Freitag, 8. März 2013

Heureka! und: Kinder als Philosophen.


Uns ist gestern etwas gelungen. Wir haben in Naturwissenschaft die Dichte von Stoffen bestimmt. Es war große Freude und Begeisterung dabei. Diese Worte sind in den Bereich der eigenen Erfahrung hinübergegangen und haben sich da verankert. Materiell gesehen mit wenigen Mitteln. Diesen:


  
Das größere Thema sind "Stoffe und ihre Eigenschaften". Stoffe kann man nach ihrem Aussehen, Geruch, Geschmack (Vorsicht!!!), nach der Frage, ob sie vom Magneten angezogen werden und nach vielem Anderen unterscheiden. So kamen wir zur Masse (Gewicht) und zum Volumen. Die Masse messen wir in kg und g, das Volumen (Ausdehnung) in Kubikzentimetern.

Um in den Begriff der "Dichte" hineinzukommen, half diese Geschichte:

Archimedes bewies Hebel- und Schwerpunktgesetze, entdeckte Formeln zur Volumen- und Oberflächenberechnung gekrümmter Körper, erfand fast die Integralrechnung, entdeckte beinahe den Logarithmus und beschrieb das Gesetz des hydrostatischen Auftriebs von Körpern in Flüssigkeiten. Damit konnte er erklären, warum Körper schwammen.
Eine berühmte (aber wahrscheinlich erfundene) Anekdote beschreibt, wie Archimedes dieses Prinzip anwandte, um zu beweisen, ob die Krone König Hierons aus purem Gold bestand oder nicht. Archimedes erhielt den Auftrag dies herauszufinden, ohne die Krone zu zerstören. Angeblich kam Archimedes die Lösung, als er in der Badewanne lag und bemerkte, wie sein eingetauchter Körper Wasser verdrängte, das aus der Wanne floss. Wie die Legende sagt, soll Archimedes vom Geistesblitz getroffen vor Freude aus der Wanne gesprungen und nackt nach Hause gerannt sein, laut "Heureka, heureka" schreiend, was bekanntlich bedeutet "Ich hab´s gefunden!"
Archimedes erkannte, dass er anhand der Menge des verdrängten Wassers die Dichte eines Körpers indirekt bestimmen konnte. Er maß das Wasservolumen, das die Krone des Königs verdrängt und verglich es mit dem Wasservolumen, das ein Stück reinen Goldes mit dem gleichen Gewicht der Krone verdrängte.
Als er so herausfand, dass das Goldstück weniger Wasser verdrängte als die Krone, war der Beweis erbracht, dass die Krone nicht aus purem Gold gemacht sein konnte.  


http://www.lerntippsammlung.de/Archimedes.html 


Wir wiederholten und bestimmten die Begriffe "Masse" und "Volumen". Die Dichte errechnet man aus dem Quotienten: Masse geteilt durch Volumen.

Ist der Quotient <1, schwimmt der Gegenstand, ist er >1, sinkt er. Wasser hat per Definition die Dichte 1. Ein Liter (1000 Kubikzentimeter Wasser mit einer Temperatur von + 4 ° C wiegen 1000 g = 1 kg - nach dieser Vorgabe wurde das Urkilogramm in Paris geschaffen, von dem alle anderen Masse/Gewichtsangaben abgeleitet sind.)

Im Buch hatten wir das alles schon gelesen, aber es war abstrakt geblieben. 

Wir nahmen uns ein Wassergefäß mit Ausflusstülle, ein Messgefäß in Kubikcm, das aber leider erst bei 10 begann... eine Waage, und als Gegenstände einen Kerzenstummel, einen Keramikmörser, ein Stück Knetgummi, einen Korken.

Die Kerze und der Korken mussten mit zwei Nadeln unter Wasser gehalten werden. Das Gewicht der Körper hielten wir fest und die Menge des herausfließenden Wassers.

Dann rechneten wir: Schön, dass wir die schriftliche Division noch ganz gut beherrschen! Nur, was ist, wenn in einer der beiden Zahlen ein Komma ist??
Auch dafür gibt es eine Lösung und so bekam die Physikstunde  eine mathematische Phase.

Wir bemerkten, wenn die Zahl im Zähler größer ist als im Nenner, dann ist das...JA! ein unechter Bruch, der Wert ist dann immer >1. Zum Beispiel hier:  

Die Dichte des Keramikteils stellte sich als 2,4 heraus. 
 


  
Die Dichte der Kerze war 0,8:

  
Die Dichte der Knete war 1,8 (ohne das Runden), die des Korkens ergab 0,24 (gerundet). Wir schauen im Buch nach und finden für den Korken den Wert 0,2. HEUREKA!


Es hatte mich so gefreut, dass unser Korkenversuch seinen "Lackmustest" im Vergleich mit dem Wert für Kork im Buch bestanden hatte.
Insgesamt hatte ich viel Begeisterung bemerkt. Die Materialien, die noch länger auf dem Tisch standen, wurden danach aber eher zum Spielen benutzt, wobei nachher ein Glas zu Bruch gegangen war.
Interessant war aber noch dieses: Das Knetestück, zur Kugel geformt, sank, als Schale geformt schwamm es.

