Mittwoch, 30. Januar 2013

Papier schöpfen

Ach ja, heut war es einfach nur schön im Unterricht. Es war das Prinzip der positiven Infektion, so möchte ich das einmal nennen, eines ergibt das Andere, und es ist keinesfalls alles durchgeplant. Es ist viel Raum für Eigenes, wie sich das gruppiert, aneinanderreiht und wie es ohne jegliche Mühe zu einem Ergebnis führt, das einen zufrieden ausatmen lässt.

Ja, so geht es auch. In Freiheit geübte Kinder können sich wunderbar selbst organisieren, wenn ihnen die Situation entgegenkommt. So entsteht scheinbar mühelos mit großer Intensität etwas, in dem viel Energie und Einsatz steckt. So muss Schule eigentlich sein. Man SPÜRT, dass es richtig so ist!

Der Tag fing an mit dem Besuch in einer Oberschule. Die Schulleiterin hatte uns, Marie und mir, einen Termin gegeben, damit ich ihr Marie ein wenig ans Herz legen konnte, wie man so schön sagt...und dann sagt mir Marie gestern: "Ich will nicht auf diese Schule."

Beim Besuchstermin hatten Kinder der Oberschule "unseren" gesagt: "Geht nicht auf diese Schule, sie ist schlecht, und die Kinder sind frech."  Da meinte Marie, sie will da nicht mehr hin. Diese Schule hat ein besonderes praktisches und künstlerisches Profil, für Marie, so glaubte ich, sehr gut, sie ist in lebensweltlichen Zusammenhängen sehr stark, ansonsten sehr schwach, weil sie ja erst seit einem Jahr liest und schreibt, überhaupt...

So ging ich dann allein hin und erzählte, warum. Die Schulleiterin war sehr interessiert und ließ sich auch die Berichte zeigen, die unsere Kinder geschrieben hatten. Ich wollte noch herausfinden, in welchen Gruppen diese Äußerungen gefallen waren.

So kam ich dann in die Schule zurück und setzte gleich die Arbeit mit diesen Fördergutachten fort. Doch das Windowssystem führte mich wieder um die Fichte, ich musste es immer wieder austricksen, neu anfangen, mühsam. Wir kämpften verbissen miteinander.

Dann hatte ich vier Stunden Unterricht. Neben der Satzteilbestimmung war dieses unser Thema:



Wir hatten die Rahmen gebaut und gestern das Papier in Streifen gerissen, in kleine Stücke geschnitten und eingeweicht. Heute wurde es dann püriert:


 Und sah dann so aus: Schleimig! Wie sich das anfasst, iihh!


 Doch der Reihe nach: Der Rahmen bekommt Stoff um sich herum.

 

Dann schöpft man vom Papierbrei darauf.



Wasser abtupfen, bis es nur noch feucht ist, nicht mehr nass.


Den Stoff vom Rahmen lösen.



Zwischen Zeitungen legen und mit Nudelholz oder Flasche rollen. 
So geht mehr Feuchtigkeit in das Papier über.



Stoff abheben - fertig!


Das fertige Stück Papier trocknen lassen....

 

 Aufschreiben, was man so gemacht hat, ist auch nicht so schlecht.





Interessant, wie viele Tätigkeiten man nebeneinander ausüben kann, ohne sich gestört zu fühlen.


Es klingt so doof, aber es war ein schönes Miteinander.


Die Club-Mate-Flaschen fungieren als Nudelholz. 

Nur Haus- und Küchenmaterialien, alles leicht zu beschaffen. So kann jeder, der möchte, zu Hause weitermachen.
Wir haben in der Schule einen Kasten mit Materialien aus einem Verlag, alles Plastik, alles perfekt, aber das hier, mit den Materialien, die man in jedem Haushalt findet,das ist viel, viel besser!!!

Aufräumen ist auch wichtig.
 
 


Irgendwann zwischendurch sprachen wir noch über die Oberschulsache. Es kristallisierte sich heraus: Diese Jugendlichen hatten das nicht aus Boshaftigkeit gesagt, sondern, weil sie es nicht gut fanden, dass es bei ihnen Schüler gibt, die schon den fünften Tadel bekommen haben, und fast nicht bestraft werden. In den Augen der Kinder passierte zu wenig, daher kamen die Äußerungen. Nun nahmen sie schon eine andere Färbung an.

Immer wieder der Wunsch, Fehlverhalten möge strenger bestraft werden als dies anscheinend der Fall ist. Das kann man durchaus verstehen. So werde ich es der Schulleiterin mitteilen. Ich freue mich immer, wenn sich herausstellt, dass etwas auf seine Weise verstehbar ist, was vorher einfach nur zerstörerisch wirkte...

Um 14 Uhr noch das letzte Elterngespräch, dann lange Sitzung im Computerraum mit den Fördergutachten. Als eine Horde Kinder schreiend den Raum entert, sich hinter die Computer wirft und anfängt zu spielen und sich laut über den jeweiligen Stand zu informieren, reiße ich mein letztes Tempotuch in Streifen, schmiere dick Niveacreme drauf und modelliere mir 1A-Ohrenpfropfen. Damit geht es gut. Irgendwann sitze ich noch ganz allein da oben und habe den letzten Ausdruck gemacht. Geschafft!!!!

Dienstag, 29. Januar 2013

Rahmenhandlungen

"Kann man aus dem Rahmen fallen, selbst wenn man nie im Bilde war?"

Die Zeit vor den Halbjahreszeugnissen der sechsten Klasse ist mit die arbeitsintensivste während der Grundschulzeit. Neben dem Unterricht, den Korrekturen, der Vorbereitung etc. führt man viele Eltern- und Kindgespräche über den Schulwechsel und die richtige Schulwahl. 

Jedes dieser Gespräche dauert bei mir mindestens 45 Minuten, oft eine Stunde. Man taucht ganz tief ein und streift viele Hintergründe, man geht etwas angestrengt, aber sehr zufrieden aus dem Gespräch heraus - beide Seiten haben sich wechselseitig mit ihrem Hintergrund und ihren Wichtigkeiten besser kennengelernt.

