Sonntag, 20. Oktober 2013

Dinge gelingen nicht einfach so von allein.


Am Donnerstag hatten wir in der ersten Stunde das Singen mit Julia. Sie bringt immer schöne Lieder mit. Das vom Fuchs, den zwei Wölfen, das vom Bär.



Hat jemand diese Tiere als Kuscheltiere? Dann bringt sie doch am nächsten Donnerstag mit, wenn wir es wieder singen!
Julia meinte, wir könnten versuchen, drei Lieder am Lesefest zu singen, wenn Eltern uns in der Schule besuchen kommen. Das wäre sehr schön, wenn uns das gelänge!
Mit den Buchstabenformen könnten wir Plätzchen backen, "Kekse", wie der Berliner sagt, und vielleicht fällt uns ja NOCH etwas Schönes ein.
Ein Füchslein saß schon am Mittwoch auf Saskias Tisch. Das hatte gewusst, dass es im Lied vorkommen würde und war mitgekommen.


Beim Rechnen versuchten wir, Anzahlen von Mengen in Strichform festzuhalten.


 

 

Immer der fünfte Strich wird quer gezogen. Manchen Kindern machte es gar nichts aus, das zu verstehen, aber einige Kinder hatten es damit nicht leicht.
Ich finde, das Unterrichtsmaterial geht für Kinder, denen das Schwierigkeiten macht, zu schnell voran. In jeder Aufgabe taucht eine neue Schwierigkeit auf, anstatt dass man das mal üben könnte.




Für die Kinder, denen das leicht fällt, wäre es auch nicht lästig, hiervon noch einige Aufgaben mehr zu bearbeiten.
Das bedeutet, dass die Lehrerin Zusatzmaterial bereitstellen muss, damit das jetzt noch gefestigt werden kann. 
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Das Heraushorchen des Lautes AAAA und kurz A', fällt vielen Kindern schwer. Manche hören ihn auch nur, wenn er VORNE zu hören ist, also am Anfang des Wortes.
Hier wäre es sehr hilfreich, wenn Eltern auch einmal spielerisch mit ihrem Kind Wörter "auf der Zunge zergehen lassen" und gemeinsam aufspüren, ob in dem Wort ein aaa oder ein a' steckt und wenn ja, wo es zu hören ist, vorne, hinten oder vielleicht sogar hört man es zwischen den anderen Lauten, in der Mitte??
Manchen Kindern ist auch noch nicht klar, dass es jetzt hier um die WÖRTER geht, um die SPRACHE, beim Hören um die Lautfolge, beim Sehen um  das Zeichen, den Buchstaben - und nicht um den Sinn, die Bedeutung... 
Es ist also alles nicht so leicht, wie man vielleicht als Erwachsener denkt, obwohl man das ja irgendwann alles selbst mal mehr oder weniger mühsam lernen musste.

Die Sportstunde hat allen Kindern sehr gut gefallen. Alle hatten sich gut bewegt und kamen ein wenig ausgepowert, aber sehr zufrieden mit sich und der Sportstunde zurück in die Klasse.

Nach dem Essen war Musik. Der Musikunterricht gefällt allen Kindern eigentlich sehr gut. Doch mit einer Gruppe von 25 Kindern Musikunterricht zu machen, die man nicht besonders gut kennt, weil jede Stunde andere Kinder kommen, ist auch für den Lehrer nicht so einfach. 
Wenn sich dann in der Gruppe noch zwei oder drei Kinder zusammentun, die Faxen machen und laut sind, kann das für alle schnell nicht mehr schön sein.

Ein Kind kam vorher zu mir und sagte, dass es befürchtet, dass andere Kinder wieder laut sind und Faxen machen und dass das dann alles sehr anstrengend und unangenehm für sie wird. Ich horchte noch ein wenig nach, was sie befürchtete und unter welchen Umständen es ihr Freude machen würde, zu Musik zu gehen....und ging dann auch beim Lehrer nachfragen, wer seiner Ansicht nach beim letzten Mal den Unterricht sehr gestört hatte.

