Freitag, 28. September 2012

Der Kleene muss noch wachsen

Heute war unser letzter Schultag. Wir hatten vier Stunden zusammen. Mit einem Frühstück begannen wir. In drei Gruppen hatten alle geplant, wer was mitbringt. Wenn einer etwas vergessen hat, merkt man das sofort. Es erhöht den Druck auf den Einzelnen, seinen Anteil zu leisten und nichts zu vergessen, wenn man kleinere Gruppen bildet und jede für sich berät und plant. So sehen die Frühstückstische auch verschieden aus.




Bei der ersten Gruppe sieht man sorgfältig gewaschene Trauben und Tomaten. Sogar eine Tischdecke ist vorhanden! Servietten sind da und alles, was man braucht zum Essen und Trinken. Kann man nicht besser machen!




In der zweiten Gruppe brachte Marie einen wunderbaren Obstsalat mit. Es gab keine Butter, das war aber Absicht gewesen. Sonst war alles da. Mario lud sich ordentlich Ketchup auf seine Sucukwurst, das schmeckte ihm besonders gut. Cherry ist unfroh, sie wollte eigentlich die Gruppe wechseln und ich war nicht drauf eingegangen.....

In der dritten Gruppe war es sehr lustig. Zuerst vergoss Messi eine halbe Flasche Apfelschorle auf dem Tisch, das gab großes Juchu. Selena sprang schnell herbei und war schon am Wischen, da hielt ich sie zurück und verwies aufs Verursacher-Prinzip. Außerdem müssen wir Frauen die Jungs erziehen, dass sie das auch selber hinkriegen. Vielleicht passt Messi dann beim nächsten Mal besser auf?

Praktikumsstudentin Vanessa war heute den letzten Tag bei uns. Sie hatte wunderbaren selbst gebackenen Streuselkuchen dabei, der schmeckte soooo gut! Später verdrückte Messi mindestens fünf Stücke davon, aber wir ließen ihn ("Der Kleene muss noch wachsen.."). Bastian hatte duftende Minze. Davon braute sich Vanessa einen Tee, Bastian verzierte die Butter und ich nahm mir einzelne Zweige, um sie einfach so aufzuessen. Sie schmeckte herrlich!

Nach dem Frühstück kam die härteste Probe: Aufräumen und Abwasch! Das ging ganz einvernehmlich, wie man sieht: Jungen und Mädchen wuschen gemeinsam ab, am Ende saßen alle an sauberen Tischen und die Teller und Tassen waren gespült und abgetrocknet. Ohne das kompetitive Moment wäre vielleicht mehr geschludert worden. Es gab nämlich auch eine Bewertung: 1. Ist alles Nötige vorhanden? 2. Wie steht es mit der Ästhetik? 3. Hat das Aufräumen geklappt?

Alle drei Gruppen hatten nur die besten Bewertungen, sie unterschieden sich nicht. Während der ganzen zwei Schulstunden gab es kein einziges lautes Wort, keinen einzigen Missklang. Das war sehr entspannend gewesen, so ein Frühstück, wenn es so organisiert wird, dass jeder angehalten wird, das Ganze im Blick zu behalten.

Vor dem Frühstück war noch etwas ganz erstaunlich: NIEMAND griff vorher zu, keiner hatte sich schon eingegossen.....Das war wohl ein Ergebnis unserer Klassenfahrt, denn dort hatten wir sehr viel an diesen Punkten "arbeiten" müssen. Zu Anfang war keine Einsicht da gewesen, dass es beim gemeinsamen Essen einen gemeinsamen Beginn gibt! Aber jetzt! Wir sind einen großen Schritt weiter. Prima!

Dann gingen alle Schüler in die Pause. Wir Lehrer und Erzieher versammelten uns, um einer Person zu gedenken, die viele Jahre mit uns gearbeitet hat und die dieser Tage verstorben war. Die Nacht habe ich kaum geschlafen, aber es war kein Moment in diesen ersten beiden Stunden gewesen, wo man hierüber hätte sprechen können.

Als sie aus der Pause kamen, wussten sie es. Wir bildeten einen Kreis und sprachen etwa eine Stunde über die verstorbene Person, die wir alle gekannt hatten, trugen einzelne Erlebnisse und Eindrücke zusammen und erzählten uns über sie. Das war sehr traurig und doch - richtig. Man merkte, dass es richtig war zu sprechen.

Dann mussten wir doch noch die Klassenarbeit schreiben. Frau Plötzihn ging mit einigen Kindern in den Nebenraum, die sich unsicher fühlten, Vanessa unterstützte Marie.

Die anderen schrieben sich im Klassenraum "hindurch". Die Arbeit dauerte eine Stunde, somit hatten wir jetzt leider keine Zeit mehr, Cherries Geburtstag zu feiern. 

Sie bekam ihr Buch, das sie sich letzte Woche im Buchladen ausgesucht hatte, die Schokoküsse verteilte sie in der nachfolgenden Englischstunde, an deren Ende die Kinder auch den Feriencountdown schrien: 

TEN, NINE, EIGHT, SEVEN, SIX, FIVE, FOUR, THREE, TWO, ONE ----  FEEEERIEN!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!

Donnerstag, 27. September 2012

M kann es jetzt, denn alles ist verstehbar!

Heute gingen unsere Mädchen aus der Tierschutz-AG mit Frau Pollack zum Tierheim. Sie waren guter Dinge und besonders begeistert, als sie hörten, dass Pollo, Frau Pollacks Therapiehund, auch auf dem Weg mit der BVG ins Tierheim mit dabei sein würde. Das kann man gut verstehen.

Dabei erfuhr ich, dass sie sehr zufrieden mit ihrer handgefilzten Handytasche ist.

Sie meinte, wir könnten in Serie gehen, die Hülle sei sehr praktisch und gefalle ihr gut! Das zu hören hat Freude gemacht!
Wir nehmen weitere Aufträge gern an!

Heute war Marios und mein gemeinsamer Tag! Endlich hatten wir die Förderstunde zusammen, um die Frage der Orientierung nach Breiten- und Längengraden abzuschließen. Er löste die Aufgaben mit Bravour und schließlich ohne Hilfen und wir waren schließlich beide der festen Überzeugung, dass es verstehbar war! Es freute ihn sehr, dass er es nun verstanden hat und mich ebenso! : )
Die anderen Kinder ritzten Höhlentiertaugliches in Alufolie und gossen es dann mit Gips aus. Kollege Lars bereitet weiter unseren Beitrag zum Lesefest vor: Führung durch eine steinzeitliche Höhle.