Manchmal muss man auch zweimal "ran", und dann hat man hoffentlich genug Klassenarbeiten geschrieben, benotet und die Noten gesammelt (Brrr!), versammelt an einem Platz, von wo man sie abrufen kann (Doppel-Brrr!), denn man muss seine Zeugnisnoten ja der anderen Seite plausibel machen. Das ist nicht Brrr. Das ist notwendig.

Aber man muss jede Kleinigkeit festhalten, belegen können, gerichtsfest machen. Es ist nicht mehr schön. Bei jedem Mal habe ich den Eindruck, es werden mehr Papiere.

Dann die Computerei. Es gibt ein Formular, das heißt "Förderprognose". Es ist im pdf-Format. Man kann es vollschreiben, Notenlisten machen, durch die Anzahl der Noten teilen, dann ergibt sich ein Quotient, der bestimmt, ob man das Kind fürs Gymnasium empfiehlt oder den Besuch der Integrierten Sekundarschule (Ja, so heißt das.) nahelegt.

Entscheiden tun das die Eltern. Nicht die Schule. Zum Glück.

Jetzt hatte ich diese ganzen Bögen vollgeschrieben und auf ein Speicherstäbchen kopiert. Nur die Notenquotientenrechnerei funzte nicht. Das ist nicht schlimm, doch die hässlichen grauen Felder mit den Nullen, die blieben und die hätte ich dann von Hand vollschreiben müssen. Ein digitales Inkompetenzeingeständnis erster Klasse. Das wollte ich nicht.

Gehe in den Computerraum, will es dort ausdrucken und stelle fest, auf dem windowsbasierten Schulsystem zeigt sich in den auf meinem Mac zu Hause vollgeschriebenen Bögen - nichts, null, nada! Wie das? Pdf ist pdf- oder doch nicht?

Ich kopiere mir also die Förderprognose vom Büro aus windowsbasiert auf mein Stäbchen, marschiere hoch, kopiere es 20 Mal auf den windowsbasierten Schulcomputer und gebe in den jungfräulichen Bogen die Daten des ersten Jungen ein. Super! Sogar die Notenrechnerei funktioniert. Ausdruck, nächster Schüler.

Schock: In allen zwanzig Bögen stehen die Daten des ersten Schülers! Also alles wieder weglöschen und.....irgendwie, ich könnte es nicht mehr erklären, habe ich es geschafft, neue Bögen zu erstellen, die erst leer, dann mit dem richtigen Zeug voll und zu speichern waren, habe sie ausgedruckt, so weit ich heute kam - elf von neunzehn. Aber wie lange dauerte das denn!

Also, am schnellsten geht es sicher, wenn man es von Hand ausfüllt.... 

In Naturwissenschaft sind wir immer noch am Müllthema und jetzt wird es ernst mit dem Recycling. Der Worte waren genug gewechselt, nun müssen Taten her: Papier machen aus Altpapier.



Wir bauten gestern einen Holzrahmen. Zusammen mit einem Stück Stoff wird das ein Sieb für den Papierbrei werden. 



Der Rahmen ist auf Gehrung geschnitten/gesägt, im Winkel von 45 Grad stehen die Kanthölzer aufeinander.


 Dafür gibt es eine Schiene, den Gehrungsschneider.


Ich war ziemlich fies. In der letzten Woche hatte ich die Kanthölzer besorgt und auf einen Meter Länge schneiden lassen. Bevor wir in den Werkraum gingen, ließ ich Zweier"gruppen" bilden, und zwar mit jeweils den beiden Kindern, die sich am wenigsten bisher zusammengetan hatten, die sich also eigentlich nicht mögen. Die Reaktionen der Schüler zeigten, dass ich in meinen Einschätzungen schon ganz richtig lag...

Jede Partnergruppe sollte einen Rahmen bauen. Die Kanthölzer sollten auf Gehrung gesägt in der Länge 30 x 20 cm (Außenmaße) aneinanderstoßen. Eine Tafelzeichnung verdeutlichte, wie es nachher aussehen sollte.

Die Schüler konnten es nur schaffen, wenn sie kooperierten. Dann ging es im Werkraum los.

Nach kurzer Zeit waren die ersten am Ziel - einer hatte jeweils ein gutes räumliches Vorstellungsvermögen. Sie wurden Lehrer für die anderen. Als alle Gruppen fertig waren, tackerte ich die Hölzer zusammen und wir gingen nach oben.

Im Sitzkreis wurde schnell klar, dass alle Gruppen prima zusammengearbeitet hatten. Einige hatten sogar heute ohne Zwang beim Papierschnipselreißen miteinander weitergemacht.

Wir vermaßen die Rahmen. Bei zwei Gruppen stimmten die Maße exakt. Andere hatten auch schöne brauchbare Rahmen gebaut, sie waren auf Grund einiger Irrwege allerdings kleiner geraten.


Wir stellten fest, dass man lange Streifen von einer Zeitung in der einen Richtung gut reißen kann, in der anderen nicht. Aus den Streifen rissen oder schnitten wir kleine Schnipsel, die wurden in heißem Wasser eingeweicht - das Wort kannte niemand. Vorher. 

Eingeweicht bis morgen, dann mixen wir alles gut durch. Dann schöpfen wir Papierbrei aufs Sieb...."schöpfen", die Schöpfkelle, der Schöpfer, das Geschöpf, alles schöne Wörter, die wir drehten und wendeten und uns besahen wie Edelsteine.




Passend zum Rahmen schnitten/rissen die Schüler Stoffstücke passend zurecht. Stoff schneidet man an, dann kann man ihn reißen. Er ist gewebt und reißt gerade ab.

Gewebt haben  schon alle. Alle wissen, wie ein Ge-Webe aussieht. So:


Dann die -ähem: Reißzwecken, Reißbrettstifte, Reißnägel - warum heißen die bloß so??? aufdrücken, nicht zu fest, und schon war das Sieb fertig, das morgen zum Einsatz kommen soll. Bilder folgen.