Alle Kinder sagten von Anfang an, dass der Musikunterricht ihnen große Freude machen würde, aber, da seien immer dieunddie, und dann... :((

Danach nahm ich drei Mädchen mit zu mir (obwohl ich gar keinen Unterricht hatte zu der Zeit, aber wenn einem etwas wichtig ist, muss man auch Opfer bringen können...), sie mussten in ihren Heften weiter arbeiten. Die anderen Kinder hatten Musik. Ungestört. Kinder und Musiklehrer waren anschließend hoch zufrieden mit der Stunde.
Zum Schluss hatte ich nochmal Mäuschen gespielt, es war eine tolle Stimmung, gerade wird hier zu einer Sambamusik getanzt...


Na also. Ein kleines Gespräch mit den drei Mädchen noch, damit sie auch wussten, WARUM sie nicht dabei gewesen waren, und die Kinder konnten in die Freizeit gehen.
Wie geht es weiter? Mal sehen.
Die Eltern der Kinder erhielten eine Nachricht, damit sie mit ihrem Kind sprechen können. Am Tag darauf zeigte mir eines der drei Mädchen die Unterschrift des Vaters im Elternheft. Prima! Es ist von der Familie wahrgenommen worden!! Vielleicht geht dieses Mädchen beim nächsten Mal einfach wieder mit und wir schauen, wie es mit ihr dann läuft. Ich denke, gut.

Solch ein Vorgehen nenne ich "pädagogische Feingriffe", und ich möchte, dass eine solche Art des Vorgehens auch von den innerschulischen Beteiligten gewürdigt wird. Mir ist der Blick immer zu sehr auf den großen Ereignissen, aber nicht genug auf den vielen kleinen Situationen, die Nachdenken und begleitendes Eingreifen erfordern, vulgo: Zeit und Nerven.
Mir fällt das immer zu stark durchs Rost sozusagen der Aufmerksamkeit. Schule besteht eben nicht aus den Highlights, die auch wichtig sind, aber für mich ist die Arbeit des Alltags, die Hunderte kleiner Begleitungen in Situationen wichtiger und ich möchte, dass diese Dinge auch wahrgenommen werden, auch von Schulleitung, Schulaufsicht - eben schrieb ich unbewusst "Schaulaufsicht...Honi soit qui mal y pense.... ;)  - und den Leuten, die immer in den Zeitungen die großen Töne spucken, wie toll die Berliner Schule sei und die Akteure dann gleichgültigerweise mit den Mühen des Alltags allein lassen.
Kinder wollen wahrgenommen werden. Wenn wir Erwachsene nicht aufmerksam sind, weihen sie uns in ihre Probleme, Ängste und Befürchtungen nicht mehr ein. Sie sprechen uns dann nicht mehr an. Dann ist etwas verloren gegangen.
Also müssen wir die Kraft haben, ihnen zuzuhören, die Zeit dazu. Das wird immer und immer schwerer, weil tausenderlei Anderes "von oben" immer als wichtiger angesehen wird und die schulische Kernarbeit, das sind doch Peanuts, nicht wahr, die macht sich doch quasi von allein...Irrtum, das tut sie gerade nicht!
Differenzierender Unterricht benötigt unglaublich viel Zeit und Überlegung zur Vorbereitung, Materialerstellung UND Korrektur, denn sonst weiß ich nicht, wo jedes Kind steht.
Ich sage das, weil ich möchte, dass das auch mal wahrgenommen wird! 
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Also, die Musikstunde lief gut, aber sie wäre ohne die "Feingriffe" anders gelaufen vermutlich, wahrscheinlich.
Das erforderte Aufmerksamkeit, Zuhören, Sprechen und damit ZEIT. Zeit, die im offiziellen Rahmen nicht vorgesehen ist. Es war die Zeit einer Freistunde für mich, Sprechen mit dem Kind, mit dem Kollegen, Mitnehmen der drei Kinder, beaufsichtigen, sprechen mit den drei Kindern. Alles in allem etwa 60 Minuten.
Ich sage das nicht, um mich wichtig zu machen, sondern, weil alle Beteiligten begreifen sollten, dass die Dinge nicht einfach so per se gelingen. Dass man Zeit benötigt, um die Voraussetzungen für gutes Lernen und ein gutes Miteinander zu schaffen.

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