Dienstag, 29. Dezember 2015

Ach, sagte die Maus,...

Heute vor einer Woche war der erste Ferientag. Eine Woche dauerte es, bis ich mich (seit gestern) wieder fühlte.
Eigentlich bin ich sehr gerne Lehrerin. Aber ich bin ein Mensch, der alle Reize, die sie wahrnimmt, auch "verdauen" können möchte. Ich möchte mich mit dem Erfahrenen, mit dem Erlebtenn noch einmal anschließend gedanklich verbinden können, um es "aufzuheben" im Hegelschen Sinne, ablegen, weglegen und in einem höheren Sinne verarbeitet haben. Sonst habe ich das Gefühl der Reizüberfülle und das macht mich regelrecht taub und krank.
Daher bin ich auch in Teilzeit.

Ich muss viele Dinge tun, die mir nicht passen. Alles, was von der Verwaltung kommt, gehört dazu.
Es transformiert Menschendinge in Aktendinge und dabei bin ich involviert qua Beruf.
Das macht mir immer große Schmerzen. Ich brauche Zeit- und Energiereserven, um in meiner Weise kritisch und bedacht damit umzugehen.

Zum Beispiel könnte ich niemals Zeugnisse per Ankreuzen von vorgegebenen Sätzen ausfertigen. Ich müsste mich weigern.
Es gibt ein paar wenige Sachen, wo ich weiß, dass ich mich im guten Sinne weigern müsste:"Ich stehe hier, ich kann nicht anders."

Das klingt wohl zu dramatisch in einer Anything-Goes-Zeit. Mag sein. Aber das Erlangen von Überzeugungen macht Mühe. Mühe, die sich lohnt.
Für mich jedenfalls.

Da ich nun am Ende der Schulzeit 2015 ganz schön taub und fast schwermütig geworden war, brauchte es diese Woche, wie immer eine Woche, bis da wieder das Gefühl meiner selbst war und Handlungsfähigkeit sich wieder herstellte.

Immer begleitet von dem Gefühl: Du musst jetzt schon Zeugnisse schreiben! He, und auch Klassenarbeiten und die auch korrigieren...Das schaffst Du nicht bis zum 20.1. begleitend zum Unterricht mit seinen allen Facetten. Haaalt!!! Stop!
Es geht weiter: Du müsstest die alte, vor der Weihnachtsfeier liegengebliebene Wochenarbeit, zu Ende korrigieren, sonst führst Du Dich selbst ad absurdum und lässt die Kinder in der Luft hängen.

Wenn man gut korrigiert, so widerlich das auch ist - im Ernst: Es ist fast das Ärgste an dem Beruf überhaupt - erfährt man unglaublich viel über das Kind und sein Lernen. Ganz viel, das im Unterricht nicht zur Erscheinung kommt, weil man ja selbst so aktiv ist. Wie soll man so beobachten?

Man erfährt sehr viel über die Arbeits- und Herangehensweise des Kindes. Das kann man ihm spiegeln. Es ist nämlich sehr viel Positives dabei.

Man erfährt viel über die eigenen Aufgaben in der Wochenarbeit. Zu schwer, zu leicht, zu kompliziert, unverständlich oder verstehbar, und wenn ja, wer hat was verstanden und wie??

Man ahnt, dass das Zeit braucht, denn korrigiert man in Eile, nimmt man ja auch fast nichts wahr.

Ich mag das Wort wahr-nehmen. So im Wortsinn.

Ja, und dann habe ich geträumt. Wie alle von uns, habe ich pro Nacht gleich mehrere Träume, und wenn ich von denen etwas nicht gleich aufschreibe, direkt in der Nacht, dann sind die weg am nächsten Morgen.

Manche aber nicht. Sie widerstehen der Nicht-Aufschreibe-Lethargie der Nacht und halten sich bis zum Morgen. Dieser auch. Der war neu, der war ganz neu:

Ich bin irgendwo im Unbekannten, es ist so eine Schule, ich hab da was zu tun, gehe durchs Gebäude, es ist sehr weitläufig und recht angenehm, architektonisch gut gemacht, eine Lebenswelt, es geht mir gut. Da ist ein Raum, da will ich rein. Die Tür ist zu. Jemand kommt auf mich zu und fragt, was ich da will. Ich antworte: "Unterricht machen. Das ist meine Klasse" Die Stimme sagt: "Die Kinder haben schon Unterricht, sie sind beschäftigt. Bitte nicht stören."