Heute früh war der letzte Tag des Wahlpflichtunterrichts. So sieht die "Ernte" aus:


Jonglierbälle mit selbst genähten Beuteln, Webstücke, gefilzte Handytaschen. (Die iPhones sind übrigens nur aus Papier, fotokopiert) Sie nahmen die Kinder mit nach Hause mit - und vorher dachten sich einige noch ein schönes Spiel im Treppenhaus aus. Unten von der Treppe aus warf einer einen Ball nach oben, oben musste ein anderer versuchen, ihn mit einem Korb zu fangen. Pablo war sooo geschickt, man konnte ihn nur bewundern.


Eine Gruppe fand sich später wieder ein, die ein Gymnasium besucht hatte, sie berichteten davon. Bastian verabschiedete sich in seine Kur - bis Mitte März! Alles Gute für Dich, Bastian, wir werden Deine Scherze vermissen und freuen uns, wenn Du wieder da bist!

Montag, 14. Januar 2013

Wir lernen Carl-von kennen.

"Määäh!" schallte es über den Gang zu uns rüber. Als Zeichen, dass man uns "erkannt" hatte als die Schafeschule Lenau, "Määh!"
"Da kommen die Schafe, määh!" Nun musste ich doch mal rüber gucken gehen, wer da unter seiner Kapuze sich so exponierte. Guckte ihm ins Gesicht. "Mäh, mäh!" - "Und du bist dann der böse Wolf?" ---

Wir besuchten heute Carl-von. Carl-von liegt zwei U-Bahn-Stationen von unserer Schule entfernt. Aber wir gingen das zu Fuß. Hatten um 9 Uhr eine Verabredung mit Frau N., die uns in ihre Schule einführen wollte.
Weil eine Schule wie die Carl-von-Ossietzky-Oberschule eine Schule für alle Kinder ist, wollte ich gerne, dass auch alle Kinder sie sehen und einen Eindruck von ihr bekommen.

Wir trafen viele Ehemalige, auch eine Schülerin aus meiner letzten Klasse konnte ich umarmen, eine ganz Liebe, Melek, sie ist jetzt in der 10. Klasse! So schnell geht das? "Na, wirst Du den Mittelschulabschluss machen?" Sie ist zuversichtlich. Toll! Ich freu mich. Wenn sie das schafft, dann hat sie sich gut weiter entwickelt und ihre eigene Sache in die Hand genommen.


Frau N. hat außer, uns zu betreuen, noch viel Anderes zu tun. Sie muss noch schnell mit dem Jugendamt telefonieren. Wir dürfen in einem Gruppenraum sitzen, der im nächsten Jahr den 7. Klassen gehören wird und denken uns Fragen aus, die wir ihr stellen könnten.

"Bitte, bitte, duzt sie nicht, das ist mir peinlich.." Es passiert trotzdem.

Vorher waren wir noch zu dem Standbild gepilgert, das den Namensgeber der Schule zeigt. Er bekommt viele Kopfstreicheleien, die Schüler probieren aus, wie er sich so anfühlt.


"Was hat er da in der Hand?" "Zigaretten, er hat wohl viel geraucht." "Warum haben die Hitlerleute ihn umgebracht?" 
"Als wir reingehen wollten, sahen wir eine Statue von Carl von Ossietzky. Er sah ein bisschen komisch aus." (Bastian)
"Die Schule wurde nach einem Reporter benannt, und die Nazis haben ihn getötet, weil er anders war." (Tobi) 
"Carl von Ossietzky war ein berühmter Dichter. Er hat viel geraucht. Dann haben ihn die Nazis getötet." (Ali)
"Carl von Ossietzky war ein berühmter Schriftsteller und wurde von den Hitlerleuten getötet." (Luigi)

http://de.wikipedia.org/wiki/Carl_von_Ossietzky




"Wir waren mit der Klasse bei der Ossietzky-Schule. Es hat Spaß gemacht. Die Frau hat uns Sachen erzählt. In der Schule gibt es rund 1150 Schüler. Die Schule ist die größte Schule Kreuzbergs. Die Frau hieß Frau N. Frau N. hat uns Schließfächer gezeigt. Sie hat uns Klassenräume gezeigt. In der Schule gibt es viele Regeln.




Die Schule ist mit Farben gekennzeichnet. Zum Beispiel, wenn dann ein roter Strich ist, sind das die 9.Klässler, wenn es gelb war, war es die 10. Klasse... In den Klassen sind Handys verboten, nur in den Pausen sind Handys erlaubt.
Es gibt eine sehr große Mensa. Es gibt jeden Dienstag und Donnerstag Pommes. Wenn du in der Mensa was kaufst, dann ist es immer warm und frisch und ich glaube, es kostet einen Euro per Teller.

Es gibt einen Raum, der heißt Computerraum, und dann lernst du, dass du über Internet keinen mobben sollst. Und es gibt mindestens 200 Räume." (Mesut)

"Wir waren zum Beispiel in der Werkstatt, da war eine Klasse, und Frau N. hat gesagt, dass es diesen Unterricht als Wahlpflicht gibt." (Emmely)

"Es gab sehr viele Räume dort und die meisten Schüler waren sehr nett. Die Schule hat auch Sozialarbeiter. Die Carl-von ist eine Gemeinschaftsschule. Die Schule wird noch eine Grundschule einrichten. Sie hat auch einen sehr großen Hof. Die Schüler haben eine Stunde Mittagspause." (Kasia)
"Da waren auch damalige Schüler aus Lenau." (Messi)
"Die Ossietzky ist ein bisschen eine gefährliche Schule. Es wurden Polenböller geworfen, darum wurden Kinder in der Schule angezeigt." (Ronaldo)
"Wir haben auch die Werkstatt angeschaut. Die Kinder mit dem Lehrer haben ein Schachbrett gemacht." (Rimas)
"In der Schule haben sie eine Mediothek. Sie heißt Mediothek, weil da nicht nur Bücher sind, sondern auch noch andere Dinge." (Fereba)
"Die Carl-von-Ossietzky-Schule ist eine Oberschule mit gymnasialer Oberstufe. Es gibt in der Schule auch Schließfächer, und neben den Schließfächern gibt es eine Kamera, damit nichts gestohlen wird. Sie haben auch eine Mediothek, sie heißt Mediothek, weil da nicht nur Bücher sind, sondern auch Medien. Die Schule hat eine Kooperation mit der Aziz-Nesin-Grundschule. Viele Kinder, die in der Aziz-Nesin-Grundschule sind, gehen dann zur Carl-von-Ossietzky-Oberschule." (Hans)
"Die Carl-von ist eine sehr gelassene Schule mit vielen unartigen, aber auch vielen netten Kindern. Die Toiletten waren echt sauber, also, hab ich gehört, die Toiletten wurden zugeschlossen, damit niemand die Toiletten kaputtmacht. Aber man kann natürlich auf Klo gehen. Dafür muss man seinen Schülerausweis zeigen. Also in den Pausen gibt es dafür einen Toilettenaufpasser, er sagt zu denen, die auf Klo müssen: "Ausweis zeigen!" Die zeigen den Ausweis und dürfen rein." (Cherry)
"Das Innere fand ich schön. Es war sehr sauber. Am besten fand ich den Handarbeitsraum mit den vielen Nähmaschinen und die Mediothek, die richtig groß war, viel größer als unsere Schulbibliothek! Und die Schüler sind Okey." (Selena)
"Es hat sich gelohnt, weil die Schule spannend war." (Pablo)

