Montag, 4. März 2013

Nirgends regt sich Bildung und Streben

Montagmorgen. Ich glaube, wenn man Gesellschaftliches und Persönliches angemessen beschreiben könnte, dann könnte die Erörterung jedes Bereichs der Gesellschaft sinnvoll und aufschlussreich sein. Auch über das Leben in einer Firma. Doch braucht man für das Erörtern einen gewissen Abstand...Machen UND nachdenken zugleich, das ist wohl nicht so einfach.

Mir fällt da Siegfried Kracauers Werk „Die Angestellten“ ein, das ich leider nicht kenne. Es wird oft zitiert. Nicht, dass ich mich damit vergleichen möchte, möchte nur zum Ausdruck bringen, dass der Blick auf bestimmte gesellschaftliche Bereiche „von innen“ also durchaus sinnvoll sein kann.


Letztes Jahr im Frühling: Besuch bei Alma
 
Es beginnt mit einem Stuhlkreisgespräch. Ali mag keine Stuhlkreise. 

Kleiner Bericht von der Mathearbeit-Korrekturfront. Ich sag's ja immer: Wenn die Arbeiten nicht zu leicht sind, dann kann man genau sehen, wo die Einzelnen aussteigen. Selena fehlt das Runden. Sie hat toll gearbeitet während des Unterrichts und war sehr fleißig, aber sie kürzt auch nicht bis zum Ende. Messi hat die Sache mit den Nullen bei den Dezimalbrüchen nicht begriffen. Oha! Fereba hat bei der Addition ungleichnamiger Brüche vollkommen kapituliert. Aber das hatten wir doch in der Förderstunde geübt :(
Haha, Peter rechnet nach Schema F. Wenn einer der Nenner Hauptnenner sein könnte, das ficht ihn nicht an, er erweitert überkreuz und hat nachher eklig hohe Zahlen im Zähler und Nenner, die er dann noch nicht einmal wegkürzt... Genauso macht er es auch beim Rechtschreiben. Halloooo, nachdenken!!! Das kannst Du besser! Ich habe ihn aber im Kreis gefragt: "Willst Du es allein hören oder vor der Klasse?" Er meinte: Vor der Klasse sei auch in Ordnung. Er bekommt Selbstbewusstsein, man merkt es richtig. Das ist nicht mehr so kindlich, er lässt sich im Moment nicht mehr so leicht beeindrucken. Nicht schlecht, wenn er nicht gerade über meine "achtzigjährige" Lehrertätigkeit herzieht. Demnach müsste ich 102 Jahre zählen...

Ich hätte die leistungsstärkeren Schüler für etwas fitter gehalten. Einsteins sind nicht dabei. Dabei hatten wir ALLES! geübt, geübt, nochmal erklärt. Die besten haben 70% der Punkte! Das ist höchstens "3"!!!

Das macht kein' Spaß. Von M. wollen wir mal gar nicht reden. Was mach' ich mit ihm, ich hätte mich NIE überreden lassen dürfen, ihm eine "2" im Zeugnis zu geben, so auf Kredit, damit es jetzt besser geht, "Ich hab eine 6", flüstert er neben mir, ich kann es hören. So realistisch ist er, immerhin.

Er ist extrem müde, reißt den Mund ständig auf wie ein Scheunentor, P. hängt mit dem Kopf auf dem Tisch. "Was ist los? Ihr hattet zwei Tage Zeit, Euch auszuruhen. Montags morgens ist man topfit und nicht todmüde!" "Das ist, wenn ich beim Papa bin", sagt P., "Da kann ich so schlecht schlafen. Da müssen wir uns immer so quetschen.."  M. wacht so langsam über den Tag hinweg auf. P. auch. Es wird besser. --- Mein Gott, bald drehen die die Uhren um noch eine Stunde zurück, dann fangen wir - biologische Uhr! - um 7 Uhr mit der Schule an, dann kannst Du das noch mehr vergessen. 

Ich will auf den Frühling hinaus, und zwar mit Goethe, und zwar mit dem Osterspaziergang. Der aber kommt hier ganz schlecht an. Meine "par coeur"-Darbietung wird mehrfach unterbrochen.  

Unter anderem von X, die einen Lachanfall zelebriert, der andere wohl anstecken soll. Ich schicke sie hinaus. Als wir Pause machen, kommt sie ungebeten wieder herein, und ich schicke sie wieder hinaus. Bereite nun ihr Verbleiben für die zweite Stunde in der Nachbarklasse vor. Alles hat seine Grenzen. Das Bildungsunterfangen verunmöglichen, aber dann die Pause mit den Freundinnen mitnehmen. Sie hat mich noch nicht mal gefragt, ob sie hereinkommen darf! Nicht mit Mutti, nicht mit mir! Bleibe nachtragend.