 

Soweit habe ich es mitbekommen...

Dann hatten wir eine Klassenkonferenz, weil wir eine Ordnungsstrafe verhängen mussten. Das war nicht so schön. 
Aber wahrscheinlich notwendig, weil einfaches Ermahnen hier nicht mehr hinreicht und wir als Schule auch Verantwortung haben, bei schweren Verfehlungen frühzeitig deutlich zu machen, dass dies nicht zu dulden ist. 
Es war eine gute Konferenz, ein gutes Gespräch mit den Eltern, und X. hat sich vorgenommen, es zukünftig anders und besser zu machen. Das wirkt echt und glaubhaft. 
Die Eltern waren ernsthaft und aufgeschlossen. Keiner machte der anderen Seite Vorhaltungen. So wird es dann in Zukunft besser gehen. 
Jeder macht einmal etwas falsch. Die Eltern hatten zu Hause sehr klar reagiert. X bereute aufrichtig und hat es bis jetzt eingehalten. Er hat die Sitzung bewundernswert durchgestanden. Das war bestimmt sehr schwer für ihn.

Nun muss ich noch die Klassenarbeit in Mathematik für morgen basteln und ein paar Sachen nachsehen, einen Ferienbrief an Eltern und Kinder schreiben, aber ich glaube, erst mal in die Badewanne......zum Entspannen, denn jetzt, in der achten Schulwoche, irgendwie läuft man schon auf den Gummis.

Hab heute keine Ideen beim Schreiben. Wenn man persönlich etwas sehr Trauriges erfahren hat wie ich heute, dann ist die Leichtigkeit dahin, die man zum Schreiben braucht.

Also - erstmal Badewanne und dann die Klassenarbeit vorbereiten.

Eine schöne kleine Sache gab es noch: Meine nette Ex-Kollegin Antonia kam zu Besuch in die Wollwerkstatt. Sie war am Dienstagabend beim Filzkurs gewesen und hatte mich vermisst. Ich hatte es VERGESSEN! Wahrscheinlich Überlastung. Ich hatte mitmachen wollen, um ein wenig Handwerkliches zu erlernen. Am Dienstag wurden Handschuhe gefilzt. Sie ahnte schon, dass ich es aus Überlastung vergessen hatte....Gnädiges Vergessen nenne ich das immer. Es fällt mir tatsächlich dann immer erst nachher ein.
Sie kaufte Wolle zum Weiterfilzen zu Hause, Wolle von unseren Schafen und zahlte etwas dafür! So habe ich heute mit gewaschener und gekämmter Wolle ein wenig Geld verdient! Das macht mich ein ganz klein bisschen stolz!

Mittwoch, 26. September 2012

Der Idiot als Privatmann

Wir waren heute in die Amerika-Gedenk-Bibliothek (AGB) zu einem kleinen Sprachkurs in griechisch eingeladen. Sie nennen es "Sprachbad", warum eigentlich?

Weil ich so einen Druck gemacht hatte, um ja nicht zu spät da zu sein, waren wir fast eine halbe Stunde zu früh da. 

Standen etwas dumm rum, da sagte jemand: "Kommt. Lasst uns joggen!" Und schon joggten wir alle rund um den Blücherplatz, ich eher langsam, manche schneller, andere nutzten die Zeit, um sich noch die Fakten für den Erdkunde-Nachholtest nachher einzuprägen. Und - schwupps! war die Zeit herum und wir wurden in die ABG hineingelassen. 

Vorher war da noch ein Herr, der stellte sich als  von irgendeinem europäischen Verein vor, ich habe vergessen, was das war und eine Journalistin, die für die Europäische Union berichtet und, ob sie über uns berichten dürfe. 

"Im Moment hab ich's nicht so mit der Europäischen Union," sagte ich, "Sie verstehen, ESM und so, da läuft grade alles schief, das versteht keiner mehr...Na ja, trotzdem, warum nicht. Ohne Fotos natürlich, auf denen Personen erkennbar wären."

Warum wir hier seien. Wir waren eingeladen worden. Viele Wörter der deutschen Sprache kommen aus dem Griechischen, das kann nur interessant sein, mehr darüber zu erfahren.

Schon waren wir "drin". Wir übten die Buchstaben mit diesen schönen Bildern.


Wir übten das griechische Alphabet - schon der Name bezeichnet die ersten beiden Buchstaben - und erfuhren einiges über die Ursprünge der griechischen Sprache, z.B., dass sie Ähnlichkeiten mit den semitischen Sprachen habe und früher von rechts nach links geschrieben wurde...

 

Die Kinder schrieben eifrig mit und hörten noch eifriger zu. Einige Mädchen hatten dank Matti schon erste Kenntnisse und konnten etwas damit prunken. 

Alle Kinder waren auf eine intensive Weise mit dabei - fast alle, bis auf M, der demonstrative Zorn- und Schwächeanfälle bekam, deren Ursache im Dunkeln blieb. Dies aber fiel bei den anderen nicht weiter ins Gewicht, da sie viel zu konzentriert waren, um es zu bemerken.

 Was das hier heißt, könnte ich jetzt auch nicht mehr sagen....paidi...sind Kinder, früher: Knaben, ich glaube, die Lehrerin hat uns auf griechisch gelobt.



Wir schrieben unsere Namen und hörten, dass "Apotheke" auf griechisch "Abstellkammer" heißt, die Griechen sagen etwas Ähnliches wie "Pharmazie".




Im Martin-Gropius-Bau gibt es eine Ausstellung zu Olympia, man könnte sie auch besuchen.
 


Zum Schluss erhielt jeder eine Urkunde mit seinem griechischen Namen und ein Europa-Puzzle-Spiel, dann gingen wir nach Hause, das heißt, in die Schule.
 