Frau N. hat sich große Mühe mit uns gegebn und viel Zeit mit uns verbracht. Wir verabschiedeten uns, liefen den Weg zurück und kauften unterwegs im Gemüseladen noch drei Fladenbrote und zwei Schalen Hummus. Eine Schale Karottensalat mit Joghurt schenkte uns die Besitzerin noch dazu. In der Schule baten wir die netten Frauen in der Küche, uns die Brote aufzubacken. Dann zerteilten wir sie, bestrichen sie mit den Köstlichkeiten und aßen alles ratzeputz leer! Dabei unterhielten sich die Kinder über das gestrige Dschungelcamp und sprachen von den Teilnehmern wie von ihren guten Freunden.
"Wann kam das gestern?" "Och, das fing so um 22 Uhr an und dauert eine Stunde." Puuh...Um elf Zähneputzen und dann nicht schlafen können...So sehen Montage aus.
Mario hatte in der CvO nur den Kopf auf dem Tisch liegen. Beim späteren Texteschreiben gab er wieder manche Begründung ab, warum er nach 40 Minuten, davon zwanzig in einem Raum allein, nur drei Zeilen aufs Papier gebracht hatte.
Wir schauten uns danach sein Blatt gemeinsam an. "Ich kann es Dir nicht ersparen, Du musst heute Hausaufgaben machen. Das ist zu wenig.." "Ja, ich weiß," sagte er zu meiner großen Überraschung. Ich hatte mich auf Gegenwehr eingestellt. "Ich bin manchmal faul. Ich geb's zu." Wir einigen uns darauf, dass er noch schreibt, bis er eine halbe Seite hat.



Unser schönes gemeinsames Futtern mit Klönschnack. Gabriele bestreicht unermüdlich Fladenbrotteile. Sie hat zum ersten Mal in ihrem Leben heute Hummus gegessen, sagt sie. Es hat ihr sehr gut geschmeckt.

http://de.wikipedia.org/wiki/Hummus


Mittwoch, 9. Januar 2013

Respektierst Du sie?

Es ist der dritte Schultag, und schon bin ich krank? Wie ist das zu erklären? Das will ich nicht. Die Nacht war schlimm. Irgendwann stellte ich den Wecker, der sonst auf 5 Uhr morgens steht, aus.
Mittwochs muss ich erst kurz vor 10 Uhr da sein.

In der Schule erfuhr ich, dass es da einige Menschen gibt, die über die Weihnachtsferien genau diese Art von Hustenerkältung durchlitten haben. Ist es das warme Wetter? Lässt es die Keime explodieren? Aber früher konnten alle schnaufen und schniefen, und ich wurde nicht krank.
Ich ernähre mich gesund, gehe früh schlafen, habe auch ein bisschen Spaß hier und da, und trotzdem erwischt mich die erste Erkältung, die man kriegen kann. Sehr, sehr blöd.
Gleich wieder Überlegungen in der Art: Wie bekommst Du ein wenig Schonung hin, ohne, dass alles zusammenbricht, ohne dass andere viel vertreten müssen.

Heute war ich da. Sprach mit dem Konrektor, der die Vertretungen macht. Wenn ich morgen fehle (Ich habe nur drei Stunden) und die Kinder kommen zur dritten Stunde? Das entlastet die Kinder und die Kollegen. So machen wir es. Dann geht es am Freitag vielleicht schon wieder?
Zwischendurch muss ich aus dem Zimmer raus und husten, so stark, dass ich hier nicht erzählen möchte, was ich dabei befürchte.

Die Schüler sind sehr verständnisvoll und sehr arbeitsam. Man muss das anerkennend sagen. 

Wer füttert morgen die Fische? Lucy. Wenn Lucy fehlt, Fereba. Am Freitag Ali. Die eine Schulleiterin hat wegen des Hospitationstermins für die Klasse noch nicht zurückgerufen. Fünf Elternzusagen für Übergangsgespräche sind in den Kalender einzutragen.

Ich kopiere mir die letzten Zeugnisse, um die Noten vor Augen zu haben. Damit keine Notensprünge passieren. Notenlisten habe ich meiner Lebtag nicht geführt. Bei mir ist das immer ein Sammelsurium aus Einzeldaten, die ich aufwendig zu einem Ganzen sichten muss. Klar, die Klassenarbeiten gehören da auch dazu. Aber auch die Dichte der mündlichen Beteiligung, die Qualität der Beiträge, die Ausdauer, Kooperationsbereitschaft und, schließlich, die äußere Form schriftlicher Arbeiten.
Daraus entsteht dann bei mir eine Note.

Man ist nicht gefeit vor Augenblickseindrücken, daher die Zeugniskopien.

Anschließend, wenn ich die Noten habe, dann spreche ich mit dem Kind darüber. Kinder sind Realisten. Sie schätzen sich in der Regel schon richtig ein. Wenn da eine sehr große Diskrepanz ist, dann ist das schon ein Anlass zum Nachdenken. Außerdem kennen alle ihre Noten dann vor dem Zeugnistag. Es kann keine schlimmen Überraschungen mehr geben und meine Schüler werden das senatliche Zeugnistelefon sicher nicht benötigen.