Nach der Hofpause bitte ich sie um ein Gespräch. Sie war zur Pause in die Klasse gekommen und hatte trompetet: "Da drüben ist es viel leiser als bei uns!" Kampfansage. 

Frage sie, ob sie mir etwas sagen möchte. Nein, möchte sie nicht. Ich hätte gerne eine Entschuldigung gehabt, als sie wiederkam, teile ich ihr mit. Aber das liegt außerhalb ihres Horizonts. Sie reagiert gar nicht. Bei ihr habe ich das Gefühl, sie hat sich zwei/drei Monate angestrengt, um im Halbjahreszeugnis einigermaßene Noten zu bekommen. Direkt danach fiel sie wieder in ihre alte Lethargie zurück. Und wir hatten uns so gefreut und sie so gelobt! So kann man sich täuschen. Man denkt, nun ist der Groschen gefallen, dabei ist es nur Berechnung gewesen....

Inhaltlich war das sehr schwer mit dem Osterspaziergang. Sehr schwer.

Es war kaum etwas da zum Anknüpfen, und wenn, dann war es falsch. Im Frühling gibt es keine neuen Haselnüsse,  das ist der Herbst. Was bildet sich da und regt sich? Knospen? Gräser, Pflanzen? -- Ach egal, wir haben doch alles und bei uns liegt's doch im Supermarkt. So what mit dem blöden Frühling...
Bin einen Moment lang sehr enttäuscht von der Gruppe.

"Überall regt sich Bildung und Streben.." Bloß hier nicht. Hier regt sich nichts. Gar nichts. Tote Hose.

Vom Eise befreit sind Strom und Bäche
Durch des Frühlings holden, belebenden Blick;
Im Tale grünet Hoffnungsglück;
Der alte Winter, in seiner Schwäche,
Zog sich in raue Berge zurück.
Von dorther sendet er, fliehend, nur
Ohnmächt'ge Schauer körnigen Eises
In Streifen über die grünende Flur;
Aber die Sonne duldet kein Weißes,
Überall regt sich Bildung und Streben,
Alles will sie mit Farben beleben;
Doch an Blumen fehlt's im Revier
Sie nimmt geputzte Menschen dafür.

Ja, es muss viel geklärt und besprochen werden, und wenn die Kinder in der 6. Klasse so hilflos vor einem Gedicht stehen, dann liegt das auch an der Deutschlehrerin, die sie dreieinhalb Jahre hatten. Okay. 

Sie nehmen meine Bemühungen geduldig  hin wie eine wohl bekannte Macke von jemandem und danach müssen sie es in ihr Geschichten- und Gedichteheft abschreiben. Schönschrift! Mit Selbstkontrolle. Wer abgibt und noch drei Fehler hat, schreibt es neu. Schöne Arbeiten kommen dabei heraus, nachdem zwei Schüler alles neu schreiben mussten....

Hofpause. Zwei Stunden habe ich jetzt keinen Unterricht. Ich versuche, Bastians Mama anzurufen, aber es gelingt mir nicht. Habe einen dicken Packen Post zum Wegschicken und die Kuradresse verlegt.

Kann die Anträge für die Kostenerstattung zur Klassenfahrt abschließen und eintüten. Endlich!! Heute bekommen es die Kinder mit nach Hause. Danach sind die beiden Freistunden vorbei. Viel zu wenig Zeit! Jede Stunde könnte ich dreimal füllen!

Dann beschäftigen wir uns mit Masse, Volumen und Dichte bei Stoffen. Ganz interessant. Peter wieder voll gut dabei. Ganz wach und intelligent. Er hat ein "Nawi-Näschen".
Schnell sind beide Stunden um, das war's für heute.

Morgen gehen wir ins Islamische Museum. Ich freu mich auf die Führung! Lese- und Klassenpaten Matti und Kerstin kommen mit uns, Sevda hat noch einen Kurs an der Uni zu absolvieren.

Ich freu mich. Mit der Klasse durch die Stadt und ins Museum ist immer sehr, sehr schön! 

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Muss jetzt noch ein paar Mathearbeiten nachgucken, habe aber nicht so die rechte Traute.... +_+



Letztes Jahr im Frühling: Bruno chillt.

2 Kommentare:

  1. Heey,schön gut,wundervoller Text.

    GUT,alles fertig für morgen ,Jippie!!

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  2. Liebe Scherii, danke für's Lesen und den positiven Kommentar! Und das, obwohl ich so gemeckert habe. Liebe Grüße Minna Ich freu mich auf heute!!

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