 Nach einer Pause war unser Nachhol-Erdkunde-Test "dran": SENSATION: Bastian: 1, Luigi: 1, Messi: 1, 
Peter: 1, Fereba hatte sicher eine "3" geschrieben, Ali hatte seine "4", wie er es Matti versprochen hatte. Lucy hat eine 1, nur bei Emmely haute es nicht so ganz hin. Das konnte ich auf den ersten Blick nicht so ganz sicher einschätzen.
Morgen werden wir darüber sprechen, WIE diese sensationellen Verbesserungen erzeugt wurden - ich hatte immerhin die Blätter geändert! Marie hat es auch viel besser als beim ersten Mal hingekriegt. Mesut ebenfalls. WUNDERBAR! Es gab etwas Gequengel, weil sie  sich ihre Einsen jetzt nicht mehr entreißen lassen wollten, dauernd versuchte jemand, gegen meine Durchschnittsstrategie anzudiskutieren. 

"Wenn Du beim ersten Mal eine 6 hattest und beim zweiten mal eine 1, dann bilden wir den Durchschnitt, das ist 3 bis 4, denn eine 1 beim ersten Mal zu erzielen ist trotzdem noch VIEL besser." So. Schluss.

Der Rest war nicht Schweigen wie bei Hamlet, sondern die Planung des Freitagsfrühstücks, Aufräumen und - der Schultag war beendet.

Die AGB-Frauen und der Herr hatten uns bis über den grünen Klee gelobt, und zu Recht! Nach über einer Zeitstunde saßen die Kinder immer noch hoch aufmerksam und antwortend da, wie Studenten eigentlich, es war ungewöhnlich. Wirklich toll. Wie sie es angenommen und mitgemacht haben. Im Raum wurde die Luft immer dicker, es war recht abstrakt und da waren diese Kinder, ruhig, immer noch konzentriert bei der Sache. 
Das war sehr beeindruckend. Wie erwachsen sie plötzlich wirkten, wie ernsthaft.

Als M später erfuhr, dass auch er eine 1 geschrieben hatte, wich aller Druck von ihm und er war entspannt wie sonst.

Nur eine Sache war etwas peinlich: Keiner hatte auf Anhieb Griechenland auf einer Europa-Karte gefunden. Wir eiern ja noch bei Deutschland rum. Aber das muss sich ändern.

Morgen werden die Tierfreundinnen von Frau Dr. Pollack abgeholt und verbringen mit ihr den Tag im Tierheim Berlin. 

Leider hat die Essensfirma versagt und stellt keine Lunchpakete bereit. Wir werden improvisieren müssen...Aber es sollte doch möglich sein, von Montag auf Donnerstag Lunchpakete bereitzustellen. 

Man sollte das Geld für das Mittagessen zurückverlangen. Normal bin ich gar nicht so, aber wenn die uns so hängen lassen...

Idioten! 

Idiotos mit Betonung auf dem zweiten "i" ist im Griechischen der Privatmann. Das ist der, der nicht kapiert hat, dass alles Leben sich in sozialen Verhältnissen abspielt und sich daraus abzukoppeln sucht. Daraus ist dann unser Schimpfwort "Idiot!" geworden.

Denn der Grieche sieht den Menschen als das Zoon Politikon, das ist das "gesellschaftliche Tier".

Er kann nur Mensch im emphatischen Sinne sein als jemand, dem gesellschaftliche und gemeinschaftliche Bezüge wesentlich sind. Nur hierdurch, nicht für sich allein oder gegen die Gemeinschaft,  kann er sich als Mensch realisieren. Das ist der Kern, aus dem sich die Polis entwickelte und die Idee (Eidos = Bild) der Demokratie. 

Und: Hallo, Cherry, ich weiß, dass Du das liest: Lass' Dich nicht entmutigen durch die Sache mit den Fotos, Du machst das richtig und ich freue mich, wenn Du den Spaß am Blogschreiben nicht verlierst!

Hier geht's zu Cherries Blog: Nur Klicken bitte! 



Dienstag, 25. September 2012

Bei Matti lernt man griechisch

Es ist 16 Uhr. Gerade habe ich mir die Fotos von heute angesehen. So kann ich mich erinnern, dass heute mein Lieblingstag war, weil...



heute Kerstin- und Mattitag war. Hier wird er gerade von seinem Fanclub begrüßt. Kerstin und ich schauen uns an - Männer haben es gut! Sie sind in der Schule dermaßen Mangelwesen, dass sie soo angehimmelt werden, dass man fast....Aber nein.




Kerstin bespricht mit Selena  die Arbeit von heute.

Sieht das ordentlich im Setzkasten aus! 

Dann wurden Fereba und Marie zum Setzen und Drucken gebraucht....und kein Mathe mit Fereba war heute möglich. Das muss man aushalten können. Sagte ich zu mir. Kerstin meinte, die Kinder seien jetzt schon so fit, dass sie das Setzen und Drucken auch schon allein beherrschten. Vielleicht kann man das nach den Ferien dann einmal so probieren. Sie hat mit ihrer Magisterarbeit dann wirklich genug zu tun.

Dieses wurde heute gedruckt. Na, wer kann Spiegelschrift lesen?? Ich lese "Himmeldunkel" "Sternenfunken" - das klingt vielversprechend.
 

Raaabenschwarz fing es heute mit mir an. Der Blick auf den Vertretungsplan -- und schon ist die Stimmung auf dem Tiefpunkt. Von drei Förderstunden alle weg. 

VER-DAMMT!!!

Echt, das macht kein' Spaß mehr. Wir hatten heute Tag der Offenen Tür. Künftige Erstklassenschüler-Eltern schauen sich die Schule an und da müssen Opfer gebracht werden. Wieso bin ich so ein Spielverderber? Unsere Schule braucht Eltern, die herkommen wollen. Aber ich brauch mal wieder Förderstunden. Also echt: Ich werde keine Förderpläne mehr erstellen, wenn die Quote der erteilten gegenüber den auf dem Papier stehenden Förderstunden unter 50 % liegt....Das zähl ich Euch durch! Das wird so langsam zur Farce, die offiziellen Zahlen und was dann tatsächlich davon noch im normalen Unterricht landet und nicht als Vertretungsreserve hinausgefeuert wird.

Das muss mich so durchgeschüttelt und verwirrt haben, dass ich danach ständig keinen Überblick über die Sachen hatte, die ich eigentlich zur Hand hätte haben wollen. 

