Heute ist Tag 9 meiner Schulferien! Die Tage bekommen Nummern, damit sie langsamer vorbeigehen.
Ich habe die Schule vorhin verlassen. Es geht mir gut. Verreisen möchte ich nicht groß. Mir kommt das touristische Reisen oft vor wie Kulissenabklappern, dafür habe ich kein Geld, möchte keines dafür ausgeben.
Lieber bin ich bewusst und mit offener Haltung dort, wo mir die Dinge etwas bedeuten. In der Schule. Zu Hause. Bei den Schafen. In Berlin. Und eine Woche im Juli im Hunsrück. Da bin ich geboren. Das muss ich ab und zu mal sehen.
Berlin ist wunderbar leer während der Schulferien. Man steht morgens früh am Straßenrand und es kommt ewig kein Auto. Es lärmt weniger. Die Linden duften nach Lindenblüten. Das sind meine Ferien, ich liebe sie!
Man darf langsam sein. Die eigene Wohnung genießen. Sie mit einem Ferienappartment tauschen? Nein, danke! Alles ist, wie es sein soll. Ich bin zufrieden.
"Meine" 6. Klasse habe ich abgegeben. Sie sind mental auf dem Weg in die Oberschule. Was wir so alles gemacht haben, womit wir uns gequält, worüber gefreut haben, das kann man hier noch nachlesen.
Das Aquarium ist schon weg. Alles befindet sich in Auflösung. Staublungengefahr.
Nach den Ferien werde ich Lehrerin einer 1. klasse sein. Und ich muss umziehen. Zweimal sogar. Einmal den Klassenraum wechseln, dann noch die Wollwerkstatt.
Beides war mein eigener Wunsch. Auch, eine erste Klasse zu übernehmen. Ich wollte mich mal wieder fordern.
Alles draußen aufgestapelt.
Noch einmal eine 3. bis 6. Klasse machen? Es wäre jetzt das fünfte Mal in Folge. Es gibt ja auch so etwas wie Bore-Out.
Ich hab eine Kollegin an der Schule. Sie ist Erzieherin. Sie wirkt auf mich sehr herzlich und lebendig und wir sind uns im letzten Jahr ganz oft einfach spontan in die Arme gefallen, wenn wir uns im Haus begegnet sind. Es ist ja nicht immer alles sooo schön. Da braucht man Orte und Menschen, die, na...Gutes Karma ausstrahlen. Wir waren füreinander die Sonnenscheinchen.
Darum habe ich sie gefragt, ob wir was zusammen machen. Das war nur in einer ersten Klasse möglich. Nun bin ich sehr, sehr glücklich, dass sie sich für "uns" entschieden hat! Hurra!!!
Grüne Hölle im Vorraum. Mancher hat noch was dazugestellt wie z.B. eine Kollegin ihre Lieblingspflanze mit wunderschöner Blüte...
Die Schule brauchte noch ein Gespann für eine dritte erste Klasse. Wir haben also der Schule auch einen Gefallen getan, als wir uns zusammentaten. So kann ein neuer Kollege eine dritte Klasse übernehmen und wir sind dann bei den ganz Kleinen.
Tagelang eingepackt und Kartons beschriftet. Der Vorteil: Man hat alles einmal in der Hand gehabt und konnte sich entscheiden: Ablage oder Ausmisten.
Die ganz Kleinen sind jetzt noch gänzer klein oder viel kleiner und jünger als früher: Es sind Fünfjährige dabei! OMG! Fünfjährige! Sie waren früher in den so genannten Vorklassen untergebracht und lernten, wie man Stifte hält und mit der Schere schneidet...
Ich seh mir Kinder auf der Straße an und denke: "Ach so, so groß sind sie also..." Als mir vorhin eine Kleine ein ganz strahlendes Lächeln zeigte, wurde mir ganz zuversichtlich, und ich dachte:"Das wird schon!" Immerhin kann ich mich auch noch erinnern, wie es mit unserem Sohn in der Zeit war, als er zwischen fünf und sechs Jahren alt war. Also: keine Angst!
Meine letzte erste Klasse begann im Jahr 2000. Wir hatten den Lehrgang "Lesen durch Schreiben", der gerade im "Spiegel" mit Recht verrissen wurde. Eine Fibel zu nehmen, war damals ganzganz Bäh! Ich hatte das auch nicht ausgesucht, es war einfach Zeitgeist, dass man Kreativität fördern wollte und so hantierten alle Kinder mehr oder weniger hilflos mit den Anlauttabellen herum.
Meine besten Erfolge hatte ich in grauen Vorzeiten in Reinickendorf mit der "Fu"-Fibel. Das durfte man später in Kreuzberg in angesagterer Umgebung aber nicht laut sagen.
Fu ruft Uta. Uta ruft Lora. Lora ruft Fu.
Das ist etwas für die Kinder, die nicht mit Sprachbetrachtung zu Hause aufwachsen. Sie bekommen ein Geländer zum Dran-Festhalten...
Das war irgendwie von der anderen Seite her quasi halbfaschistisch, die Kinder so "abzurichten".
Sie SOLLTEN KREATIV sein. Kaum fiel einem oder einer das Paradox auf, das in solchen Haltungen steckt: SEI FREI!
So etwas kann nicht funktionieren.
Ich kannte damals den Lehrgang "Lesen durch Schreiben" nicht, aber heute habe ich genug Selbstbewusstsein, auszusprechen, dass solche Kreativdingsdas für Profkinders sicher wunderbar sind, aber dass es Kinder gibt, die mehr Stütze und Struktur brauchen, und die dürfen wir auch nicht allein lassen.
Copolymere Acryldispersionen als Bodenversiegelung. Was soll man sich bloß darunter vorstellen? Das Zeug stinkt. Was ist da bloß drin?
Ich will das in meiner Klasse nicht auf dem Boden haben. Deshalb musste ich den neuen Raum auch selbst putzen und werde dann mit einem Biozeugs den Boden pflegen. Immerhin hält man sich täglich stundenlang in den Räumen auf. Dann glänzt der Boden nicht so, aber ich habe ein wenig Kontrolle über das zurückgewonnen, was man da täglich einatmet.
Ich lese gerade ein Buch, um mich einzustimmen. Es zeigt den Forschungsstand über das Lesen aus neurologischer Sicht auf. Bevor es dann zu den näheren didaktischen Fragen geht....
Habe den alten Klassenraum vollständig ausgeräumt. *Hust* Der neue ist noch leer. Jetzt kommt eine ganz schwere Phase: Das Aussuchen der Farbe(n) für das Anmalen der Wände.
Ich werde Biofarben nehmen. Aber es ist schwer, die richtige Farbe zu finden. Davor ist mir etwas bange. Man kann so viel falsch machen.
In der Schule bin ich auch allein damit. Niemand ist da. Als ich 1989 an diese Schule kam, saßen da immer in den Ferien ein paar Kolleginnen herum und werkelten, machten Pläne. Heute ist das anders.
Da muss ich eben alleine durch. Mein altes Wandgrün war ja auch nicht so schlecht. Aber es soll einmal etwas Neues sein.
Doch jetzt ist erst einmal Wochenende!
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