In der fünften Woche hat es, so will es mir scheinen, einen Ruck gegeben. Im Stuhlkreis haben wir einige sehr "vernünftige" Gespräche über Vorfälle geführt und über richtiges Verhalten und solches, das für alle Nachteile bringt.
Wenn im Musikunterricht, den alle Kinder sehr lieben, zwei Mädchen laut sind und Faxen machen, dann vergeht den anderen die Freude daran. Das ist jetzt schon mehr klar geworden.
Auch, was man da im Stuhlkreis alles erzählen kann. Zum Beispiel, mit wem man am liebsten zusammen sitzen möchte oder was man sich wünscht oder was man erlebt hat oder worauf man sich freut...oder eben, was im Unterricht gestört hat.
Das Singen haben wir aber auch nicht vergessen. Dafür sorgt schon Julia mit ihren wunderschönen Liedern, die man auch spielen kann.
Nach dem Stuhlkreis frühstücken wir. Auch der Toilettengang ist wichtig und darf nicht Nebensache werden. Aber einige Kinder wollen immer gehen und bleiben ganz lang weg und zwar dann, wenn grade die Arbeit beginnen soll...
Es sollen ja immer zwei Kinder zusammen gehen. Aber die Lehrerin wählt jetzt sehr bestimmt aus, wer mit wem geht und fragt dann das zweite Kind. So ist gesichert, dass die Kinder schnell wiederkommen. Auch, weil immer nur zwei auf einer Toilette unterwegs sind. Alles braucht Regeln.
Gestern nach dem Stuhlkreis hatten wir einen kleinen Schock zu verkraften. Wir waren vorgestern im Viktoriapark unterwegs gewesen und hatten Eicheln gesammelt. Nun waren in vielen Eicheln so Löcher drin und - - - auf dem Boden und überall in der Klasse krabbelten gelbe Maden herum, "Iiiihhh!!! Würmer!!!!"
Wir haben sie im Schulgarten ausgesetzt zusammen mit den Eicheln...schade um die schönen Eicheln.
In unserer Schule wird in den Klassenräumen nur montags und freitags gefegt und mittwochs gewischt.
Zwischen den Tischen liegt immer ganz viel Schmutz und Sand. Damit die Putzleute richtig fegen können, fühle ich mich verpflichtet, am Nachmittag die Tische auseinanderzurücken.
Am nächsten Morgen müssen dann alle 25 Tische wieder richtig hingestellt werden. Dienstags und donnerstags werden die Flure gereinigt. Wenn man also am Tag drauf in die Klasse kommt, liegt der ganze Schmutz vom Vortag noch da, und ich kann so nicht anfangen.
Muss also zum Besen greifen und erstmal die ganze Klasse halbwegs fegen, sonst kann ich nicht beginnen, so in Dreck und Speck.
Hatten wir es früher doch gut, denke ich manchmal. Niemand erwartete von mir Reinigungsarbeiten im Klassenraum. Es gab Putzfrauen, mit denen konnte man reden und es wurde jeden Tag gesäubert. Übrigens auch die Tische. Die Tische säubert heute niemand mehr, wenn wir es nicht tun...
Also habe ich, bevor ich nur irgendwie zu meinen Kernarbeiten komme, entweder schon Tische gerückt oder selbst gefegt. So blöd ist das. Muss ich mal ehrlich sagen.
Jemand von außen, der weiß gar nicht, wo es überall bröckelt und knirscht. Was früher selbstverständlich war, dass ein Lehrer sich um seine Kernaufgaben kümmert, ist es heute nicht mehr. Das ärgert mich sehr. Alle zucken mit den Achseln....Ist eben so heute. Schön. Vier Milliarden BER in den Sand gesetzt und niemand muß dafür seinen Hut nehmen. Große Töne werden allethalben gespuckt, "Ganztagsschule" etc., aber hinter die Kulissen schauen ja nur die Insider, von außen sieht es noch halbwegs aus als würden Form und Inhalt sich entsprechen. Aber. Deshalb erzähle ich das.
Spielplatzbild
Noch ein Spielplatzbild
Wir haben uns in dieser Woche sehr intensiv mit dem /o/ als Laut beschäftigt, und nur mit der langen Lautvariante. Im Lernmaterial sind diese Übungen quasi nur angetippt und die Versuchung ist groß, zu schnell voranzuschreiten und die Kinder dann später mit Schwierigkeitshäufungen allein zu lassen.
Schon das lange /o/ als Laut zu identifizieren, will gelernt sein! Für viele Kinder muss sich eine Haltung auch erst entwickeln, Sprache zu betrachten und nicht gleich mit dem Inhalt sich zu beschäftigen. So ist die Tomate ein O-Wort und es ist im Moment nicht so wichtig, was die Tomate für mich bedeutet. Nicht jedes Kind ist schon so weit.
Hier ist es für viele Fünfjährige nicht leicht, die Übungen als Sprachübungen zu erfassen, also die Ebene, auf der gehandelt wird, richtig zu klassifizieren und sich auf ihr zu bewegen...
Ich glaube, hier hat Berlin auch wieder große Fehler gemacht, die Vorschule abzuschaffen und ersatzlos Fünfjährige dem "normalen" Schulunterricht auszusetzen. Die Lehrer werden es schon richten, nicht wahr... Grrrrr. Ihr seid "Fachleute"!!
Das ist der "O-Sack".
Die aufgeklebten Bilder im und um den O-Sack sind das Ergebnis einer langen Arbeit, zuerst an der inhaltlichen Klärung - denn, wenn ich dem Bild den Inhalt nicht zuordnen kann, kann ich auch die Lautentscheidung nicht richtig treffen. Wortschatzarbeit.
Dann das Abhorchen, das Einschleifen der Technik des akustischen Identifizierens und Diskriminierens von anderen Lauten. Dann die Zuordnung des Graphems.
Die Ergebnisse sind sehr unterschiedlich. Wir Erwachsene glauben nicht, wie schwierig das für nicht wenige Kinder ist....Aber ohne das geht es nicht. Auch nicht ohne Extramaterial, denn die Lehrwerke orientieren sich nicht an Schülern, die große Förderung benötigen, sondern mehr so an denen, für die das halbwegs easy ist.
Auch fehlen Materialien für die, die schon viele Buchstaben und Laute kennen, die das Zusammenschleifen schon beherrschen, also die so genannte Synthese und die sich beim Buchstabensack nicht lange aufhalten und sich dann langweilen.... Für sie hatten wir diese Lösung gefunden:
Solche wunderbaren Lese- und Schreibleistungen gibt es auch in der Klasse. Das ist beim Rechnen nicht anders.
Darum haben wir heute bei einigen Kindern Mini-LÜK-Hefte mit schon schwierigeren Rechenaufgaben mit Selbstkontrolle eingeführt.
Wir müssen sozusagen mehrgleisig fahren. Im Moment ist so eine Phase, wo sich Eindrücke sammeln, wo ein Kind vielleicht steht und man versucht, mit angemessenem Material eine Entsprechung zu finden und guckt, wie das Kind darauf reagiert. Damit die Freude erhalten bleibt.Denn noch ist sie da.
Das reicht für den Freitagabend. Schönes Wochenende, liebe Leserin, lieber Leser!