Ich stutze, bin irritiert, befremdet, schaue die geschlossene Tür an, hinter der sich abspielt, an dem beteiligt zu sein doch ein wichtiger Teil meines Lebens ausmacht ... dann macht sich ein Aha breit in mir: Ist es schon soweit? Hab ichs bloß noch nicht gemerkt? Ich werde nicht mehr gebraucht - - und gehe mit einer Mischung aus Überraschtheit und auch - Erleichterung - weg. 

Ich habe soeben meinen schulischen Abgang geträumt.

Am vorletzten Schultag des Jahres hatte ich den Pensionierungsantrag abgegeben.

Das war ein großer Schritt gewesen, da waren viele Ambivalenzen dabeigewesen, kannst Du nicht doch noch?? Die Klasse ist so schön beieinander. Sie haben so eine schöne Übung in Gesprächen, sie mögen sich,  es gibt keine Außenseiter mehr, das Arbeitsverhalten ist sehr gut, sie sind motiviert und leistungshungrig fast  wie am ersten Tag - und das gibst Du alles auf. Jetzt??
Nach zwei Jahren härtester Arbeit lässt Du das jetzt alles sein? Jetzt, wo es sich gerade lohnen würde, weiterzumachen??

Und dann spüre ich meine Schwäche. Ganz tief drinnen will es nicht mehr, kann es nicht mehr so wie immer früher. Dann spüre ich die vierzig Jahre, die es am 1.3.2016 sein werden.

Dann weiß ich, es geht nicht anders.
Wieso denkt man, man selber könnte das nur machen?
Andere Leute haben auch schöne Töchter, sagt das Sprichwort.

Junge Lehrer*innen vielleicht? Mit neuem Elan? Es dauert etwa zehn Jahre, bis man alle Dimensionen des Berufes im Blick hat und gleichzeitig beherrscht, dann ist man etwa zwanzig Jahre gut und lernt immer noch dazu. Dann wird etwas anders. Na ja. das Außen, das berufliche Feld, wird auch anders.

Wenn ich daran denke, wieviel Freiheit wir hatten über Jahrzehnte und wie eng und reglementiert das alles jetzt ist. Dann kann einem schon die Kraft auch vergehen. 

Ich bin keine Maschine mit Knöpfen. Ich brauche Handlungsspielräume, die gibt es weniger und weniger.


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Kleine Fabel

„Ach“, sagte die Maus, „die Welt wird enger mit jedem Tag. Zuerst war sie so breit, daß ich Angst hatte, ich lief weiter und war glücklich, daß ich endlich rechts und links in der Ferne Mauern sah, aber diese langen Mauern eilen so schnell aufeinander zu, daß ich schon im letzten Zimmer bin, und dort im Winkel steht die Falle, in die ich laufe.“ – „Du mußt nur die Laufrichtung ändern“, sagte die Katze und fraß sie.

Franz Kafka

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Und- ach: Halt! Vier sonderpädagogische Förderanträge mit Förderprogramm muss ich auch noch konzipieren. Da ist alles festgelegt. Schaudertexte. Keine Freiheit, zu schreiben, was man meint. 

Ich bin auch keine Sonderpädagogin, aber das muss ich jetzt so nebenbei auch noch leisten. Puhh!

Die Klasse könnte auch mal wieder aufgeräumt werden. Ich wollte den Computer zugänglicher hinstellen, ein Blog einrichten für die Klasse.

Ein Kind geht im Januar weg, wir wollen über ein neues Blog füreinander erreichbar sein.

Doch Google hat dummerweise uns nicht im Blick.
Früher hatte ich für jedes Blog extra Eingangsdaten. Google hat alles vereinfacht. Nur noch ein Passwort für alles. Grundsätzlich ist das bequem und sinnvoll.

Ich hätte aber gerne für diesen Zweck ein Extra-Passwort.
Da muss ich mir auch noch mal Gedanken machen. Es gibt im Netz für alles eine Lösung. Aber die braucht Zeit, sie zu finden.

Sollte ich zu Wordpress gehen? Wordpress ist, wenn man nicht zahlt, sehr eingeschränkt in den Möglichkeiten.
Vielleicht gibt es noch andere Plattformen?

Ich würde mein Passwort nicht so gerne einfach herumgeben. Weiß jemand Rat für mein Problem??
Das wäre sehr schön....


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Dass ich mich gestern so toll fühlte, hat sicher auch mit dem Montag zu tun..... (Fortsetzung folgt) :)



Noch nie in meinem Leben
war ich bei einem Therapeuten.
Außer bei diesen hier.
Sie suche ich regelmäßig auf
und sie "helfen" mir immer.
Immer.
*Schaf unter Schafen*

; ) Tschüss, bis bald!


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