Das heißt nicht, dass wir demokratisch abstimmen. Doch möchte ich alles offen legen und sehen, ob Verständnis da ist oder ob das Resultat als ungerecht empfunden wird.
Dann ist mir auch wohler, und so haben wir es immer gehalten.

"Tobi, na, wie hast Du geschlafen?" Er lächelt gequält. Er hat schlecht geschlafen. Ich werde das jetzt lassen mit diesem Notenmachen bei jeder kleinen Sache. Doch als er es weiß, ist sein Fleiß anschließend etwas erlahmt. Trotzdem. Der Junge steht zu sehr unter Druck.

Mario geht es schlecht. Fieber hat er keines. Er will weiter mitmachen, sagt, dann vergeht die Zeit schneller, weil er seine Mutter auf ihrer Arbeit nicht mit einem Anruf zum Abgeholtwerden stören möchte. So bringt er sich durch den Tag. Manchmal liegt sein Kopf auf dem Tisch, er schnauft oder singt Töne. Nebenbei zerschnippelt er hörbar ein Lineal. Die anderen stellen ihm hin und wieder Fragen nach seinem Befinden, und sogar Emmely zeigt eine Engelsgeduld.

Cherry beschwert sich: "Bastian hat mir meinen Stuhl weggenommen, er sagt, es sei seiner, aber ich erkenne ihn, es ist meiner." - "Bastian, hast Du Cherries Stuhl genommen?" - " Ist doch egal," ballert er zurück, "die sehen doch alle gleich aus." "Gut, gib ihr den Stuhl und nimm einen anderen. Ist doch egal. Sie sehn ja alle gleich aus." Er schmollt ein wenig und gibt den Stuhl zurück.

Marie ist dem Weinen nah: "Ali sagt, ich hab im Islamunterricht nichts verloren, ich soll wegbleiben. Peter sagt das auch." Also kleine Versammlung. Marie ist so sauer, dass sie sich mit den beiden nicht auf eine Bank setzen will. Sie bleibt stehen. "Na ja, Peter war nicht so schlimm, aber Ali, das geht schon seit vor den Ferien." - " Ich hab nichts gesagt, die ganzen Tage jetzt nichts." - "Aber vorher?" - "Hm ja vorher schon." "Und warum?" "Weiß nicht." "Ist es nicht gut, wenn Marie, ohne selbst Muslima zu sein, sich für den Islamunterricht interressiert und Frau Özgün sie mit dazunimmt?" - "Ja, schon..." "Marie befürchtet, dass Du jetzt weitermachst." "Nein, ich mach nichts mehr, ich mach bis zum Sommer gar nichts mehr." "Respektierst Du sie?" - "Klar respektiere ich sie."
"Dann sag ihr, dass Du sie respektierst." "Waas?" "Dass Du sie respektierst. Dass Du sie nicht mehr demütigst oder schlecht mit ihr redest." Er zögert. Lange. Der Begriff des "Respekts" ist anscheinend so besetzt, dass es ihm sehr schwerfällt, ihn gegenüber Marie einzusetzen. "Sag, dass Du sie respektierst." --- "Ich respektiere Dich." "Gut, wir werden dann sehen, ob das wirklich so ist." Gespräch beendet. 

Bevor der Unterricht überhaupt beginnt, kommt Ali in den Wollraum.
Er ist wieder da und erzählt. Er hat sich zu Hause hingelegt, nachdem er gestern  abgeholt worden war und stundenlang geschlafen. Danach war ihm besser. Am Abend tat es noch etwas weh im Bauch, aber heute früh war er schmerzfrei. Prima! Er wirkte gestern so, als ob die Schmerzen eher seelischer Natur gewesen seien.

XX erzählt,  jetzt ist da eine Frau, sie kommt nach Hause und hilft  Sachen entscheiden und so. Sie kommt auch zu dem Treffen, was wir bald haben. Toll! Die Dame vom Amt, die sich sehr nachdrücklich für eine Therapie eingesetzt hat, sie ist wirklich sehr gut.  Die Familie hat es sehr schwer, es gibt einen seit Jahren stalkenden, sie bedrohenden und beschimpfenden Vater. Das geht allen fürchterlich an die Substanz, sie fühlen sich seit Jahren bedroht. Er hat ein Kontaktverbot, hält sich aber nicht daran. Dass eine Frau den Kontakt zu dem Mann, mit dem sie mit sechzehn verheiratet wurde, abbricht und sich auf eigene Füße stellt, weil er sie und die Kinder jahrelang geschlagen und tyrannisiert hat, hat im Vorstellungsuniversum dieses Mannes keinen Platz.

Im Kreis lesen wir einzelne Geschichten von gestern und sprechen darüber, was gut ist und was man sprachlich verbessern könnte. Eigentlich schreiben alle sehr gern. Einige werden fertig und spielen ein Spiel im Nebenraum, Gabriele hilft Pablo ein wenig, bis er eine ganze Geschichte geschrieben hat.

Vorher hatten wir uns ins Thema "Ägypten, eine Hochkultur" eingeführt. Zur Hochkultur gehören Schrift, Verwaltung, ein Staat und die Wissenschaft, hier gibt es viel im Gespräch zu klären.

Vorgeschichte heißen die Zeiten, von denen wir keine Schriftzeugnisse haben. Staat und Verwaltung, die Begriffe muss man auch erst einmal verstehen. Wir tasten uns da ran. Pyramiden, Mumien usw. Schon ist die Stunde vorbei.

Mesut ist wieder da. Ich bin gespannt, ob die folgenden Tage, auch bei der Freizeit, genauso harmonisch verlaufen wie die letzten. Auf dem Gang ist mehrfach zu sehen, wie er sich Kinder aus anderen Klassen unter die Achsel klemmt und ihnen, wie ich finde, zu nahe tritt. Doch hat sich noch keiner beschwert.