In den ersten beiden Stunden waren wir in der Wollwerkstatt. Hülya kam zum dritten Mal zu spät. "Sie kommt immer zu spät", flötete ihre Nachbarin. Aha. Gut zu wissen. Ich drohte ihr einen Brief nach Hause an, von dem ich wusste, dass ich ihn nie schreiben würde, sie wahrscheinlich auch, denn es beeindruckte sie nicht die Bohne. Es war aber ein schönes Nähen und Filzen, wir vergaßen fast die Zeit, plötzlich waren die beiden Stunden um.

Mathe. Matti. Kerstin. Neu orientieren. Erst einmal die Erdkundearbeit zurückgeben. "Können wir nochmal schreiben?" kommt die Frage. "Hmm, ja." "Wann?" "Morgen." Aufheulen: VIEL zu früh. Donnerstag? "Nein, morgen oder gar nicht."

Im Kreis besprechen wir, wie man es gut lernen und behalten kann. Selena hatte sich selbst eine Deutschlandkarte abgepaust und alle Gebirgs- und Flüssenamen eingeschrieben, so war sie sicherer geworden. 



Tobi erzählte von seiner Technik. Luigi sagte, er habe gedacht, man müsse die Namen alle alphabetisch aufschreiben.... 

Später kommt Ali mit Peter und fragt:" Ist das Blatt morgen das gleiche (Sie kennen bereits den Unterschied zwischen "das Selbe" und "das Gleiche" )
wie gestern?" Was soll diese Frage, denke ich. "Ja?" "Ah, gut!" "Wieso?" "Dann können wir es so auswendig lernen, wie es hier steht!" Verflixt. Sie sollen wissen, wo der Schwarzwald auf der D-Karte zu finden ist und nicht alle Begriffe hintereinander weg auswendig lernen. Muss ich jetzt auch noch eine neue Version der Nachprüfung herstellen?

Peter:" Wenn ich jetzt eine 1 schreibe, habe ich dann im Ganzen eine 1?" Mann, sind sie berechnend! Ich hatte mir darüber noch keine Gedanken gemacht. "Hans hatte alles beim ersten Mal richtig. Das ist die bessere Leistung, oder?" "Ja, stimmt schon." "Eben, und deshalb werde ich dann aus der alten und der neuen Note den Durchschnitt bilden." "Ooocchhh." Sein Gesicht wirkt nun sehr enttäuscht, die Stimmung ist unten. "Du musst wissen, ob es Dir wichtig ist, und dann machst Du, was Du für richtig hältst! Ihr könnt auch wunderbar am Nachmittag hier üben. Wir sind eine Ganztagsschule, da kann man auch die Zeit gemeinsam zum Lernen nutzen.
JEDER ERFOLG BESTEHT ZU 90 % AUS.....FLEIß!"

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Ja, ich bin auch nicht immer fleißig. Hätte mich besser auf Mathe vorbereiten können....Aber ich habe gestern - ohne die Schulgärtnerei - schon neun Stunden gearbeitet.

Brüche erweitern, zeichnerisch und rechnerisch. Ein Glück, dass Gabriele da war!! Sie war mit den Förderkindern drüben, so hatten sie eine Ansprechpartnerin. Danke! : )

Dabei niemals schematisch werden, sondern immer fragen: Was heißt das in wirklich? Denn Rechnen ist hoch symbolischer Umgang mit Wirklichkeit. Das muss im Unterricht spürbar bleiben. Immer gegenchecken, was "es" bedeutet, eine Gleichung, ein mathematischer Sachverhalt. Es ist eine Art Sprache. Sprache behandelt Sachen. was sind die Sachen und wie werden sie behandelt. Das gemeinsam herauszufinden, kann Mathe für Momente spannend machen. Aber man muss auch auswendig lernen, um darauf zurückgreifen zu können:
Gemeinsam sprechen: MAN  ERWEITERT EINEN BRUCH, INDEM MAN ZÄHLER UND NENNER MIT DER GLEICHEN ZAHL MULTIPLIZIERT. DER WERT ÄNDERT SICH NICHT.
Dann erkennen anhand der Zeichnungen, dass der Wert sich nicht ändert. Aber auch daran, was wir in den letzten Tagen "heruntergebetet" haben:
 

Du hast einen Bruch. (WAS IST EIN BRUCH?) Je größer die Zahl auf dem Zähler, umso GRÖßER der Wert des Bruchs. Je größer die Zahl im Nenner, Umso KLEINER! der Wert des Bruchs.
Jetzt nimm Zähler UND Nenner mit der GLEICHEN Zahl mal! Oben größer, unten kleiner, also: Der Wert bleibt gleich!
Kann sein, dass das mathematisch nicht korrekt ist, aber es hat, glaube ich, genutzt, um zu verstehen.

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Nach der 2. Hofpause fehlten ALLE Jungen, sie kamen mehr als zehn Minuten zu spät und erzählten lauwarme Sachen, warum wieso weshalb Entschuldigung. Ich wollte zu ihnen durchkommen, indem ich sie schocke, und schon hatte ich mir wieder blöderweise eine Stunde Mehrarbeit aufgehalst: Dafür sitzt Ihr am Freitag in der 6. Stunde eine Stunde nach! Es saß. Jetzt muss ich nur noch die Strafe mit absitzen.

Mittendrin kam Mesut fast weinend und total erschöpft, stand im Gang, wollte nicht in die Klasse, "Meine Schwester",  stammelte er vor Atemlosigkeit, "wir haben gestern Abend gefeiert, sie ist ein Jahr alt geworden." "Mesut, was ist mit ihr? Ist ihr was passiert?" "Nein, ich konnte nicht schlafen..." "Ist alles in Ordnung, alle gesund?" "Ja, ich konnte nur nicht schlafen und..dann bin ich heute erst um 10 Uhr aufgewacht und..." Er weinte fast. Sonst ist er ein ziemlich tougher Junge. Er saß noch draußen, bis er sich beruhigt hatte und kam dann herein. Wie dünn er ist, dachte ich mir, wie zart eigentlich. 

