. Das Material zieht sie richtig mit. Gemeinsam lösen sie mit dem Atlas die Aufgaben. Ich geh nur herum und helfe.

Ägypten, Begriffe, die nicht klar waren: das Heer, die Flotte, warum der Pharao "Großes Haus" genannt wurde, nämlich Pharao. Das hat mit der Vermeidung des Gottesnamens, der direkten Ansprache zu tun, wie es auch bei der jüdischen Religion so ist. Man spricht  ihn nicht direkt an.  Der ägyptische Gottkönig  wohnt in einem Palast, er ist der, der in einem großen Haus wohnt, er ist "Großes Haus", er ist "Pharao"! 

Wir machen noch weiter: die Armee, die Marine, der Matrose, der Papyros, das Schilf; weil, das ist alles NICHT bekannt. Es ist so vieles nicht bekannt. Wir wiederholen noch einmal vom Museum, was eine Karawane ist.

Nach der Erdkunde ist Pause. Ich geh gucken, was ich mit der 3. Klasse in der 4. Stunde mache. Bittebitte, nicht schon wieder Papier!!! Die Erfindung des Computers war die Erfindung der Papierflut in der Schule. Überall Bögen mit bisschen was zum Ausfüllen. Ich kann das nicht mehr sehen und ich will auch nichts kopieren.

Wie sind wir vor 30 Jahren ohne Fotokopierer ausgekommen???
 
Ich suche in meinen Sachen herum an diesem bescheuerten Tag. Ich will was machen, was den Kindern etwas bringt UND was mir auch Spaß macht! Will mich auch nicht an irgendeinen Wochenplan halten, wo Lücken auf Papier schreibend gefüllt oder Striche gezogen werden...Gähn.

Das Faltkästchen? Das kennen einige aus der Klasse schon. Zum Sticken ist leider nicht mehr genug Aida-Stoff da, auch fehlen eine Handvoll Sticknadeln. Vallah! Die Häkelnadeln! Irgendwer schenkte der Wollwerkstatt eine stattliche Anzahl von Häkelnadeln, Größe 4. Wolle ist noch genug da. Ich hab's! Yeah!!




Da war noch eine Lesepatin, die Kinder waren für ihr Alter recht geduldig. Wer es konnte, wurde Lehrer, so schafften es alle bis zum Stundenende.

Niemand glaubt mir, wie schwer  es für manches Kind ist, den Mittelfinger und den Daumen zusammenzupressen und damit einen Faden festzuhalten....

Es hat einen irren Spaß gemacht. Am Ende der Stunde haben alle Kinder Luftmaschen gehäkelt, sie dürfen die Nadeln und die Wolle für eine Woche behalten. Mal sehen, was sie draus machen. Es ist alles freiwillig.

Erfolg

Ich bin geschwitzt, aber so, wie nach einem Lauf durch den Park. Alles durchgepustet, wieder einig mit der Welt. Alles ist gut, jedenfalls innen drin. 

Habe es geschafft, diesem bescheuerten Tag doch noch eine schöne Mütze aufzusetzen! 

Bin hingegangen, habe gesagt, nee, die Teamstunde, das möchte ich heute nicht. Ich habe noch so viel Vorbereitung, Korrektur, habe eine Stunde Vertretung gemacht, nächste Woche noch diese ...Konferenz, mir reicht es! Und weg. Das tat gut!

Nachher noch eine Stunde korrigieren. Das ist dann das Äquivalent für die Zeit der Teamstunde.

Ich hoffe, lieber Leser, liebe Leserin, Du hast heute auch einen wirklich schönen Tag!

Minna 

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