So schnell wie möglich verlasse ich nach dem Unterricht das Schulhaus. Nur schnell nach Hause, und dann bin ich hoffentlich am Freitag wieder "fit".

Dienstag, 8. Januar 2013

Thekla

Ab Abend des zweiten Schultages liege ich um 21 Uhr im Bett. Habe vorher noch telefoniert. Thekla war lange nicht da. Sie ist unsere Lesepatin, die wir am längsten kennen. Seit der dritten Klasse kommt sie ein- oder zwei Mal pro Woche und hilft einzelnen Kindern.
Sie ist 82 Jahre alt, eine bemerkenswerte und bewunderungswürdige Dame, ihres Zeichens Architektin. Mit über sechzig Jahren ging sie noch nach Aleppo in Syrien, um dort zu bauen. Das ist die Zeit, in der andere an ihren Ruhestand denken oder schon dort angelangt sind.
Sie war immer von März bis Oktober hier. Ab November und bis zum März verbrachte sie ihre Zeit in Tansania, an der Pazifikküste. Dort ging sie als erstes jeden Morgen schwimmen.
Thekla ist eine sehr zierliche Person und kälteempfindlich. Ein Winter in Berlin - unausdenkbar. 
Wenn sie dann wiederkam, hatte sie viel zu erzählen und brachte schöne Muscheln mit.
Nun ist Thekla schon den zweiten Winter in Berlin. Eine Krankheit verhinderte, dass sie ihrer Gewohnheit und ihrer Liebe zur Wärme und zu Afrika folgen konnte. Nur wenige Menschen wissen, wie schwer ihr das fiel, vernünftig zu sein.
In Tansania warb Thekla für eine Solarkochstelle. Das ist eine Art Aluminiumschüssel, in der sich die Sonnenstrahlen fangen und sich auf einen Punkt, in der Mitte zentrieren, wo der Kochtopf sitzt. Ein tolles Gerät!
Es hilft den Frauen in Afrika, beim Kochen nicht ständig im Qualm zu stehen, es hilft den Menschen in Afrika, für das Kochen nicht die letzten Bäume und Sträucher zu verheizen.
In ihrem Arbeitsleben war Thekla in vielen Ländern tätig, vorzugsweise in Afrika.
Sie erzählte davon, wenn man sie fragte.

Thekla ist nun sehr schwer krank. Ich fürchte, sie wird nicht wiederkommen.
Es macht mich so traurig.
Als ich im Bett lag, kam der Husten. Die ganze Nacht hustete ich und konnte nicht schlafen. Ich weiß nicht, warum.
 

Ich kaufte mir einen alten Hund.


"Willst Du es nicht fotografieren?", fragt Bastian, dem die Schönheit dieses eigentlich misslungenen Druckstücks aufgefallen war.

Im Wahlpflichtunterricht lernten einige Kinder zum ersten Mal mit zwölf Jahren die Technik des Webens und, dass viele ihrer Kleidungsstücke in dieser Technik hergestellt sind.
Dass man sich konzentrieren muss und trotzdem auch einmal etwas schiefgehen kann, zeigte sich auch:



"Wollt Ihr nicht mal eine Pause machen?" Keine Reaktion..."Wollt Ihr..." "Nein, es ist so schön!" Ganz ernsthaft, versunken, andächtig über eine Zeitstunde lang, ohne Unterbrechung. So leise war es in diesem Raum schon lange nicht mehr gewesen.

Irgendwann war es genug und einige fingen an, ihre Köpfe und Hände mit der Schraubzwinge zu vermessen.


Die vier Jungen kannten die Technik des Webens schon, den vier Mädchen war sie neu. Immer wieder: Die Schule regt zu wenig an, mit den Händen schöpferisch zu werden. 
Was die Hände bewegt, bewegt den Geist, evolutionär gesehen haben die Hände den menschlichen Geist geschaffen. Wie es fesselnd ist, mit den Händen etwas zu schaffen, ist immer wieder bewegend zu sehen.
Dabei wurde dann auch noch schön geplaudert. Über dies und das, über Berlin bei Tag und Nacht, eine Vorabendserie, die von manchen täglich angeschaut wird.

Mathe, die Dezimalbrüche. Nach einer kleinen Wiederholung sind alle in der Klasse mit Eifer dabei. Es macht eben Spaß, etwas zu können und die Dezimalbrüche sind doch "Gaanz leicht." Luigi wird schnell unsicher, er bekommt Unterstützung von Gabriele, Frau Herrfurth ist mit drei Förderkindern im Nebenraum beim Rechnen. Man muss Brüche in Dezimalbrüche umwandeln und umgekehrt und erweitern und kürzen, die ganze Palette. Schwupps, sind wieder zwei Stunden vergangen.

Aber es waren noch Matti da und Sevda. Sie gingen mit einigen Kindern Geschichten lesen und unterhielten sich mit ihnen über den Inhalt. Drei Stunden lang. 
Plötzlich saß auch Kerstin in der Klasse und druckte mit Rimas und Bastian die Kakaoaugen. Bastian ist der ideale Helfer in wirklichen Lebenssituationen. In anderen, so ewiglangen klassisch-schulischen Situationen kann er einen Lehrer bis zur Weißglut ärgern.

In der letzten Stunde wiederholten wir: "Wie schreibt man eine spannende Geschichte?" und setzten das gleich in Form einer Reizwortgeschichte um. Die Wörter "Sorgen, lernen, weiß, Freude" sollten eingebaut werden.

Übrigens: Tobi war heute müde. Man könnte annehmen, die Schule fetzt ihn ganz schön an den Nerven. Als er die Geschichte abgeben solllte, war er richtig erschüttert, weil er noch nicht fertig war. "Bekommen wir dafür eine Note?", fragte er. Ich musste ihn sehr beruhigen und sagte zu ihm: "Hey, Du weißt, dass Du Deine Drei im Zeugnis bekommst. Weißt Du das?" Er nickt. "Egal, ob Du jetzt fertig bist oder nicht.  Reicht Dir eine Drei?" Ihm reicht eine Drei. Er scheint beruhigt zu sein. Im Elterngespräch könnte man noch einmal ansprechen, wie sehr er sich unter Druck fühlt und worauf wir alle achten sollten, dass sich nicht zu viel davon bei Tobi aufbaut.  Obwohl ich weiß, dass seine Eltern ihm keinen Druck machen. Er ist einfach so pflichtbewusst und empfindsam, das schlägt bei ihm alles immer voll bis nach innen durch.