Vielleicht hatte er aber auch nur so einen Schiss, weil am Donnerstag wegen seines Verhaltens Klassenkonferenz ist? Es wirkte nicht so. Es wirkte echt. Ich hätte nicht gedacht, dass er sich wegen eines Zuspätkommens so unglaublich  aufregt. Später sah ich, dass seine Mutter auch deswegen angerufen hatte.

So, jetzt muss ich leider den Test noch umbauen, um die Kerle morgen ein bisschen schocken zu können. Sie sollten nicht immer so viel Energie aufwenden, um zu schummeln und zu bescheißen, sondern sie benutzen, um Sachen für sich wirklich auf die Reihe zu kriegen....Mistkram. Aber gut, dass Ali noch fragte, sonst wäre ich in meiner Arglosigkeit auch noch darauf reingefallen...

Eine Stunde geschrieben. Nun ist's genug.



Eine nette Situation noch: Gestern. Das steht an der Tafel, einer sagt: "Wird wie viele nicht auseinander geschrieben?" "Hmm, tolle Frage, auf sowas zu achten. Klasse. Müsste man mal nachsehen. Mein Sprachgefühl sagt mir, es wird zusammen geschrieben, aber was will das schon heißen?" Als alle abschreiben, gucke ich unter "viele" nach und finde  - nichts.

Kurz darauf hat Selena es gefunden: "Schau hier, bei "wie", da steht es, es wird zusammen geschrieben."
Wahnsinn. Soo toll kann Zusammenarbeit sein.

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Ach so, bei Matti lernt man griechisch, griechische Wendungen und das griechische Alphabet. Passt gut. Morgen werden wir in der AGB (Amerika-Gedenkbibliothek) einen kleinen Griechisch-Sprachkurs bekommen. Wenn einem jemand so etwas anbietet, da kann man doch nicht nein sagen...




 (Eineinhalb Stunden im Schulgarten verbracht.)

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Montag, 24. September 2012

Die Sache mit dem Chi

Dieser Montag war sehr schön. Es ist ein wunderbares Gefühl, ausgeruht zu sein. Man kann alles gut an sich herankommen lassen.


Doch, wie ein jüdisches Sprichwort sagt: "Der nächste Tag beginnt am Abend vorher." Da kann ich nur zustimmen. Jetzt, wo es immer früher dunkel wird, macht es mir Freude, "mit den Hühnern ins Bett zu gehen." Ich habe einmal gelesen, dass der Körper beim Dunkelwerden Melanin produziert, einen Stoff, der den Körper für den Schlaf vorbereitet. Das soll über die Augen gehen. Die Dämmerung führt dazu hin, wenn man dann aber elektrisches Licht anknipst, ist dieser Effekt weg.

Dann stellt sich der Körper wieder auf Aktivität um. Da die Augen an der Produktion körpereigener Stoffe so stark beteiligt sein sollen, trage ich fast nie eine Sonnenbrille. Umgekehrt macht auch die Sonne viel mit uns. Wenn wir Sonnenbrille tragen, wähnt sich der Körper im Schatten und produziert z.B. nicht so viel Vitamin D zum Schutz der Knochen. Sonnenbrille nur beim Abends gegen Westen mit dem Auto fahren, beim Wandern im Schnee oder auf einem Schiff auf dem Wasser. Und das auch nur, wenn es stundenlang dauert. Eigentlich finde ich alle Farben ohne Sonnenbrille viel, viel schöner! Viel echter und näher. 


Früher habe ich auf diese Dinge nicht so geachtet. Erstens, wenn man Kinder hat, dann kann man auf diese Dinge nicht achten. Zweitens hat man immer sooo viel vor, da ist man ganz anders "drauf" und muss so viel schaffen, da kann man nicht auch noch Rücksicht auf seinen Körper nehmen. Der hat zu funktionieren und Schluss! Das tut er ja dann meistens auch so bis zum etwa 50. Lebensjahr. 

Man denkt natürlich immer, das bleibt so, wie man es aus jüngeren Jahren gewöhnt ist. Auch Mitte 40 merkt man schon etwas, aber das lässt sich in der Regel gut überspielen. Schlafentzug beispielsweise.

Erst, seit der Körper Grenzen setzt, überlege ich, wie ich mit der Kraft, die mir (noch) zur Verfügung steht, haushalte.

Habe einmal gelesen, es war ein chinesisches Buch, dass man, wenn man sein Chi, seine Energie, sinnvoll einsetzt, dass man dann fünfmal weiter kommen könnte, als wenn man schlecht damit umgeht. Das tröstet etwas.

Wenn ich sehr über meine Grenzen gehe, sozusagen energetisch im Dispo stehe, dann habe ich oft Nierenschmerzen. Das ist ganz seltsam, weil es immer heißt, die Nieren würde man nicht spüren. Ich spüre sie. Sie warnen mich. Und das ist gut so.

Heute war ich teuflisch gut ausgeruht. Habe gestern "Nein" zum Tatort gesagt. Das will was heißen, wenn man seit Schwarzweißfernseherzeiten Tatort schaute. Habe "Nein" zum Alkohol gesagt. Habe "Nein" zum elektrischen Licht gesagt. Bin mit Katzi vor 21 Uhr ins Bett, habe noch ein wenig, gaaanzganz wenig Twitter verfolgt und mich dann auf die Seite gelegt.

Wann ist man ausgeschlafen? "Wenn man keinen Wecker braucht", sagte einmal ein Schlafforscher. Ich brauchte keinen, war eine Viertelstunde vorher wach.

Also ehrlich - irgendwelche iPhone-Apps, wo der Wecker in der REM-Phase oder grade nicht in dieser klingelt, ich glaub, das braucht man alles nicht wirklich. ; )   

Da machte es mir auch rein gar nichts aus, als plötzlich in der ersten Stunde ein Geschrei und

Geheul losbrach: Alis Saftflasche war im Rucksack, auf Tisch und Fußboden ausgelaufen und das 
Malheur hatte ein Maß erreicht, wo nur noch ein Profi helfen konnte, damit es nicht den ganzen Tag klebrig unter den Händen und Füßen knirscht....Der Profi war natürlich ich. Aber wenn man sich nicht aufregt, ist das auch schnell gemacht

So war unser kleines Matheding nur für fünf Minuten Pause  unterbrochen. Alle konnten essen, außer ich. Man kann auch mal auf ein Pausenbrot verzichten. Ali hat vier Wochen lang den ganzen Tag gefastet, und wenn Dilgo nichts zum Essen findet, muss er auch mal ein bisschen warten. Kein Problem.
Relativ gutwillig schrieben die Kinder die ganzen Regeln über das Bruchrechnen in ihr Heft, so weit wie wir jetzt gekommen waren.