Die Zeit reichte nicht mehr, um das gedanklich zu vertiefen, aber das holen wir nach. Mit den Begriffen, die wir haben, können wir jetzt das Verständnis dieses Phänomens gegenüber den Erkenntnissen der 3. Klasse, wo wir das Thema "Schwimmen oder Sinken" schon einmal bearbeitet hatten, erheblich erweitern.

Die ersten Vermutungen der Schüler gingen noch nicht sehr zielstrebig in die richtige Richtung. Ein genaueres Verständnis dieser Zusammenhänge erlaubt auch ein besseres Verstehen, warum ein Schiff schwimmen und ein Flugzeug fliegen kann, wo sie doch beide recht schwer sind.

Ich empfand das als eine gelungene naturwissenschaftliche Beschäftigung mit dem Thema, ergänzt durch mathematische Fertigkeiten -

Ali: "Nein, nicht den Rechner nehmen. Wir wollen es selbst ausrechnen! - - Es klappt nicht. Wie geht es?"

- begleitet von Gefühlen der Stärke und des Erfolgs bei den Schülern und bei mir, dem Thema gedanklich wirklich begegnet zu sein, so dass sich etwas für uns aufschließen konnte.

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In der Schule habe ich diesen schönen Raum, die Wollwerkstatt. Dort findet der Wahlpflichtunterricht statt. Der ist aber nur für die 5. und 6. Klasse. Oft bleiben jüngere Kinder stehen und fragen: "Kann ich auch mal was mit der Wolle machen?" und dann sage ich ungern immer nein. Doch ich bekomme keinen zeitlichen Ausgleich dafür, das ist nicht vorgesehen.

Freitags habe ich vier Stunden Unterricht und die Aussicht aufs Wochenende. Damit kann ich der Schule etwas von dem, was sie an Unterstützung für die Schafe und die Wolle  gibt, zurückgeben.

Wir filzten Teppiche, und, wie immer beim handwerklichen Arbeiten, entsteht so eine Erzählstimmung, S. fragte mich zum Beispiel, ob ich es mag, Lehrerin zu sein.

Die Wolle riecht angenehm, man kann sie nur in großer Ruhe bearbeiten, man muss sich Zeit nehmen. In dieser Zeit kann sich etwas entwickeln, das man so nicht planen kann. Ein Gespräch zum Beispiel. Das ist auch das Schöne an der Wolle.





Kinder wollen eigentlich immer gerne etwas tun. Gerne würde ich mit ihnen auch werken, mit Holz arbeiten, aber nun ist da schon die Wolle. Sie ist die Verbindung zu den Schafen, und das schafft Zusammenhänge.

Was uns allen in unserer Gesellschaft fehlt, ist der Blick und der Sinn für die Zusammenhänge; sie bestehen, aber sie werden nicht gesehen.

Dadurch bleiben wir alle beschränkter als wir es nicht sein müssten.

Aber ohne diese Worte macht es auch einfach Freude, etwas zu schaffen, zum Beispiel diese Teppiche hier. Ganz fleißig arbeiten die Kinder daran, die Wollfasern zu verfilzen. "Du musst auf der Noppenfolie mit den Händen hin- und hergehen und die Wolle gut massieren."........ K. (hinten) plötzlich: "Ich massiere die Wolle, und die Wolle massiert mich."

Ich bin platt. Das ist hoch philosophisch. Zeige meine Begeisterung. Da meint sie: "Aber ich spür es doch, hier, an der Hand, wie mich die Wolle massiert.." Ich massiere die Wolle, und die Wolle massiert mich.

Diese Empfindung, das, was von der anderen Seite kommt, überhaupt zu spüren - und dem dann Worte geben zu können, nehme ich als ein Geschenk in mein Wochenende mit!




Also ehrlich: Welcher Erwachsene erlebt in seinem Berufsalltag solche schönen Momente, wo plötzlich ein Lichtstrahl durch den Raum geistert...Das gab's doch sicher nur im Hain Akademos damals, oder? Erlebt Ihr auch solche schönen Augenblicke, wo etwas aufblitzt? Wo plötzlich irgendetwas anwesend ist, was eine Art Hintergrund, Panorama, schafft, eine neue Dimension eröffnet, so dass man die Dinge voller erfassen kann? Diese Dimension war sicher vorher auch schon da, aber ziemlich gut verborgen.
Ja, im Lehrerzimmer, da hab ich das, glaube ich, noch nie erlebt, man möge mir verzeihen....Sorry, aber es ist so. Leider!

Mit der Gestaltung hatte noch nie jemand Probleme. Du stellst die farbige Wolle hin, wenn der Teppich angefilzt ist, und - flugs - bildet sich etwas Farbiges darauf. Schön, zu sehen, wie es entsteht. 




F. legte ein Herz, aus dem wurde dann ein Katzengesicht.



Jetzt ist der Teppich fertig. Schön ist er geworden!




Die Antwort auf S.s Frage war: Ja!

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