Lucy gelang in dreißig Minuten dieses:

Mein Wunsch

Es ist Samstagmorgen. Ich stand auf, zog mich an und rannte zu meinen Eltern. Meine Eltern sagten: "Guten Morgen! Was hast du denn so Schönes zu erzählen?" Darauf antwortete ich lächelnd: "Ich habe von einem Hund geträumt! Kann ich einen Hund haben, bitte?"
Meine Mutter sagte: "Ach Lilly! Du musst mehr wissen über einen Hund, damit du einen hast. Auch, wenn ich vieles weiß, es wird dein Hund sein und das verlangt eine große Verantwortung." Mein Vater sagte lächelnd: "Ach, du kannst ja etwas darüber lesen!" Und drückte mir ein Buch auf die Hand. Ich ging ins Zimmer. Ich dachte mir: "Ich werde etwas über Hunde lernen."
Ich las das Buch. Und so ging es vier Monate lang weiter. Ich ging zu meinen Eltern und sagte: "Ich beweise euch, dass ich alles, fast alles über Hunde weiß!" Sie fragten mich ein paar Fragen. Sie staunten, und dann liefen wir zum Tierheim.
Ich kaufte mir einen alten Hund. Er machte mir Freude. Egal, ob er alt ist, ich mag ihn sehr. Nach zwei Jahren war er krank. Ich machte mir dolle große Sorgen. Nach zwei Tagen starb er, und ich war sehr traurig, aber auch froh, weil er nicht krank war. Der Tierarzt sagte: "Er starb, weil er zu alt war."
Zum Glück war er nicht im Tierheim, sondern er hatte ein Herrchen.

Ende

Recheneifer

Montag, 7. Januar 2013

Schöne Sätze im Präteritum

Vierzehn Tage war frei. Sich selbst gehören. Alle haben es genossen. "Chillen, bis es nicht mehr geht", "Ich bin morgens so um 13 Uhr aufgestanden", "Und die Silvesterbomben, soo: In der Hand hat sie mein Cousin knallen lassen!"

Alle waren zufrieden mit den Ferien. Entspannt und ausgeruht. Ali so geistesgegenwärtig in seinen Beiträgen, so sensibel, nahm gedanklich schon vorweg, was man sagen wollte. 

Tobi musste erst auftauen. Ihm schien die Schule doch sehr im Magen zu liegen. Er sitzt direkt vor dem Lehrertisch. "Willst Du woanders sitzen oder geht das in Ordnung so für Dich?" "Ich will hier sitzen", sagt er, "es ist in Ordnung." Irgendwann kriegt auch er wieder ein Lächeln hin. Und sagt. "Ich konnte in den Ferien gut schlafen." Tobi, ich versteh Dich: Ich auch. Vielleicht kann er während der Schulzeit nur besonders schlecht schlafen? Und wenn ja, warum?

Kleine Texte heute früh, so ein paar Sätze über die Ferien, bevor wir den Stuhlkreis machen und sie vorlesen. So kommt mehr dabei heraus, als wenn man erzählen lässt. Drei Viertel der Schüler sagen dann: "Es war gut!" Und dann ist der nächste dran. Oder: "Ich war viel draußen." Weil sie wissen, dass das der Lehrer gerne hört.

Bastian schleimt: "Ich habe mich in den Ferien soo gelangweilt, ich bin froh, dass die Schule wieder anfängt!" Das lässt ihm hier keiner durchgehen, alle lachen, und er lacht mit.

Manchem geht es vielleicht wirklich so, - und Schule sind ja auch die Freunde, die man sieht - aber in der 6. Klasse, wenn einer so redet, dann gilt das nicht als echt.

Schöne Sätze im Präteritum. Gemeinsames Verbessern von "Ich bin Kino gegangen." 

Peter hat in der Rechtschreibung ALLES vergessen. Es sieht schaurig aus.

Meine Tage-der-Offenen-Tür-Liste der Sekundarschulen, nach Datum geordnet, die mich gestern den halben Tag Zeit gekostet hat, gehen wir gemeinsam durch und markieren die für jeden interessanten Schulen.

"Welches sind Deine drei Wunschschulen?" Sehr realistische Antworten. Jetzt wird es ernst. Die Zeugnisse, die Gutachten, alles bewegt sich mit wachsender Geschwindigkeit  auf die Bewerbungen hin.

"Ich geh Hugo, und wenn das nicht klappt, Carl-von." Soll heißen: Ich würde am liebsten die Hugo-Gaudig-Schule in Tempelhof besuchen, und andernfalls eben die Carl-von-Ossietzky-Schule.

Dann gibt es noch Lina  und Hector (Morgenstern und Peterson).

In Nawi noch der Umweltschutz, die Wertstoffe  und der Müll. Tobi kommt mit einem Stückchen Verpackungsetwas in der Hand: Was ist das? Er möchte wissen in welchen Eimer es gehört. Na? Kannst Du es zerreißen? Versuch mal: Ja. Dann ist es?? "Papier", sagt er. Genau.

Einer fragt: "Was ist eigentlich 'Bio'? Also Gemüse, Eier oder so?" Es dauert etwas länger, wie immer, wenn ich eine solch schöne Vorlage bekomme, doch mir kommt es vor, als interessiere sie das. Man hört zu und einige reden mit.

Die Bücher aus der AGB, die schon etwas über der Ablaufzeit sind: Gabriele bringt sie zusammen mit einigen Kindern zurück und alle kommen geschockt zurück: So ein hoher Überziehungsbetrag ist zu zahlen, es reißt uns allen die Schuhe weg! Es waren etwa vierzig Bücher!

Sie bringen einen Antragszettel für eine Schulkarte mit. Mit einer Schulkarte werden Überschreitungen der Ausleihfristen nicht berechnet.