"Je größer die Zahl im Nenner, desto kleiner der Wert des Bruches." Wie nennt man solch eine Relation? Der eine Wert wird kleiner, wenn der andere größer wird - gegenläufig?
Aber es ist klar, warum: Wenn ich die Pizza auf acht Leute verteile oder den Lottogewinn auf hundert, kommt für den Einzelnen weniger heraus, als wenn es nur zwei wären.

Dann waren wir beim Kürzen. Fereba meint: "Das verstehe ich nie!" 

Wo sind die Förderstunden, die das auffangen könnten?? Habe mir heute etwas überlegt: Wenn eine andere Lehrersperson jetzt mit Fereba wohin geht und übt, dann braucht sie lange, um zu wissen, wo für sie das Problem steckt. Wenn also die nächste Mathestunde ist und da sollte jemand zum Fördern  langskommen, dann: Wird diese Person das Rechnen der Klasse beaufsichtigen und Fereba und ich werden uns eine Übungszeit gönnen! Wir wissen gleich, wo wir ansetzen müssen....Wie macht man aus wenig mehr oder aus nichts etwas? Vielleicht so?
Da ist das Problem. Fereba ist so ein typisches Mathemädchen. Sie hat die Flinte schon ins Korn geworfen, bevor überhaupt geschossen wurde. Damit ist es dann aber auch schon zu ihren Ungunsten entschieden....

Dann hatte ich zwei unterrichtsfreie Stunden und konnte den Erdkunde-Test vorbereiten, der heute geschrieben werden sollte. Es gelang nicht so gut wie ich es mir erhofft hatte, also optisch.

Einige Kinder hatten zu Hause gut geübt. Das hatte man vorher sehen können. Sie hatten sich immer wieder alles angesehen. Tobi ist immer sehr gut vorbereitet. Auf die Frage:"Wie übst Du so?", sagt er: "Ich stelle mir den Atlas mit der Karte so weit von den Augen weg, dass ich die Wörter nicht mehr lesen kann, dann lese ich mir vom Zettel die Namen aller Gebirge und Flüsse einzeln vor, zeige drauf und gucke dann, ob es stimmt!" Klasse!

Nachher muss ich das nachsehen. Bin zu sehr gespannt. Dann können wir morgen einmal die Kinder mit den guten Ergebnissen erzählen lassen, wie sie geübt haben.

Tobi ist immer sehr genau. Es fällt ihm schwer, sich aktuell in den Unterricht einzuschalten. Schriftlich bereitet er sich aber ungeheuer gut vor.

In der Regel hat man eher die Durchwurschtler. Sie probieren es einfach mal, vielleicht wird es ja nicht so schlimm. Aber vorher üben???? Neee! Kein Gedanke daran! Ich glaube, wir haben schon oft erklärt, WIE man es üben kann. Daran liegt es nicht. Die Schwierigkeit liegt wohl eher darin, DASS man vorher übt, wo man doch .... und .... und .... machen könnte, was sehr viel mehr Spaß macht.

Zum Schluss übten wir noch ein wenig Rechtschreiben, denn "die Luft" war eigentlich raus für den Tag. Die Kinder hatten ja durchgearbeitet mit Englisch zwischendurch.

Bastian und Ali hatten sich gefetzt. Bastian sagte:"Er hat mich provoziert." Ali: "Er hat sich gleich so aufgeregt, obwohl ich doch gar nichts..." (Ich glaube ihm eher nicht...) Sie saßen einträchtig nebeneinander, als sie das erzählten. Ihr Streit lag für sie lange zurück. Sie hielten es wieder nebeneinander aus. Aber Ali hatte wieder einmal...."Du hast immer dasselbe an. Du bist arm!" gesagt....Darüber musste noch gesprochen werden. Wir sind alle "arm". Niemand ist reich. Mancher gibt sich eben mit vier Hosen und ein paar Sweatshirts zufrieden, für einen anderen ist schicke Kleidung wichtig. Wir sind alle nicht reich und alle haben wir genug zum Leben. Das ist doch schön. Der eine gibt sein Geld hierfür aus, der andere dafür. Dieser Spruch wird ab jetzt nie gesagt werden - hallo, Ali? "Ja, klar." Mal sehen.
Und jetzt auf zum Korrigieren, ich MUSS wissen, wer geübt hat.....

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Also, so einen Test gab es ja noch gar nicht. Es sind ganz starke gute Arbeiten dabei und eine 5 und sechs Mal eine 6! Alle, die geübt haben, haben gute oder akzeptable Ergebnisse. Die "Wasserscheide" war wohl der geleistete oder mangelnde Einsatz.

O.K., ich gebe zu, es war schwer. Aber es war zu schaffen, wenn man sich Mühe gab. Wenn man sich Mühe gab, konnte man doch die Hälfte schaffen und eine "4" bekommen, nein?

Zum Beispiel Tobi: 


 

