Am
Donnerstag hatten wir in der ersten Stunde das Singen mit Julia. Sie
bringt immer schöne Lieder mit. Das vom Fuchs, den zwei Wölfen, das vom
Bär.
Hat jemand diese Tiere als Kuscheltiere? Dann bringt sie doch am nächsten Donnerstag mit, wenn wir es wieder singen!
Julia
meinte, wir könnten versuchen, drei Lieder am Lesefest zu singen, wenn
Eltern uns in der Schule besuchen kommen. Das wäre sehr schön, wenn uns
das gelänge!
Mit
den Buchstabenformen könnten wir Plätzchen backen, "Kekse", wie der
Berliner sagt, und vielleicht fällt uns ja NOCH etwas Schönes ein.
Ein Füchslein saß schon am Mittwoch auf Saskias Tisch. Das hatte gewusst, dass es im Lied vorkommen würde und war mitgekommen.
Beim Rechnen versuchten wir, Anzahlen von Mengen in Strichform festzuhalten.
Immer
der fünfte Strich wird quer gezogen. Manchen Kindern machte es gar
nichts aus, das zu verstehen, aber einige Kinder hatten es damit nicht
leicht.
Ich
finde, das Unterrichtsmaterial geht für Kinder, denen das
Schwierigkeiten macht, zu schnell voran. In jeder Aufgabe taucht eine
neue Schwierigkeit auf, anstatt dass man das mal üben könnte.
Für die Kinder, denen das leicht fällt, wäre es auch nicht lästig, hiervon noch einige Aufgaben mehr zu bearbeiten.
Das bedeutet, dass die Lehrerin Zusatzmaterial bereitstellen muss, damit das jetzt noch gefestigt werden kann.
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Das Heraushorchen des Lautes AAAA und kurz A', fällt vielen Kindern schwer. Manche hören ihn auch nur, wenn er VORNE zu hören ist, also am Anfang des Wortes.
Hier
wäre es sehr hilfreich, wenn Eltern auch einmal spielerisch mit ihrem
Kind Wörter "auf der Zunge zergehen lassen" und gemeinsam aufspüren, ob
in dem Wort ein aaa oder ein a' steckt und wenn ja, wo es zu
hören ist, vorne, hinten oder vielleicht sogar hört man es zwischen den
anderen Lauten, in der Mitte??
Manchen
Kindern ist auch noch nicht klar, dass es jetzt hier um die WÖRTER
geht, um die SPRACHE, beim Hören um die Lautfolge, beim Sehen um das
Zeichen, den Buchstaben - und nicht um den Sinn, die Bedeutung...
Es
ist also alles nicht so leicht, wie man vielleicht als Erwachsener
denkt, obwohl man das ja irgendwann alles selbst mal mehr oder weniger
mühsam lernen musste.
Die
Sportstunde hat allen Kindern sehr gut gefallen. Alle hatten sich gut
bewegt und kamen ein wenig ausgepowert, aber sehr zufrieden mit sich und
der Sportstunde zurück in die Klasse.
Nach
dem Essen war Musik. Der Musikunterricht gefällt allen Kindern
eigentlich sehr gut. Doch mit einer Gruppe von 25 Kindern
Musikunterricht zu machen, die man nicht besonders gut kennt, weil jede
Stunde andere Kinder kommen, ist auch für den Lehrer nicht so einfach.
Wenn
sich dann in der Gruppe noch zwei oder drei Kinder zusammentun, die
Faxen machen und laut sind, kann das für alle schnell nicht mehr schön
sein.
Ein
Kind kam vorher zu mir und sagte, dass es befürchtet, dass andere
Kinder wieder laut sind und Faxen machen und dass das dann alles sehr
anstrengend und unangenehm für sie wird. Ich horchte noch ein wenig
nach, was sie befürchtete und unter welchen Umständen es ihr Freude
machen würde, zu Musik zu gehen....und ging dann auch beim Lehrer
nachfragen, wer seiner Ansicht nach beim letzten Mal den Unterricht sehr
gestört hatte.