Ich gelobe innerlich Besserung. Aber am letzten Schultag und auch noch lange in den Ferien war ich sooo fertig gewesen. Das muss jetzt tapfer ertragen werden.

Gruppenarbeiten in Nawi: Was ist der Grüne Punkt? Etc. Rimas kommt so leise, wie er immer ist, an,beugt sich vor, fragt: "Muss ich in der Gruppe arbeiten? Kann ich nicht allein arbeiten?" "Du MUSST!" - "Müssen wir in ganzen Sätzen schreiben?" "IMMER."

Ein schöner Moment, wie alle zusammen die Texte lesen und Probesätze bilden, z.B.: Was ist ein Vertrag? Die Firmen machen mit der Duales-System-Deutschland - weiß der Geier, wer das ist, ich weiß es nicht - einen Vertrag, sie zahlen, dann kommt der Grüne Punkt auf ihre Verpackungen und die Verpackungen werden entsorgt. Wenn man sie in die richtige Tonne schmeißt.

Aber wenn die Verpackungen keinen Grünen Punkt haben und doch in der Wertstofftonne liegen, dann wird sie wohl keiner wieder raussortieren, oder?

Ich finde, dass man dieses System echt schwer kapieren kann.

Lucy kann kurz, knapp und sehr treffend formulieren. Sechste Stunde und alle sind heftig bei der Arbeit:

 

Dann kommt Selena, zeigt mir ihre Flasche und fragt: Ist das auch ein Grüner Punkt? Nee, das ist das PET-Zeichen. Ehrlich, ich habe auch nicht so die Ahnung, was das nun alles wieder wirklich bedeutet....Rückgabe? Pfand? Wertstofftonne? Jedenfalls: Recherche. Morgen am Computer in der Klasse.

Weil der Grüne Punkt aber so geschrieben wird, und es keiner weiß, warum, obwohl wir darüber schon einmal gesprochen haben, versuche ich, ihnen das große G vom Grünen Punkt mittels des großen A des Alten Fritz zu erklären.

Auch über den Alten Fritz haben wir schon einmal gesprochen, er ist der Grund, warum mancher uns Deutsche als "Kartoffeln" bezeichnet. Hier gibt es jetzt einen tour d'horizon via Alter Fritz zum Grünen Punkt und wir halten nach etwa zehn Minuten fest: Das ist ein Eigenname! Es gehört zusammen und meint etwas Besonderes, also nicht irgendeinen alten Fritz und nicht irgendeinen grünen Punkt. So weit, so gut.

Am Nachmittag bei der Korrektur stellt sich heraus, dass Rimas das beste Ergebnis hat, er sollte vielleicht auf ein Gymnasium gehen. Er ist erst seit eineinhalb Jahren in Deutschland. Aber er ist so leistungsbereit und klug. Er kann es im Deutschen noch nicht perfekt machen!
Auf der anderen Schule, wo er ein Jahr war und wechselte, weil er viel geärgert wurde,  da haben sie ihm für ein Jahr keine Noten gegeben. Null.  Jetzt geht er von Null auf Gym? Ist das nicht zu gewagt? Aber an der Sekundarschule ist das Ärgerpotential durch die Anderen zu groß, es ist zu destruktiv. Vermutlich. Das könnte ihn auch abbremsen. Ich glaube, wir riskieren das und werden ihm den Besuch eines Gymnasiums empfehlen...

Auch Mario formuliert gut. Andere haben es zu locker genommen, sie werden sich über ihre Note wundern.

Ich soll nach dem Unterricht zur Kollegin Schulleiterin kommen. Sie deutete kurz an, dass R... Ich frage ihn: "Was war los am letzten Schultag? Ich soll zum Gespräch kommen." "Ach", sagt er, "ich bin voll ausgerastet, der X hat mich provoziert..." X steht dann auch da. "Wir haben aber in den Ferien gechattet und uns wieder vertragen." "Ja?" "Ja, wirklich", sagt R , "Ich hab mich entschuldigt und wir haben uns beim Chatten wieder vertragen." Das klingt doch nicht schlecht.

Später:"Er hat herumgeschrien, dass er ihn umbringen und killen wird." R ist  kein wirklich gewalttätiger Junge. Er ist grundfriedlich, nur, wenn ihn jemand reizt, sieht er rot. Er weiß es selbst. Dann kann es tatsächlich gefährlich werden, denn dann kennt er keine Grenze mehr.

Wir werden das  in verständnisvoller, aber erkennbarer Weise im Textzeugnis erwähnen. Für dieses Mal aber müssen wir nicht strafen.
R ist sehr traurig über bestimmte Sachen. Man sollte einmal darüber reden. Dass er nicht gut Anschluss findet. Das macht ihm viel zu schaffen.

Auch Y, wie ist es ihr ergangen? Am letzten Schultag hatten wir ein Gespräch, sie offenbarte, dass sie sehr große Probleme hat und sie ist sehr tapfer. 
Wir müssten uns einmal unterhalten, wie es ihr in in der Zwischenzeit erging. Es ist mehr als ein elfjähriges Mädchen ertragen kann.

Morgen ist wieder mein "schöner Tag". Unser Besuchstag.

Was mich richtig ärgert: Ich würde sooooooooo gerne mit den Kindern Schlittschuhlaufen gehen. In allen anderen Klassen konnte mindestens die Hälfte der Kinder Schlittschuh laufen. Diese Kinder konnten jeweils ein anderes Kind an die Hand nehmen, das lief  nach einer halben Stunde dann auch. Aber hier??? Sieben können es! Nur sieben! Ein Drittel nur! Es ist zum Heulen. Wie soll das gehen? 

Doch Schluss jetzt: Habe ein schönes Bier vor mir, das geröstete Fladenbrot mit Hummus, das die freundliche Dame im türkischen Laden selbst zubereitet hat; es schmeckt köstlich! Damit ziehe ich mir jetzt den Teil des Tatorts rein, der mir gestern fehlte, weil ich früh schlafen gehen musste. So long! : ) 

Und zu guter Letzt noch Cherrys Sicht auf diesen, ihren Tag:

http://cherrystagebuch2.blogspot.de/2013/01/liebes-tagebuch.html