Er hat, wie gesagt, intensiv geübt. Die Dinge fallen ihm überhaupt nicht in den Schoß. Er muss sie sich hart erarbeiten. Doch er hat den Willen dazu. Hier hat er die zweitbeste Arbeit der Gruppe geschrieben- als Lohn für eine sehr große Bemühung und die Leistungsbereitschaft, die er zeigte.
Deshalb glaube ich insgesamt nicht, dass die Arbeit ZU schwer war. Schwer ja, aber zu schaffen. Das Arbeiten an den Modellen plus die persönliche Bemühung mit dem Auswendiglernen haben gute Ergebnisse erbracht.
Anderes Beispiel: Mario: Er hatte einen Übungszettel mit den Namen der Flüsse und Gebirge dabei, geschrieben von seiner Mutter. Vielleicht war das schon der Fehler? Er ist in der 6. Klasse. Aber er hatte sich nicht klar gemacht, WO diese Gebirge liegen.
Während zweier Stunden Tage zuvor bei der Gruppenarbeit saß er teilnahmslos da und knetete rote Knete, die wir gar nicht brauchten. Alle meine Bemühungen, ihn in die Gruppenarbeit hineinzubekommen, prallten ab "Ich kann das doch nicht" - "Setz Dich näher heran, schau zu und lass Dir von den beiden eine Aufgabe geben!" "Zeigt Ihr ihm ein Gebirge, dass er das Namensschild schreiben und dranstecken kann?" "Ja, hier schau mal...." Es passierte nichts. Er wollte nicht mit den beiden arbeiten. Er wollte, dass ihm die Lehrerin das noch einmal extra erklärt. Dabei kann man es mit etwas Aufmerksamkeit selbst verstehen. Die beiden anderen haben je eine "4" geschrieben, er eine "6" mit Tendenz zur "5", weil er ein kluger Junge ist. Doch es fehlt die Bemühung.
Nach der Pause schäkerte er mit Mädchen aus der Nachbarklasse, stellte ihnen Beine im Gang. Kurz darauf, kurz vor der Arbeit: "Kann ich ein anderes Mal schreiben, mir ist so schlecht..." "Wem wirklich schlecht ist, der stellt keinem mehr Beine," war die Antwort."Du schreibst heute."
Die Mutter wird mich schlachten. Bzw. auf Annullierung der Arbeit drängen, weil sie zu schwer ist.
Peter, Messi, Fereba undRonaldo haben es probiert, es ist nicht berühmt, das Ergebnis, aber man kann damit leben. Eine Bemühung ist zu sehen.
Bei Lucy ging es daneben, aber es sind genug Ansätze da, eine Förderzeit und sie kann es. Hans (alles richtig!), Kasia, Rimas (obwohl erst ein Jahr in Deutschland!!), Selena, Bastian, Tobi und Cherrii haben sehr gute bis ordentliche Arbeiten geschrieben.

Bei Marie ging es total daneben. Sie kommt mit der Aufgabenstellung nicht klar. Luigi hätte ich mehr zugetraut. Emmely - Totalausfall, ebenso Ali, Mesut und Pablo. Aber hier ist klar, warum: Kein Engagement, kein Ernstnehmen, eben Durchwurschteln.
Sie könnten das noch einmal bearbeiten, aber mit dem Atlas. Die beste Note würde dann eine "3" werden.
Dann könnten sie sich verbessern. Werde sie morgen fragen.
Doch Peter, Tobi, Cherrii, Selena, Rimas und Kasia können sehr stolz auf ihre Leistung sein. Sie haben wirklich etwas gelernt und aktiv dafür etwas getan.

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Man sagt oft, die Lehrer gäben zu wenig Empfehlungen fürs Gymnasium, besonders bei Migrantenkindern. Doch darf man nicht nur auf die potenzielle Leistungsfähigkeit schauen. Man muss auch das Potenzial sehen, das jemand einbringt, um eine Situation zu seinen Gunsten zu entscheiden, die Leistungsbereitschaft, den "Biss", eben, wie hartnäckig jemand am Erfolg arbeitet, wie er Verantwortung für seinen Lernweg übernimmt. Erfolg ist zu 90 %  Bemühung. Wer diese nicht zeigt, darf sich nicht wundern, wenn seine Leistungen schlecht oder Mittelmaß bleiben. Wir Lehrer wollen, dass die Kinder, die wir fürs Gymnasium empfehlen, dort erfolgreich sind, bei den Arbeitsweisen, die dort (noch) üblich sind. Das ist das Kriterium.
Das war jetzt sehr ausführlich. Niemand will das sicher lesen. Aber mir hilft es weiter, das Richtige oder weniger Falsches zu tun....
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Auch Cherry hat heute noch etwas aufgeschrieben:

Cherrys Traumtagebuch 24.9.12 

Freitag, 21. September 2012

Wenn wir jetzt noch gesungen hätten....

....wäre es perfekt gewesen.
Ein Freitag. Siebte Schulwoche. Noch eine Schulwoche, dann sind zwei Wochen Ferien. 

Wollte heute früh nicht aus dem Bett, immer noch: Eine Minute, eine Minute... Um 7 Uhr 40 saß ich dann auf dem Fahrrad und kam rechtzeitig an, um die Klasse aufzuschließen. Hi Vanessa! Schön, Dich zu sehen! Vanessa, die Studentin im Praktikum, hilft hier und da und unterstützt die einzelnen Aktivitäten der Kinder.

Zuerst der zweite gemeinsame Anlauf mit dem Erweitern der Brüche, nochmal alles ganz auf Anfang gestellt und gemeinsam sich durchgedacht. Wer hat es verstanden? Außer vier Kindern melden sich alle. Sind wir also einen Schritt vorangekommen...
Dann beschäftigen sich alle mit ihren verschiedenen Arbeiten.

Wo ist denn die Ems?

 
 Auch so lassen sich die Flüsse und Mittelgebirge üben.

 
Oder so: Alle Schildchen runternehmen und versuchen, sie richtig wieder draufzusetzen.


 Zum Schluss stimmt es dann wieder.

Ronaldo und Bastian üben drüben ihr Referat über den Bernstein und halten es dann auch. Sie machen das sehr gut. Besonders der zarte Ronaldo zeigt viel Wissen und Selbstbewusstsein beim Vortrag ohne Notizen. Von Bastian weiß man, dass er gut vortragen kann. Es ist ein schönes, kleines gemeinsam erstelltes und partnerschaftlich vorgetragenes Referat. Von den Mitschülern gibt es Kritik und Notenvorschläge, die beiden Referenten  erhalten eine 1 - dafür und sind mit Recht stolz auf ihre Leistung.

Zu den Tagesarbeiten gehört auch das Rechtschreiben. Bastian, Messi und Hans gehen ihr gestriges Prüfungsdiktat mit dem Wörterbuch durch und geben die Texte dann ab.

Andere diktieren sich etwas oder üben im Heft. Ali zeigt sich heute besonders übungsbereit, fragt nach, lässt sich Aufgaben erklären und ist dann für die nächsten zwanzig Minuten abgetaucht, bevor er die fertige Übung in lesbarer Schrift und richtig präsentiert. Ha, wenn er will! Dann kann er etwas leisten. Wir ziehen ihn immer damit auf, dass sein Stundenplan an allen Tagen in allen Stunden das Fach "Spaß" verzeichnet. Er nimmt es nicht übel.