Alle
Kinder sagten von Anfang an, dass der Musikunterricht ihnen große
Freude machen würde, aber, da seien immer dieunddie, und dann... :((
Danach
nahm ich drei Mädchen mit zu mir (obwohl ich gar keinen Unterricht
hatte zu der Zeit, aber wenn einem etwas wichtig ist, muss man auch
Opfer bringen können...), sie mussten in ihren Heften weiter arbeiten.
Die anderen Kinder hatten Musik. Ungestört. Kinder und Musiklehrer waren
anschließend hoch zufrieden mit der Stunde.
Zum Schluss hatte ich nochmal Mäuschen gespielt, es war eine tolle Stimmung, gerade wird hier zu einer Sambamusik getanzt...
Na
also. Ein kleines Gespräch mit den drei Mädchen noch, damit sie auch
wussten, WARUM sie nicht dabei gewesen waren, und die Kinder konnten in
die Freizeit gehen.
Wie geht es weiter? Mal sehen.
Die
Eltern der Kinder erhielten eine Nachricht, damit sie mit ihrem Kind
sprechen können. Am Tag darauf zeigte mir eines der drei Mädchen die
Unterschrift des Vaters im Elternheft. Prima! Es ist von der Familie
wahrgenommen worden!! Vielleicht geht dieses Mädchen beim nächsten Mal
einfach wieder mit und wir schauen, wie es mit ihr dann läuft. Ich
denke, gut.
Solch
ein Vorgehen nenne ich "pädagogische Feingriffe", und ich möchte, dass
eine solche Art des Vorgehens auch von den innerschulischen Beteiligten
gewürdigt wird. Mir ist der Blick immer zu sehr auf den großen
Ereignissen, aber nicht genug auf den vielen kleinen Situationen, die
Nachdenken und begleitendes Eingreifen erfordern, vulgo: Zeit und
Nerven.
Mir
fällt das immer zu stark durchs Rost sozusagen der Aufmerksamkeit.
Schule besteht eben nicht aus den Highlights, die auch wichtig sind,
aber für mich ist die Arbeit des Alltags, die Hunderte kleiner
Begleitungen in Situationen wichtiger und ich möchte, dass diese Dinge
auch wahrgenommen werden, auch von Schulleitung, Schulaufsicht - eben
schrieb ich unbewusst "Schaulaufsicht...Honi soit qui mal y pense....
;) - und den Leuten, die immer in den Zeitungen die großen Töne
spucken, wie toll die Berliner Schule sei und die Akteure dann
gleichgültigerweise mit den Mühen des Alltags allein lassen.
Kinder
wollen wahrgenommen werden. Wenn wir Erwachsene nicht aufmerksam sind,
weihen sie uns in ihre Probleme, Ängste und Befürchtungen nicht mehr
ein. Sie sprechen uns dann nicht mehr an. Dann ist etwas verloren
gegangen.
Also
müssen wir die Kraft haben, ihnen zuzuhören, die Zeit dazu. Das wird
immer und immer schwerer, weil tausenderlei Anderes "von oben" immer als
wichtiger angesehen wird und die schulische Kernarbeit, das sind doch
Peanuts, nicht wahr, die macht sich doch quasi von allein...Irrtum, das
tut sie gerade nicht!
Differenzierender
Unterricht benötigt unglaublich viel Zeit und Überlegung zur
Vorbereitung, Materialerstellung UND Korrektur, denn sonst weiß ich
nicht, wo jedes Kind steht.
Ich sage das, weil ich möchte, dass das auch mal wahrgenommen wird!
*******
Also, die Musikstunde lief gut, aber sie wäre ohne die "Feingriffe" anders gelaufen vermutlich, wahrscheinlich.
Das
erforderte Aufmerksamkeit, Zuhören, Sprechen und damit ZEIT. Zeit, die
im offiziellen Rahmen nicht vorgesehen ist. Es war die Zeit einer
Freistunde für mich, Sprechen mit dem Kind, mit dem Kollegen, Mitnehmen
der drei Kinder, beaufsichtigen, sprechen mit den drei Kindern. Alles in
allem etwa 60 Minuten.
Ich
sage das nicht, um mich wichtig zu machen, sondern, weil alle
Beteiligten begreifen sollten, dass die Dinge nicht einfach so per se
gelingen. Dass man Zeit benötigt, um die Voraussetzungen für gutes
Lernen und ein gutes Miteinander zu schaffen.
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