Mario hat große Schwierigkeiten, sich mit Erdkunde zu beschäftigen. Gestern hat er nur Knete in der Hand herumgedrückt, heute sieht er etwas seine Felle davonschwimmen. Er wendet sich mehrfach zur Lehrerin und möchte das alles so präsentiert haben, dass er es üben kann, wie er meint, also irgendwie vorgekaut. Ich fordere ihn auf zu beobachten, wie die anderen Kinder das lösen und selbst aktiv zu werden. Das gelingt ihm nicht. Er hat es aber auch gar nicht probiert. Wie man das macht, hatte ich ihm gestern schon genau auseinandergesetzt. 
Genauso war es damals bei der Erarbeitung der Orientierung mit der Karte. Er saß teilnahmslos dabei und kam gar nicht auf die Idee, sich mit den Aufgaben selbst zu beschäftigen. Heute sah das ganz ähnlich aus. Er zeigt sich sehr unselbständig, sucht nicht nach Wegen, sondern erwartet, dass man ihm Wege zeigt und mit ihm genau durchgeht. Nun ist es aber auch nicht zu viel verlangt, wenn man erwartet, dass er mit dem Atlas und den anderen Kindern seiner Gruppe einiges, das fehlt, auf seinem Relief komplettiert. Fereba macht das ganz alleine, denn Peter fehlt heute.
Irgend ein Link fehlt Mario, er kann nicht zugreifen. Er übernimmt für sein Lernen noch keine Verantwortung, sucht noch keine Wege, ist nicht wirklich aktiv und kommuniziert nicht mit den anderen.
Entnervt holt er sich endlich sein Rechtschreibheft und übt darin ein wenig. Schade. Er zeigt sich als ein starker "Underachiever", denn eigentlich ist er ein kluger Junge. Doch heute ließ ich ihn schmoren, denn er machte einen auf kleiner hilfloser Junge und das passt nicht so recht zu ihm insgesamt.

Mesut und Ali üben drüben  ihr Referat über die Jugendherbergen, das sie am Montag vortragen wollen. Tobi und Bastian fungieren als Zuhörer und Kritiker. 

Wir verbringen die letzte gute halbe Stunde mit dem Lesen in unserem Steinzeit-Buch. Dilgo späht durch die Zweige und sieht eine Siedlung mit riesigen Häusern. Er kann sich nicht erklären, wie man so hohe Häuser bauen kann, in denen fünf seiner Hütten in der Länge und drei in der Breite Platz hätten und die so hoch wie ein ausgewachsener Kirschbaum sind.. Wie kommen die schweren Balken in diese Höhe? Dann sind sie auch noch gespalten und bearbeitet. Wer schafft so etwas? Mit seinen Pfeilklingen wäre das nicht zu schaffen. Dann sieht er das Rutengeflecht zwischen den Balken und diese komische braune Erde, die sie da raufschmieren. Das sind die Wände...Es ist klar, dass eine solche Lektüre ein unglaubliches Reservoir für Wortschatzarbeit ist, wenn man sich die Zeit dazu nimmt. Wir nehmen uns die Zeit dafür. Es ist sehr, sehr ergiebig.

Dann räumen wir auf, legen alles Wichtige in die Wochenmappe. Diese kommt in den Schulrucksack, damit die Eltern Einblick nehmen können und es mit ihrer Unterschrift bestätigen. So wissen sie immer, was ihr Kind in der Schule so macht.

Marie. Gestern war es ihr unangenehm. Sie konnte nicht mit den anderen rechnen. Sie möchte es aber, denn sie will Tierpflegerin werden. Am liebsten im Zoo. Doch dort will man gute Zeugnisse sehen. Marie hat vor kurzem lesen gelernt. Heute diktierte sie einem Mitschüler einen Text, das war eine Leseübung für sie. Im Rechnen steht sie in einigen Bereichen auf dem Stand der zweiten Klasse, bei der Bruchrechnung hat sie die anschaulichen Teile wunderbar bewältigt. Sie will jetzt mehr, aber sie kennt das Teilen noch nicht.
"Wollen wir uns die Zeit dafür nehmen, auch wenn die anderen schon spielen?" Sie antwortet auf meine Frage mit Ja. Wir beide sitzen zusammen und erklären uns das Teilen.

 
  
Ganz viele Aufgaben gehen wir durch und schreiben sie  ins Heft, z.B. haben wir hier 24 Bonbons und wollen sie auf drei Kinder aufteilen. Marie legt und rechnet und macht das sehr gut.




Es zeigt sich, dass sie alle Einmaleinsreihen wieder vergessen hat, die sie schon einmal konnte. Sie bekommt eine Art Quiz zum Üben, denn das muss jetzt bald "sitzen".


 


"Marie, ich helfe Dir beim Rechnen und Du hilfst mir beim Aquariumreinigen, wollen wir das so machen?" Sie wählt sich noch Lucy dazu.
Wir lösen noch Aufgaben zum Erweitern von Brüchen auf anschauliche Art. Dann reicht es.


Das hier entdecken wir dann: Eine Wasserpflanze "schickt" Blüten nach oben ins Trockene, um sie von Bienen und Schmetterlingen befruchten zu lassen....Interessant! Sie vermehren sich mit Ablegern unter Wasser und bilden auch Blütenableger, die nach der Befruchtung sicher wieder ins Wasser zurücksinken und neue Pflanzen bilden. Ohhhh, sind die Guppies viele geworden!!! 

Lucy hat schon einmal bei der Zoohandlung am Herrmannplatz gefragt, ob wir welche bringen könnten. Wir dürfen. Aber heute wollen wir nur reinigen. Marie kann wunderbar selbstständig mit dem Absaugeschlauch umgehen, sie kann sogar die Filterpumpe eigenhändig ausbauen, reinigen und wieder einbauen. Und immer zuerst den Strom ausstellen, bevor man ins Wasser fasst!

Wir drei reinigen das Aquarium zusammen, dann ist es 13 Uhr, über eine Stunde haben wir mit Rechnen und dem Aquarium verbracht. Schön war es, entspannend und lehrreich.
Dann gehen wir alle drei in unsere Freizeit!